Nur die Küsse zählen
Bruder mit nach Las Vegas gebracht. Ist das nicht süß?“
Sofort brachte Aurelia etwas Abstand zwischen sich und Stephen. Sie wusste nicht, ob er die Bemerkung gehört hatte oder sie bewusst ignorierte. Der Kameramann verfolgte das Pärchen jedoch mit seiner Linse, deshalb wusste Aurelia, dass diese Begegnung gesendet werden würde.
Sie ging einfach los, ohne zu wissen, wohin genau. Ihre Wangen brannten, und die gefühlte Demütigung raubte ihr die ganze Freude an dem Tag. Sie dachte darüber nach, dem Pärchen hinterherzulaufen und ihnen zu erklären, was los war, aber was hätte das für einen Zweck?
Stephen hielt mit ihr Schritt. „Alles okay mit dir?“, fragte er.
Seine offensichtliche Verwirrung verriet ihr, dass er die Worte der Frau nicht gehört hatte – oder besser gesagt, noch nicht. Aurelia rief sich in Erinnerung, dass sie einfach Freunde waren. Dadurch fühlte sie sich leider auch nicht besser.
Sie blieb mitten im Kasino stehen und schaute ihn an. Er ist so nett, dachte sie. Ein netter Typ. Aber auf keinen Fall würden sie …
„Entschuldigung, was tun Sie da?“
Aurelia und Stephen drehten sich zu einem muskulösen Mann in dunklem Anzug um, der sie angesprochen hatte. Sein Namensschild wies ihn als Mitglied des Sicherheitsteams aus, und seine Miene verriet ihnen, dass er seine Aufgabe sehr ernst nahm.
Er deutete auf den Kameramann. „Sie dürfen hier nicht filmen.“
„Wir drehen eine Realityshow“, erklärte Stephen. „Hat die Produktionsfirma das nicht vorher mit Ihnen geklärt?“
„Nein.“ Der Securitymann ging auf die Kamera zu. „Schalten Sie die Kamera sofort aus, sonst mache ich das für Sie.“
„Ich hole Geoff“, sagte der Kameramann schnell und rannte förmlich davon.
„Kommt er zurück, oder muss ich ihm hinterherlaufen?“
Aurelia war sich nicht sicher, ob der Mann mit ihnen redete. Offensichtlich war es auch egal. Er zog ein Funkgerät aus der Jackentasche und sprach hinein. Sie hatte das Gefühl, dass die Szene nicht sonderlich gut enden würde.
„Komm, wir gehen.“ Sie nahm Stephens Hand.
Stephen warf noch einen Blick in das genervte Gesicht des Wachmannes und nickte. „Ich denke, keiner von uns hat Lust, die Nacht im Gefängnis zu verbringen.“
Sie drehten sich um.
Sie überlegte eine Sekunde, ob es ihnen wohl erlaubt wäre, einfach zu gehen. Aber niemand folgte ihnen. Ungehindert erreichten sie die Rolltreppe nach oben. Aurelia atmete tief durch.
„Alles in Ordnung? Ich dachte, du wirst mir gleich ohnmächtig“, meinte Stephen.
„Ich hatte fürchterliche Angst“, gab sie zu. „Ich kann nicht fassen, dass Geoff uns hierhergebracht hat, ohne entsprechende Vereinbarungen mit dem Hotel zu treffen. Mich überrascht auch nicht, dass sie uns hier nicht filmen lassen wollen. Sie wissen ja nicht, was wir damit vorhaben. Es könnte ein Trick sein, ein Versuch, das Kasino auszurauben, oder sonst was.“
Sie wollte noch mehr sagen, konnte aber mit einem Mal nicht mehr sprechen. Stephen stand auf der Stufe hinter ihr. Ohne Vorwarnung legte er eine Hand an ihre Hüfte und beugte sich vor.
Aurelia versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Überrascht aufzuschreien wäre kaum angemessen. Außerdem hatte sie seine Hand genommen, um ihn von dem Wachmann wegzuziehen – obwohl das etwas anderes gewesen war. Sie wusste nicht, warum, aber es war so.
Sie erreichten das Ende der Rolltreppe. Aurelia hätte gerne weiter analysiert, was das alles zu bedeuten hatte, doch sie konnte nicht. Nicht solange sie das Gefühl hatte, eine andere Welt betreten zu haben.
Die Decke über ihnen war wie ein Himmel bemalt, mit weißen Wolken, die vorbeizuschweben schienen. Sie waren zwar noch im Hotel, aber es fühlte sich beinah an, als wären sie draußen. Es gab Läden, Restaurants und …
„Sieh nur“, sie zeigte atemlos auf die schmalen Boote, die auf einem künstlichen Kanal dahinglitten. „Gondeln.“
„Wollen wir mitfahren?“, fragte er und drängte sie dabei schon in die Richtung. „Komm, das wird lustig!“
Die Warteschlange war nicht sonderlich lang, sodass Aurelia schon nach wenigen Minuten vorsichtig eine der Gondeln betrat. Die wankte auf dem Wasser, aber Aurelia schaffte es, sich zu setzen, ohne hinzufallen. Stephen nahm neben ihr Platz.
Die Gondel war nicht sehr breit, sodass Stephen ihr jetzt sehr nah war. Nah genug, um den weichen Stoff seines langärmligen Hemds an ihrer Hand zu fühlen und den Druck seines Oberschenkels an ihrem.
„Hast du so
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