Nur ein kleines Bischen
Oakridge High. Uh.
Ich kann nicht fassen, dass manche Leute so etwas
freiwillig tun - länger in der Schule bleiben, als die Gesetze von Massachusetts es von ihnen verlangen.
Ich meine, klar, ein paar von ihnen wollen
wahrscheinlich in ihren College-Bewerbungen
lediglich als vielseitig dastehen, was ich wohl
begreifen kann. Aber es gibt offensichtlich auch
Schüler, die Klubs und Teams beitreten, weil sie
wirklich denken, es mache (Schauder!) Spaß.
Im Umkleideraum ziehe ich das Sport-Outfit an, das Sunny mir geliehen hat. Schwarzer Sport-BH, blaues Tanktop und blöde weiße Shorts, auf deren Sitzfläche in großen Lettern das Wort SPIRIT geschrieben steht.
Diese Mode verstehe ich überhaupt nicht. Ich meine, welcher Mensch, der noch alle Tassen im Schrank hat, macht freiwillig auf seinen Hintern aufmerksam?
»Also los, Mädchen!«, kommandiert Mandy und
klatscht in die Hände. In ihrem pinkfarbenen Juicy-Jogginganzug in Größe XS sieht sie aus wie eine magere kleine Flasche Pepto-Bismol. Das lange
blonde Haar hat sie sich zu einem säuberlichen
Pferdeschwanz nach hinten gekämmt und ihr Make-up
ist dick und makellos. Unsere kleine JLO. »Die Zeit rennt.«
Die anderen Mädchen, die sich in verschiedenen
Stadien der Entkleidung befinden, stöhnen und
beeilen sich, in Shorts und Turnschuhe zu schlüpfen.
Ich bin erleichtert zu sehen, dass die meisten von ihnen lediglich normale, zerlumpte Sportschuhe tragen und nicht herausgeputzt sind wie unsere
furchtlose Anführerin. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es ertragen könnte, das einzige hässliche Entlein in einem Ballett von Schwänen zu sein.
Wir gehen in die Turnhalle und stellen uns in zwei Reihen auf.Ich bekomme unglücklicherweise einen Platz in der vorderen Reihe. So viel zu meinem Plan, mich bedeckt zu halten. Mandy steht vor uns wie eine Aerobic-Lehrerin und fängt an die Cheers abzurufen.
Ich versuche ohne großes Glück, ihren Bewegungen
zu folgen. Verdammt, ich wusste, ich hätte mir diese DVD ansehen sollen, die sie mir am Freitag mitgegeben haben. Die mit den detaillierten Cheering-Schritten, die ich vor Beginn des Trainings lernen sollte. Ich hatte natürlich vor, mir die DVD anzusehen, aber dann hat Spider mich angefleht, nur für »fünf Minuten« mit ihr am PC zu spielen. Als ich
mich fünf Stunden später endlich ausgeloggt habe,
schien es mir zu spät, um auf und ab zu hüpfen und den ganzen Haushalt mit feurigen »Vorwärts!«-
Schreien aufzuwecken. Und am Samstag war denn
unsere Vampirnacht im Club Fang. Wie eine Lady's
Night, aber für die Untoten - für Vampire Eintritt frei!
Das konnte ich mir ja kaum entgehen lassen. Und
gestern Abend, nun ja, gestern Abend war ich, ähm, beschäftigt. Na schön, okay, ich habe gestern Abend nur herumgesessen und nichts getan. Rückblickend hätte ich mir wahrscheinlich besser die DVD vorge—
nommen als diese Dose mit Schokoladen-Karamell—
Marshmellow-Eis von Ben & Jerry. (Vor allem da ich es eine halbe Stunde später wieder ausgekotzt habe.
Manchmal hasse ich es, untot zu sein.)
Ich schätze, ich dachte einfach, dass es gar nicht so schlimm wäre, einfach aufzukreuzen und zu improvi-sieren. Schließlich können all diese geistig minderbemittelten, hirnlosen Barbies es auch - wie schwer kann es also sein?
Sehr schwer, stellt sich heraus. Sehr, sehr schwer.
Ich höre mir die Kommandos an, beobachte die
anderen und versuche, ihre Bewegungen nachzuah—
men. Aber aus irgendeinem mir unbekannten Grund
mache ich ständig alles falsch. Sie drehen sich nach links, ich drehe mich unweigerlich nach rechts. Sie springen nach vorn, während ich nach hinten springe.
Sie klatschen unten, wenn ich oben klatsche. Ich bin nicht im Takt und bewege mich ebenso unkoordiniert wie schwerfällig.
Wer es noch nicht selbst versucht hat, dem sage ich hier und jetzt: Cheerleading ist nicht so einfach, wie es aussieht.
Es sei denn - natürlich -, man ist Cait. Sie muss mit einem Megafon in der Hand zur Welt gekommen sein.
Und scheint ihr Leben lang bei der Truppe gewesen zu sein. Ihre Bewegungen sitzen und sind vollkommen synchron mit denen der anderen. So was von unfair.
»Woher kannst du das alles?«, zische ich, nachdem
ich versehentlich mit ihr zusammengeprallt bin.
Sie grinst; offensichtlich ist sie ganz in ihrem
Element. »Meine Mom hat mir eine Menge beige—
bracht, als ich noch klein war«, erklärt sie. »Und ich gehe zu allen Footballspielen. Ich schätze, ich habe es einfach
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