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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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doch unversehrt. Blassrosa Licht durchbrach das unwirkliche Grau der Morgendämmerung.
    Der Hurrikan war vorüber.
    Doch Brendan hatte ganze Arbeit geleistet. Auf der Düne vor dem Haus, inmitten eines Gewirrs aus Rosenranken, lagen die Reste der Pergola. Die Liegestühle waren zerbrochen; die Fliegengitter der Veranda sahen aus, als wären sie mit Tausenden Rasierklingen zerfetzt worden. Beide Wagen standen unter Wasser. Doch es hätte alles viel schlimmer kommen können. Das Strandhaus war im Ganzen heil, und Cara und Lovie hatten unversehrt überlebt.
    Bleich und zitternd begab sich Lovie an Caras Seite. Ihre Augen leuchteten jedoch vor Dankbarkeit. Sie nahm Caras Hand in die ihre, hob das Gesicht zum Himmel und dankte Gott mit Inbrunst und klarer, freudig erregter Stimme, indem sie einen Psalm rezitierte:
    Denn siehe, vorbei ist der Winter; der Regen vorüber;
    Die Blumen, sie brechen hervor;
    Die Lerchen singen ihr Lied,
    Und der Schildkröte Stimme erschallt weit über dem Land.
    Nach dem Sturm galt Caras ganze Aufmerksamkeit ihrer Mutter. Die blasse Hautfarbe und der flache Atem gefielen ihr gar nicht. Mit Lovie, die jetzt zusammengesunken in ihrem Schaukelstuhl saß, schien es rapide bergab zu gehen. Von Panik ergriffen, hätte Cara gern das Unvermeidliche abgewendet, wohl wissend, dass das unmöglich war.
    Sie fühlte sich fix und fertig. Doch es wartete dermaßen viel Arbeit, dass sie sich nicht entschließen konnte, was sie zuerst in Angriff nehmen sollte. Alles war feucht oder total durchnässt. Mühsam quälte sie sich vom Stuhl hoch und krempelte die Ärmel hoch.
    Zuerst hebelte sie mit einem Stemmeisen die Tischlerplatten von den Fenstern, riss die Flügel weit auf und sorgte so für Luftzirkulation im ganzen Haus. Dann schrubbte sie mit dem Wasser, das sie vor dem Sturm in weiser Voraussicht in die Badewanne eingelassen hatte, Lovies Schlafzimmer und Bettgestell. Danach wusch sie die Bettlaken mit der Hand und hängte sie zum Trocknen auf. Lovies aus Mahagoni gefertigtes Bett stand auf vier Pfosten und hatte einen solchen Abstand vom Boden, dass Lovie normalerweise ein mit Schnitzereien verziertes Fußbänkchen benutzte, um überhaupt hineinzuklettern. Diese Höhe erwies sich nun als Segen, denn so war die Matratze von den Fluten verschont geblieben. Nach einigen Stunden verflog der muffige Geruch, der ansonsten im ganzen Haus herrschte, fast vollständig aus dem Zimmer, und Lovie durfte es sich endlich wieder an einem angenehmen Ort bequem machen. Beim Gehen setzte sie Fuß vor Fuß, benötigte Caras Hilfe und hätte es nicht allein ins Bett geschafft. Cara deckte sie sorgsam zu und strich ihr das strähnige weiße Haar glatt, bis es sanft auf das Kopfkissen fiel, und wieder bemerkte sie, wie schmal ihre Mutter wirkte, zart und feingliedrig wie ein Kind, und ebenso hilflos.
    Die Sonne bewies guten Willen, indem sie später am Morgen hervorkam und Boden, Haus sowie Laken und Kissen trocknete, die Cara auf einer improvisierten Wäscheleine zwischen zwei Palmen aufgehängt hatte. Die Wollteppiche drapierte sie über das Verandageländer, um danach den Dreck von den Holzbohlen zu entfernen, die sicher noch einige Zeit brauchen würden, bis sie nicht mehr beim Gehen feucht und vollgesogen quietschten. Den Schlamm unter dem Haus ließ sie zunächst einmal liegen, als sie sah, wie sich eine Mokassinschlange unter dem Auto hervorschlängelte. Am Ende der Straße lag ein Hundekadaver; auf einer benachbarten Veranda miaute eine Katze zum Gotterbarmen. Cara stellte dem ausgehungerten Tier etwas Tunfisch aus der Dose hin, vorsichtshalber auf Abstand bedacht, doch die niedliche, buntscheckige Katze lief ihr nach.
    Gerade fegte sie Tangreste von der Veranda, als sie hörte, wie ein Wagen knirschend auf dem Kies hinter dem Haus zum Stehen kam. Eine Tür schlug zu, und ein Mann rief aufgeregt Caras Namen.
    Brett! Cara erkannte seine Stimme sofort. Die Antwort flog ihr geradezu aus der Kehle. „Hier bin ich!“
    Im Laufschritt bog er um die Hausecke, rannte in Riesensätzen, gleich zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf, und ehe Cara auch nur einen Gruß stammeln konnte, riss er sie in die Arme und presste seine Lippen stürmisch auf die ihren. Völlig verblüfft, erschlaffte Cara in der Umarmung, hielt mit einer Hand seine Schulter, mit der anderen den Besenstiel umklammert und balancierte – schräg hintenüber gelehnt – auf einem Bein. Brett küsste sie weiter, bis sie den Besenstiel fallen ließ,

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