Nur der Tod sühnt deine Schuld
zugebracht, seinen inneren Frieden zu finden, sich selbst ein klein wenig zu vergeben.
An dem Tag, als Sarah ihn verließ, als sie ihn voller Wut und Hass anschrie und mit Vorwürfen überschüttete, hatte er beschlossen, sein Herz nie wieder an irgendjemanden zu verlieren.
Greys Finger krallten sich um das gepolsterte Lenkrad, als er an seine Ex-Frau dachte. Auch wenn sein Verstand ihm damals gesagt hatte, dass es der Schmerz war, der Sarah von Grund auf verändert, den rationalen, fürsorglichen Menschen in eine schreiende Furie verwandelt hatte, hatte er ihr nicht verzeihen können, dass sie sich weigerte, auch seine Qual anzuerkennen.
Damals hatte er plötzlich all die Defizite in ihrer Ehe gesehen und erkannt, dass sie sich schon viel zu lange etwas vormachten.
Er versuchte nicht, Sarah aufzuhalten, als sie ihn verließ. Er wusste, dass es ihnen beiden ohne den anderen bessergehen würde.
Danach hatte er erwartet, für den Rest seiner Tage und Nächte allein zu bleiben, und während des zurückliegenden Jahres war er tatsächlich allein gewesen mit seinen Gedanken, seiner Reue und schließlich der stillen Erkenntnis, dass man nicht glücklich sein musste, um atmen zu können.
Und dann war sie auf dem Polizeirevier erschienen, mit ihrem strahlend blonden Haar und ihrer ungezähmten Energie, und er hatte einen Funkenschlag gespürt, eine plötzliche Erregung, den Anflug eines Verlangens, ein Gefühl, das er kaum noch kannte.
Grey wusste, dass Haley sich an einem schwierigen Punkt in ihrem Leben befand. Sie schwankte unter der Last der neuen Verantwortung und der neuen Erwartungen.
Dies war für sie die ungünstigste Zeit, sich mit jemand Neuem einzulassen.
Was zum Teufel machte er also? »Verdammt noch mal, ich weiß es nicht«, flüsterte er.
»Irgendwas stimmt da nicht. Ich weiß genau, dass da was nicht stimmt«, sagte Kate Morgan zu Owen Tolliver. Sie hatte ihn gerade noch auf dem Polizeirevier erwischt, bevor er zu seinem Treffen mit Haley und Molly aufbrechen wollte.
Tolliver hätte Kate Morgan am liebsten weggeschickt, aber dummerweise war sie nicht nur eine hübsche Brünette, die Zweitklässler unterrichtete, sondern auch die Nichte des Bürgermeisters.
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte?«
»Sondra Jackson und ich treffen uns jeden Samstag zum Mittagessen. Immer zur selben Zeit am selben Ort, um eins im Micki’s. Letzten Samstag ist sie nicht erschienen, und sie hat auch nicht angerufen, um abzusagen.«
»Vielleicht hatte sie etwas anderes vor und hat nur vergessen, Sie anzurufen.«
Kate schüttelte energisch den Kopf, wobei ihre schulterlangen braunen Haare hin und her flogen. »Ausgeschlossen. Sondra würde nicht einfach vergessen anzurufen. Außerdem mache ich mir nicht nur wegen Samstag Sorgen. Ich habe auch gestern nichts von ihr gehört, und heute Morgen ist sie nicht in die Schule gekommen. Sie würde niemals einfach wegbleiben, ohne vorher Bescheid zu sagen, damit eine Vertretung einspringen kann. Seit Freitagabend hat niemand mehr etwas von ihr gehört.«
Kate holte einen einzelnen Schlüssel an einem Kettchen mit einem flauschigen roten Ball daran aus ihrer Handtasche. »Das hier ist Sondras Haustürschlüssel. Wir haben Schlüssel getauscht, weil wir beide allein leben. Bitte fahren Sie hin und sehen Sie nach ihr. Ich hätte es ja längst selbst gemacht, aber ich habe Angst. Glauben Sie mir, irgendwas stimmt da nicht.«
Widerstrebend nahm Tolliver den Schlüssel entgegen. »Wo wohnt sie?« Als er die Adresse aufschrieb, überlegte er, was er tun sollte. Er konnte entweder zu Haley fahren und versuchen, eine schriftliche Aussage von einer traumatisierten Achtjährigen zu bekommen, womit er sich womöglich einen Anpfiff von seinem Chef einhandelte, oder er konnte den Termin mit Haley verschieben und nachsehen, ob bei Sondra Jackson alles in Ordnung war.
Im Grunde hatte er keine Wahl. »Rufen Sie mich an?«, fragte Kate und erhob sich. »Bitte.«
»Sobald ich etwas weiß«, antwortete er. Als sie den Raum verließ, griff er nach dem Telefonhörer und wählte Haleys Nummer, um den Termin zu verschieben. Dann ging er in den Pausenraum, um Frank Marcelli zu suchen.
»Komm schon, Julie, wann gehst du mit mir tanzen?«, fragte Frank gerade die Polizeibeamtin, die ihm gegenüber an einem alten, zerkratzten Tisch saß.
»Da kannst du lange warten!«, erwiderte Julie gut gelaunt. Frank war berühmt für seine Flirtversuche, aber seine
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