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Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Titel: Nur ein einziger Kuss, Mylord? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ELIZABETH ROLLS
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Messingkandelaber, der offenbar einmal versilbert gewesen war. Das abgestoßene Beistelltischchen neben dem Ohrensessel diente als Ablage für weitere Bücher. Alles Zeichen dafür, dass die Daventrys begütert gewesen sein mussten und sich die schönen Dinge des Lebens hatten leisten können. Auch wenn der Rest nur mehr kostbare Erinnerungsstücke waren, von denen sie sich nicht hatten trennen mögen, als sie hier gelandet waren. Vielleicht hatten sie ihr Vermögen in der großen Krise im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts verloren. Er konnte ihre missliche Lage durchaus nachvollziehen. Sein eigener Vater hatte die damaligen Schwierigkeiten gemeistert, aber in den letzten Jahren war er nicht mehr so umsichtig gewesen … Du lieber Himmel, wie kalt es hier drinnen war!
    Julian presste die Lippen zusammen. Harry Daventry würde die Finanzen seiner Familie nicht auf Kosten von Lissys Glück sichern. Sein Blick fiel auf den Bücherstapel auf dem Beistelltisch – Predigtsammlungen vermutlich und Erbauungslektüre. Er nahm den obersten Band in die Hand und hob die Brauen. Sir Walter Scott – Ivanhoe . Überrascht las er die Titel der nächsten Werke – Gedichtsammlungen von Wordsworth und Byron. Miss Daventry mag also Romantisches, dachte er und griff nach dem letzten Buch – Jane Austens Northanger Abbey . Serena hatte der Roman gefallen …
    Stirnrunzelnd legte er die Bücher wieder an ihren Platz. Widersprüche, die sich unter der prüden Schlichtheit eines braunen Kleides und einer unförmigen Haube verbargen … Er fragte sich, welche Farbe ihr Haar haben mochte. Mausbraun? Es würde zu der Brille und diesem fest zusammengepressten Mund passen. Obwohl … es schien Momente zu geben, in denen ihre Lippen weich werden konnten. Was es wohl braucht, um ihre eherne Beherrschtheit ins Wanken zu bringen? fragte er sich erneut.
    Gleich würde sie wieder hereinkommen. Miss Ehrbarkeit, beladen mit einem Tablett, das irgendwo abgestellt werden musste … am Fenster stand ein kleiner Teetisch.
    Er erhob sich seufzend und schob den Tisch zwischen den Ohrensessel und den Stuhl. Gute Manieren, sagte er sich. Ein Gentleman tut solche Dinge . Es ging ihm nicht darum, Miss Daventry zu beweisen, dass nicht alle Männer rücksichtslose Tölpel waren, die sich in den einzigen bequemen Sessel setzten und ihrer Schwester den Holzstuhl überließen. Und es ging ihm ganz bestimmt nicht um sie . Es war einfach ein Gebot der Höflichkeit.
    Sein Blick fiel auf den leeren Kamin. Es war kalt hier drinnen!
    Er brauchte keine drei Minuten, um ein paar Holzscheite auf den Rost zu schichten, die Zunderbüchse zu finden und ein Feuer in Gang zu bringen. Kaum hatte er sich wieder gesetzt, ging die Tür auf, und Miss Daventry kam mit einem kleinen Tablett herein.
    Ihre Augen weiteten sich, als sie das Feuer bemerkte.
    Julian erhob sich und nahm ihr das Tablett ab. Er stellte es auf den Teetisch, bevor er sich zu ihr umdrehte.
    Sie hatte sich nicht vom Fleck bewegt und starrte das Teetischchen an, als überlege sie, wie es dort hingekommen sei. Dann schweifte ihr Blick wieder zum Kamin, und Julian beobachtete erstaunt, wie ihre Züge mit einem Mal alle Anspannung und Strenge verloren und ein Ausdruck von Erschöpfung an ihrer Stelle sichtbar wurde, so als sei eine Last von ihr abgefallen, die weit schwerer war als das Teetablett, das er ihr aus den Händen genommen hatte.
    Beinahe augenblicklich hatte sie sich wieder in der Gewalt. „Wie freundlich von Ihnen, Mylord“, bemerkte sie spröde. „Setzen Sie sich doch bitte.“
    Sie beugte sich über das Tablett und schenkte Tee ein. „Milch? Zucker?“
    „Nur Milch, bitte.“
    Nachdem sie ihm seine Tasse gereicht hatte, goss sie sich selber ein und nahm Platz. Ihre Haltung war so gerade, als habe sie einen Spazierstock im Kreuz.
    Julian nahm vorsichtig einen Schluck und stellte zu seiner Überraschung fest, dass der Tee, wenn man das Zeug denn mochte, alles andere als schlecht war. Und die Tassen, wiewohl alt und hier und da angeschlagen, waren aus bestem Porzellan und mussten ein kleines Vermögen gekostet haben. Aber außer dass Harry Daventry erwähnt hatte, der Duke of Alcaston sei sein Pate, pflegte er offenbar nicht mit großartigen Verbindungen oder einer prunkvollen Vergangenheit anzugeben.
    „Vielleicht könnten Sie mir erklären, woher Sie meinen Bruder kennen, Mylord?“
    Miss Daventrys kühle Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Wusste sie von Lissy? Wenn ja, dann hatte sie

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