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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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typischer Farmer. Er ist ein mieses Schwein.« Er lächelte, als ob er gerade das höchste Lob ausgesprochen hätte.
    »Und deine Mutter?«
    »Sie ist vor zwei Jahren gestorben. An Krebs.«
    »Das tut mir leid.«
    »Na ja, so ist das Leben, wie es so schön heißt.«
    »Aber du vermisst sie doch bestimmt.«
    »Inzwischen nicht mehr so sehr... Willst du wissen, was ich am meisten vermisse?«, fuhr er unaufgefordert fort. »Ich vermisse, wie sie gesungen hat, wenn sie für uns alle Abendessen gekocht hat.« Er lachte.
    »Konnte sie gut singen?«
    »Sie konnte alles gut, was sie gemacht hat.«
    »Dann musst du dein Talent von ihr haben.«
    »Kann sein.« Jetzt war er es, der unvermittelt aufstand. »Na, dann sollten wir wohl mal zu den anderen gehen.«
    »Wir könnten auch noch eine Weile hier sitzen bleiben«, bot Megan an, die noch gar nicht wegwollte.
    »Nein, lass uns los. Du hast Recht. Hier ist weder die Zeit noch der Ort.«
    Megan stand auf und hoffte, dass er ihre Hand nahm. Aber er war schon losgegangen und sah sich nicht mehr nach ihr um oder verlangsamte seine Schritte, damit sie ihn einholen konnte.

16
    W ohin war seine Schwester verschwunden, fragte Tim sich und suchte die Menge ab. Er sah auf die Uhr, drückte auf den Knopf, der das Zifferblatt erleuchtete, und stellte fest, dass es schon fast elf war. Wo war sie die ganze Zeit geblieben?
    In der Dunkelheit konnte er nur schattenhafte Umrisse erkennen. Trotz der hohen und hellen Laternen, die den Park säumten wie ein Heiligenschein, sowie kunstvolleren Gaslaternen entlang der Hauptwege, war es schwer die Gesichter der noch Anwesenden zu erkennen. Eine Reihe von Jugendlichen war nach zwei Stunden gut gemeinten, aber schlecht vorgetragenen Liedern und netten, aber langweiligen Gedenkreden rastlos geworden und vor etwa einer halben Stunde aufgebrochen, und die Verbliebenen hatten sich in kleinere Gruppen zerstreut, was es noch schwieriger machte, Megan auf den Fersen zu bleiben.
    Eigentlich wollte er das auch gar nicht, aber er hatte ja keine andere Wahl. Irgendjemand aus seiner Familie musste schließlich Verantwortungsbewusstsein zeigen. Und war er jetzt nicht der Mann im Haus? Oblag es nicht ihm, dafür zu sorgen, dass alles in Ordnung war und das Leben seinen normalen Lauf nahm? Aber was war schon normal? Wusste das noch irgendjemand?
    Er auf jeden Fall nicht.
    Junge Mädchen wurden ermordet, und ihre Mörder zogen weiter; Väter ließen ihre Familien im Stich und zogen ebenfalls weiter – ließen sich sogar mit dem feuchten Traum jedes heranwachsenden
Jungen ein. Nur dass sein Vater schon lange kein Teenager mehr war, dachte Tim traurig, kickte mit der Spitze seines schwarzen Lederschuhs ein Steinchen aus dem Weg und sah zu, wie es über das dürre Gras hüpfte. Sollte ein Mann seines Alters es nicht besser wissen? Und nun war seine Mutter nach Fort Lauderdale gefahren, mit ihrer besten Freundin, die gleichzeitig zufällig auch die Krankenschwester der Schule war, obwohl sie ganz und gar nicht wie eine Krankenschwester ausgesehen hatte, als sie ihre Mutter am frühen Abend abgeholt hatte. Wie lange würde es dauern, bis er das Bild ihrer plumpen, welken Brüste, die aus dem Ausschnitt eines zu kurzen Kleides quollen, wieder aus seiner Erinnerung getilgt hatte? Mein Gott, was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Was sahen Menschen, wenn sie in den Spiegel blickten? Oder guckten sie gar nicht hin?
    »Pass auf deine Schwester auf«, hatte seine Mutter ihn auf dem Weg zur Tür ermahnt, und Megan hatte sie garantiert das Gleiche gesagt. »Pass auf deinen Bruder auf«, konnte er sie flüstern hören und fragte sich, was sie im Augenblick machte, ob sie sich amüsierte und sich, wenn sie tatsächlich eine Verabredung hatte, angemessen verhielt.
    Im Gegensatz zu seinem Vater.
    Im Gegensatz zu seiner Schwester.
    Was hatte Megan sich heute Abend überhaupt gedacht? Und dann ausgerechnet mit Greg Watt. Es war schon schlimm genug, dass sie sich von diesem zu groß geratenen Spargel hochheben und über die Schulter hatte werfen lassen wie einen Sack Kartoffeln, aber dann in aller Öffentlichkeit mit ihm rumzumachen bei einer Gedenkfeier für eine ermordete Freundin! Hatte sie wirklich geglaubt, dass keiner sie sehen konnte? Nur weil sie und Greg zum anderen Ende des Parks gegangen waren, waren sie schließlich nicht unsichtbar geworden. Und selbst wenn sie auf die andere Seite des Monds gegangen wären, hätte noch irgendjemand sie gesehen. Hatte sie allen Anund

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