Nur Du hast den Schlüssel
selbst gesagt. Sie meinte, es läge an einem Charakterfehler, aber weil sie Ki-Kasandra war, glaubte sie natürlich, es seien die Charakterfehler der anderen.
Je mehr sie versuchte, anderen zu helfen, indem sie ihnen klarmachte, wie dumm sie waren, desto öfter setzten sie sich ganz ohne Grund ab. Der einzige Grund, wieso Johnny es nicht getan hatte, bestand darin, daß er wußte, wie dumm er war.
Aber manchmal - nicht oft -, wenn das Licht richtig war und sie gerade mal nichts organisierte, sah er Ki-Kasandra an und fragte sich, ob es nicht zwei Arten von Dummheit gab: die ganz normale, eben seine, und eine hoch spezialisierte, die man nur bekam, wenn man mit zu viel Intelligenz vollgestopft war.
Er sollte Opa wohl lieber sagen, daß er wegging, nur für den Fall, daß der Strom am Fernseher ausfiel und Opa file:///G|/Books/1/schlüssel.htm (19 von 137) [16.06.2001 17:44:06]
Nur du hast den Schlüssel
sich dann wunderte, wo Johnny steckte.
»Ich gehe mal schnell nur -« setzte er an und sagte dann: »Ich gehe mal schnell in die Stadt.«
»Gut«, sagte Opa, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. »Ha! Schau dir das an! Voll auf die Schnauze!«
In der Garage war nicht viel los.
Nach einer Weile kroch Satan aus seinem Nest unter den Plastiktüten und besetzte die Position vorn im Wagen, wo er am liebsten fuhr, weil dort die Chancen am größten waren, jemanden mit den Krallen zu erwischen.
Eine Fliege knallte ein paarmal gegen die Fenster-scheibe und schlief dann wieder ein.
Und die Tüten bewegten sich.
Sie bewegten sich wie Frösche in Öl, glitten sehr langsam umeinander. Sie machten ein gummiartiges, quietschendes Geräusch, als versuchte man, ein Tier aus Luft-ballons zu formen.
Es gab auch andere Geräusche. Satan achtete nicht sonderlich darauf, weil man Geräusche nicht kratzen und beißen konnte, außerdem war er inzwischen ziemlich daran gewöhnt.
Sie waren nicht sehr eindeutig. Es hätten Musikfetzen sein können oder Stimmen. Vielleicht hatte jemand ein Radio angelassen, aber nicht richtig eingestellt und mindestens zwei Zimmer weit weg. Oder es war das Geräusch ^
einer weit entfernten Menschenmenge.
Johnny traf sich mit Kasandra vor dem Polizeirevier.
»Du hast Glück, daß ich heute Zeit habe«, sagte sie.
»Komm mit.«
Sergeant Comely saß am Schreibtisch. Er blickte auf, als Johnny und Kasandra hereinkamen, dann schaute er wieder auf das Buch, in das er gerade schrieb, dann sah er langsam wieder auf.
»Ihr?«
»Äh ... hallo, Sergeant Comely«, sagte Johnny.
»Was ist es denn diesmal ? Irgendwelche Außerirdische gesehen in letzter Zeit?«
»Wir kommen wegen Mrs. Tachyon, Sergeant«, sagte
Kasandra.
»Ach ja?«
Kasandra sah Johnny an.
»Los«, sagte sie. »Erzähl's ihm.«
»Äh ...«, begann Johnny. »Na ja ... ich und Wobbler und Yo-less und Bigmac ...«
»Wobbler und Yo-less und Bigmac und ich«, verbes-
serte Kasandra.
Sergeant Comely starrte sie an.
»Ihr alle fünf?« fragte er.
»Ich habe nur seine Grammatik verbessert«, erklärte file:///G|/Books/1/schlüssel.htm (20 von 137) [16.06.2001 17:44:07]
Nur du hast den Schlüssel
Kasandra.
»Machst du das oft?« fragte der Sergeant. Er schaute Johnny an. »Macht sie das oft?«
»Die ganze Zeit«, meinte Johnny.
»Lieber Himmel. Also, erzähl weiter. Du, nicht sie.«
Als Sergeant Comely noch einfach Officer Comely gewesen war, hatte er einmal Johnnys Schule einen Besuch abgestattet, um allen zu erzählen, wie nett die Polizei war, und sich mit seinen eigenen Handschellen gefesselt. Er war auch Mitglied des Moriskentanz-Vereins von Blackbury. Johnny hatte tatsächlich einmal gesehen, wie er tanzte, mit Glöckchen an den Knien und Taschentüchern, mit denen er wedelte. Es war wichtig, sich in solchen Si-tuationen an so etwas erinnern zu können.
»Also, wir bewegten uns gerade über die ...« begann er.
»Und spar dir die Witzeleien.«
Zwanzig Minuten später gingen sie wieder nach draußen.
»Das war doch gar nicht so schlimm«, sagte Kasandra.
»Immerhin hat er dich nicht verhaftet oder so. Hast du wirklich ihren Einkaufswagen mitgenommen?«
»Ja.«
»Am besten hat mir gefallen, wie er ausgesehen hat, als du sagtest, du könntest Satan ja der Polizei übergeben. Er ist ziemlich blaß geworden.«
»Er meinte, sie hätte keine Angehörigen. Geht so was überhaupt - gar keine Verwandte ?«
»Das ist gar nicht so ungewöhnlich.« »Ja«, meinte Johnny, »aber im allgemeinen haben die Leute wenigstens noch
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