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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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herab und lief zurück, um Lovie herzubringen.
    Später kauerten sie eng aneinander gedrängt in dem stickigen, engen Verschlag. Neben ihnen standen der rote Eimer mit dem Gelege und ein batteriebetriebenes Transistorradio. Einen Stapel trockener Kleidung, die grüne Plastikbox mit den Dokumenten, Werkzeug und den Erste-Hilfe-Kasten hatte Cara ebenfalls heraufgerettet. Draußen, über ihnen, kreischte der Sturm wie ein wahnsinnig gewordenes Weib, zerrte und rüttelte wie rasend am Dach. Unter ihnen schwoll die Flut wie ein drohender Moloch.
    Und wie Cara so hinunterstarrte in die schwappende Schwärze, da betete sie einfach darum, nur noch einmal den Sonnenaufgang erleben zu dürfen, einmal noch am Strand entlangzuwandern, Lovie und Toy beim Plaudern zuzuhören, mit Emmi zu lachen, sich in Bretts Arme zu kuscheln. Sie hoffte so sehr, noch einmal die einfachen Freuden des Hier und Jetzt, die ihr bisher so selbstverständlich erschienen waren, genießen zu dürfen. Nur noch ein einziges Mal.
    Toy lag auf einer fahrbaren Krankentrage im Korridor der Notaufnahmestation des Krankenhauses und trank aus einer Plastiktasse heißen Tee, den eine nette Krankenschwester ihr gebracht hatte. Während der schlimmsten Phase des Sturms hatte man vorsichtshalber alle Patientinnen der gynäkologischen Abteilung nach unten in geschütztere Bereiche gebracht, doch die Schwester hatte gemeint, bald würden sie wieder nach oben verlegt, und sich ganz optimistisch dabei angehört. Dann würde Toy auch ein normales Bett und eine Mahlzeit bekommen. Die Schwestern rannten wie verrückt von einer Patientin zur anderen, weil auf Grund der Luftdruckverhältnisse sehr viele angehende Mütter in dieser Nacht niedergekommen waren und nicht genug Personal zur Verfügung stand.
    Toy konnte sich nicht beklagen. Innerlich spürte sie eine sonderbare, nie gekannte Ruhe, die sich kurz nach dem Moment eingestellt hatte, als das Baby aus ihr herausgeglitten war. Sie fühlte sich vollkommen eins mit der Welt, seit dem Augenblick, als sie das erste Mal ihre Tochter gesehen hatte. Eine Empfindung, die bestimmt ihr ganzes Leben lang anhielt.
    Und ihr kleines Mädchen war wirklich etwas Besonderes. Ein Mädchen! Kein Junge, obwohl sie ganz fest damit gerechnet hatte. Sie dachte mittlerweile, dass ihr wohl einige Irrtümer unterlaufen waren. Als die Schwester ihr das kleine Bündel zum ersten Mal in die Arme legte, da hatte es, das Gesicht rosafarben, aus Leibeskräften geschrien, als wäre es total sauer, dass es den schönen warmen Mutterleib hatte verlassen müssen. Doch sie hatte bald aufgehört, die Kleine, und nicht ausdauernd weitergequäkt wie die anderen Babys. Toys kleines Mädchen hatte einfach nur die großen Augen ganz, ganz langsam auf- und zugemacht, als wolle es sich erst einmal einen Überblick über die neue Umgebung verschaffen.
    Toy lächelte gedankenverloren, und in diesem Moment bemerkte sie Darryl, der an einer Reihe von Rolltragen und auf Stühlen sitzenden Menschen vorbeischritt und auf sie zukam. Sein Gesicht war blass und das Haar an einer Seite am Kopf flachgedrückt, sodass sich die Vermutung aufdrängte, er habe irgendwo auf dem Fußboden genächtigt. Wahrscheinlich stimmte das sogar! Wie er sich so mit besorgter Miene näherte, versetzte es ihr doch einen Stich ins Herz.
    „Hallo, Darling“, sagte er, beugte sich über die Trage und gab Toy einen Kuss. Dann schob er seine Hände in die Gesäßtaschen und stand unschlüssig da.
    „Hast du sie dir angeguckt?“ fragte Toy.
    „Wen?“
    „Unsere Kleine, du Dummer!“
    „Ach, ja … äh, nein, noch nicht.“
    „Sie ist ganz wunderbar! Hat weiches, hellblondes Wuschelhaar – wie ein Küken – und große, runde Augen. Und deine Nase hat sie! Wir müssen uns überlegen, wie sie heißen soll.“
    „Nenn sie, wie du willst.“
    „Hast du denn gar keine Vorschläge?“
    „Ist mir Wurscht, welchen Namen sie bekommt.“ Er drehte sich seitwärts, schaute den Flur hinunter und zuckte merkwürdig nervös mit den Schultern, wie jemand, der am liebsten weglaufen würde. Dann sah er Toy ungeduldig an. „Wie lange, glaubst du, werden die dich im Krankenhaus behalten? Ist heiß wie die Hölle hier!“
    „Keine Ahnung. Lange sicher nicht. Ich muss mich ein wenig erholen. Die haben mich genäht. Da unten, weißt du. Juckt irrsinnig.“
    „Und wann können wir los? Der Wetterfritze im Fernsehen hat grünes Licht gegeben; alles macht sich auf den Heimweg!“
    Heim!
Toy klammerte sich an das

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