Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
konnte man zu einem Ganzen montieren. Das einzig nicht getürkte Bild war vermutlich Piet Drachmann, denn der hatte sicherlich auf eine Reise nach Kenia nicht verzichtet, um sich vor der Landschaft ablichten zu lassen. Vielleicht hat er sich sogar mit einem Bauarbeiter fotografieren lassen, mit weiß Gott welcher Ausrede. Die Mail aus Kenia würde hoffentlich Klarheit schaffen.
„Glaubst du, dass dein Bruder eine Quelle kennt, die Auskunft geben kann, in welcher finanziellen Situation Piet Drachmann sich befindet, ich meine sich befand“, fragte Irina Honig mit bittenden Augen ihre Freundin.
„Nun, es gibt die ganz normalen Bonitätsauskünfte“, wusste Juliette, „ich werde meinen Bruder fragen, ob die auch für Banken in Monaco gelten, ich glaube aber nicht bei den Banken, die generell keine Auskunft geben.“
„Wann kannst du ihn anrufen?“
„Ich brauche ihn gar nicht anzurufen, ich sehe ihn heute Abend. Seine Frau, die gute Claire, hat mich zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen, da wird er ja wohl anwesend sein?“
„Na hoffentlich“, sagte Irina mit Skepsis im Blick.
Wenn Juliette an Claire dachte wurde sie traurig. Claire war blutjung und bildschön gewesen als sie Frédéric geheiratet hatte. Sie gebar ihm vier Kinder und danach war der Zauber verflogen. Ihr Glück währte die oft zitieren ein, zwei, maximal drei Jahre. Doch Frédéric hatte sich nie scheiden lassen, er zählte zu den Kreisen, die sich nicht scheiden lassen. Ein Familienoberhaupt lebt mit seiner Frau und seinen Kindern unter einem Dach, egal, ob er an deren Leben teil nimmt oder nicht.
Claire vergaß mit der Zeit, dass sie ihren Mann einmal geliebt hatte und begegnete dem Vater ihrer Kinder nicht mit gespielter, sondern absoluter Gleichgültigkeit. Frédéric betrachtete so manches Mal seine Frau nachdenklich, kam aber zu keinem Schluss, denn er hatte gleich wieder einen Termin.
„Je mehr Geld die Menschen hatten, desto besser konnten sie sich aus dem Weg gehen“, war Irinas Meinung zu dem Thema. Die früheren Könige oder Kaiser waren die besten Vorbilder gewesen.
Juliette schüttelte in Gedanken ihren Kopf, so hätte sie nicht leben können, als Mann vielleicht, aber nicht als Frau.
67.
Irina Honig hatte sich für den nächsten Tag vorgenommen, die Reinemachfrau von Piet Drachmann zu befragen. Es war eine tüchtige Frau, sie hatte wenig Zeit zu verschenke, dennoch hatte sie für den nächsten Morgen zugesagt, das war sie Piet Drachmann schuldig.
Maria Perez hatte als Treffpunkt ein Bistro auf der Avenue de Cannes von Mandelieu, gleich neben der Apotheke, vorgeschlagen. Sie war eine kleine, rundliche Frau wie so viele Südländerinnen im Alter. Irina bedankte sich überschwänglich und bot ihr an, ihre Zeit zu bezahlen. Maria Perez winkte ab. Fast 7 Jahre habe sie für Piet Drachmann gearbeitet, da wird wohl eine Stunde drin sein, war ihre Begründung, die Bezahlung nicht anzunehmen.
„Sie haben von den Anfängen an im Haus von Piet Drachmann gearbeitet, also von 2006 an?“ fragte Irina Honig.
„Ich habe sogar die Grundreinigung vor dem Einzug gemacht“, erklärte Maria Perez.
„War Herr Drachmann in der Zeit schon in Mandelieu?“
„Das war er, aber er lebte im Hotel in Cannes, im Sofitel, das ist ein teures Hotel, gleich dort beim alten Hafen, jetzt heißt es anders, den Namen habe ich vergessen.“
„War Piet Drachmann ein reicher Mann?“
„Dem Safe nach zu urteilen, den er sich hat einbauen lassen, könnte man annehmen, er hätte viel Geld einzulagern“, sagte Maria Perez und lachte, „aber ich glaube er hatte den Safe für seine Kunstwerke aus Afrika einbauen lassen.“
„Was für Kunstwerke waren das?“
„Masken, in erster Linie Masken, aber auch geschnitzte Figuren, einer saß auf einer Art Topf, eine Frau hielt ihre Hände wie ein Hund, der Männchen macht, dann der Kopf einer Frau, der wie ein Totenkopf aussah, mit vorgeschobenen Mund und Zähnen, die wie echt aussahen. Vieles war gruselig.“ Maria Perez schüttelte sich ein wenig.
„Sie haben sich alles gut gemerkt?“ Irina Honig gab sich erstaunt über die detaillierte Schilderung.
„Ich habe sie sieben Jahre lang, Woche für Woche mit einem speziellen Tuch abgewischt. Herr Drachmann hatte mir genau erklärt, wie ich das machen muss.“
Irina Honig unterdrückte ein Lachen, es gibt viele Wege, sich der Kunst zu näheren, dachte sie.
„Und die Kunstgegenstände waren alle im Safe
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