Nur Du hast den Schlüssel
fett sei, sagte er immer, es liege an seinen Genen. Er habe einfach zu viele davon.
Er versuchte zu rennen, aber die meiste Energie wur-vom Schwabbeln verbraucht.
Er versuchte nachzudenken, aber das funktionierte nicht sonderlich gut.
Sie waren nicht in der Zeit gereist! Die anderen hatten ihn nur aufgezogen! Das versuchten sie doch dauernd! Er würde heimgehen und sich erst mal hinsetzen, und dann wäre alles wieder gut...
Und nun war er zu Hause.
Irgendwie jedenfalls.
Alles war ... irgendwie kleiner. Die Bäume in der Straße hatten die falsche Größe, und die Autos stimmten nicht. Die Häuser sahen ... neuer aus. Aber es war die Gregory Road. Er war hier schon millionenmal gewesen.
Man ging sie entlang bis zur Hälfte und bog dann ab in file:///G|/Books/1/schlüssel.htm (55 von 137) [16.06.2001 17:44:07]
Nur du hast den Schlüssel
den ...
... in den ...
Ein Mann schnitt seine Hecke. Er trug einen steifen Hemdkragen mit Krawatte und einen Pullover mit Zick-zackmuster. Er rauchte Pfeife. Als er Wobbler sah, hörte er auf zu schneiden und nahm die Pfeife aus dem Mund.
»Was gibt's denn, Sohn?« fragte er.
»Ich ... äh ... ich suche den Seely Crescent.«
Der Mann lächelte.
»Also, ich bin Ratsherr Edward Seely«, sagte er, »aber von einem Seely Crescent habe ich noch nie gehört.« Er drehte sich nach einer Frau um, die im Garten Unkraut jä-
tete. »Hast du je von einem Seely Crescent gehört. Mild-red?«
»An der Ecke wächst ein großer Kastanienbaum -« begann Wobbler.
»Wir haben eine Kastanie«, sagte Mr. Seely und zeigte auf einen Stock mit ein paar Blättern dran. Er lächelte.
»Im Augenblick sieht sie noch nicht besonders groß aus, aber du kannst ja in fünfzig Jahren mal wiederkommen.«
Wobbler starrte erst das Bäumchen an und dann den Mann.
Es war ein großer Garten, und dahinter lag ein Feld.
Dort war genug Platz für eine Straße, wenn jemand ... eines Tages ... eine Straße bauen wollte ...
»Werd ich machen«, sagte er.
»Alles in Ordnung mit dir, junger Mann?« wollte Mrs.
Seely wissen.
Wobbler merkte, daß er keine Angst mehr hatte. Es war einfach keine mehr übrig. Es war wie in einem Traum.
Hinterher klang das alles immer ziemlich blöd, aber wenn man mittendrin war, machte man einfach weiter.
Es war wie ein Raketenstart: eine Menge Krach und Durcheinander, und dann war man in der Umlaufbahn und trieb dahin und konnte sich alles unter einem ansehen, als wäre es nicht wirklich. Ein verblüffendes Gefühl. Wobbler hatte einen großen Teil seines Lebens damit zugebracht, vor Dingen Angst zu haben, auf eine etwas unklare Weise. Es gab immer irgendwas, was er hätte tun - oder nicht tun - sollen. Aber hier schien das alles egal zu sein. Er war noch nicht einmal geboren - irgendwie jedenfalls -, also konnte er an gar nichts schuld sein.
»Mir geht's gut«, sagte er. »Danke der Nachfrage. Ich
... ich geh jetzt wieder in die Stadt zurück.«
Er konnte spüren, wie sie ihm hinterherschauten, als er die Straße wieder zurückging.
Das hier war seine Heimatstadt. Es gab jede Menge Anzeichen dafür. Aber vieles andere war ... seltsam. Es gab mehr Bäume und weniger Häuser, mehr Fabrik-file:///G|/Books/1/schlüssel.htm (56 von 137) [16.06.2001 17:44:08]
Nur du hast den Schlüssel
schornsteine und weniger Autos. Und erheblich weniger Farbe. Es sah nicht danach aus, als würde es viel Spaß machen, hier zu wohnen. Er war ziemlich sicher, daß niemand hier auch nur wußte, was eine Pizza war -
»He, Mister«, krächzte jemand.
Am Straßenrand saß ein Junge.
Es war ganz bestimmt ein Junge. Aber seine kurzen Hosen reichten ihm beinahe bis an die Knöchel. Er trug eine Brille, bei der ein Glas durch Packpapier ersetzt war; sein Haar war offenbar mit einem Rasenmäher geschnitten worden, und seine Nase lief. Und er hatte abstehende Ohren.
Niemand hatte Wobbler je »Mister« genannt, außer
Lehrern, die sarkastisch sein wollten.
»Ja?« sagte er.
»Wo geht's denn hier nach London?« fragte der Junge.
Er hatte einen Pappkoffer neben sich stehen, der mit Kordel zugebunden war.
Wobbler überlegte einen Augenblick. »Da hinten rü-
ber«, sagte er und zeigte in die Richtung. »Keine Ahnung, warum es keine Straßenschilder gibt.«
»Ron sacht, die sind alle weggenommen worden, damit der Jerry nich weiß, wo's langgeht«, sagte der Junge. Er hatte eine Reihe kleiner Steine neben sich im Rinnstein aufgebaut. Hin und wieder griff er nach einem und warf ihn mit großer
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