Nur ein kleines Intermezzo?
nicht so, als wollte ich sterben”, erwiderte der Junge ernst. “Aber manchmal muss man sich mit den Tatsachen abfinden.”
“Und Tatsache ist, dass wir nicht wissen, was geschehen wird”, hielt sie ihm vor. “Du hast Peyton und mich, deine Mom und Mack und noch viele andere Menschen, die für dich da sind.” Sie zeigte auf ein buntes Bild, das die Kinder in seiner Schule gezeichnet hatten und das seinem Bett gegenüber an der Wand hing. “Sieh dir das an. Deine Klassenkameraden stehen ebenfalls hinter dir.”
Tony lehnte sich seufzend zurück. “Ich weiß, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass es Zeit ist, loszulassen.” Er wandte sich an Mack. “Weißt du, was ich meine?”
Mack rückte ans Bett heran und griff nach Tonys schmaler Hand. “Man braucht sehr viel Mut, um gegen diese Krankheit anzukämpfen”, erklärte er ruhig. “Und du, Tony, bist der mutigste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe.” Er warf Beth einen Blick zu. “Es ist aber keine Schande, wenn es einem reicht und man ‘Genug’ sagt. Das nimmt dir niemand übel.”
Beth wollte Mack anschreien, weil er so etwas aussprach, doch sie wusste, dass er recht hatte und dass Tony genau das von seinem Helden hören musste. Sie hielt den Atem an und hoffte inständig, es wäre für Tony noch nicht so weit.
Mack drückte dem Jungen die Hand und setzte ihm die Mütze fester auf den kahlen Kopf. “Aber soll ich dir was sagen?”, fragte er sanft. “Ich bin überzeugt, dass Doc Beth weiß, wovon sie redet. Es ist zu früh, um aufzugeben.”
Ein Hoffnungsschimmer tauchte in Tonys Augen auf. “Glaubst du wirklich?”
“Ja, wirklich”, bestätigte Mack. “Ich bin überzeugt, dass du noch eine Menge Kraft hast. Und ich verspreche dir, dass ich ständig bei dir sein werde. Wenn der Tag kommt, an dem du keine Behandlung mehr erträgst, sagst du es, klar?”
Tony nickte. “Und du sorgst dann dafür, dass meine Mom nicht allzu traurig ist?”
Mack räusperte sich und wich Beths Blick aus. Sie merkte, dass er mit den Tränen kämpfte.
“Man kann Mütter nicht daran hindern, traurig zu sein”, erwiderte Mack, “aber sie verstehen einen immer.”
Tony richtete sich mühsam auf und schmiegte sich an Mack. “Ich habe dich lieb”, flüsterte er.
Beth sah, wie Mack den Jungen an sich drückte, verstand jedoch nicht, was er antwortete. Aber das war gar nicht nötig. Auch dieses Mal hatte er sicher genau das Richtige gesagt.
In diesem Moment tiefster Verzweiflung, in dem ihr Herz für Tony brach, fühlte sie etwas anderes. Und endlich musste sie sich eingestehen, dass sie haltlos in Mack Carlton verliebt war.
12. KAPITEL
Mack sah alles nur verschwommen, während er überstürzt das Krankenhaus verließ. So ohnmächtig hatte er sich noch nie gefühlt, und er hasste diese Schwäche.
Betroffen stellte er fest, dass Tony seine gesamte Abwehr durchbrochen hatte. Zuerst hatte Mack etwas Gutes tun wollen, danach hatte er durch die Besuche Beth weiterhin sehen können, aber jetzt hatte er echte und tiefe Gefühle für den Jungen entwickelt.
Er war fast schon beim Wagen, als er Beths Rufen hinter sich hörte, stehen blieb und auf sie wartete.
“Ich kann jetzt nicht darüber sprechen”, sagte er tonlos, als sie ihn einholte.
“Ich weiß, wie du dich fühlst”, entgegnete sie.
“Ich sagte doch, dass ich nicht darüber sprechen kann”, wiederholte er.
“Mack, du hast das eben großartig gemacht”, fuhr sie trotzdem fort. “Du hast ihn ermutigt, ohne etwas zu beschönigen, und du hast Tony vor allem ernst genommen. Das ist schwer, aber er braucht jemanden, der ehrlich zu ihm ist und ihn nicht abwehrt, wenn er ausspricht, was er empfindet. Er hat wirklich Glück, dich gefunden zu haben.”
Glück? Wenn sie das so sah, war sie verrückt. Tony brauchte nicht ihn, Mack, sondern ein Wunder. Er betrachtete sie durch seine Sonnenbrille, die er aufgesetzt hatte, damit sie die Verzweiflung in seinen Augen nicht sehen konnte, und holte tief Atem. “Du hast keine Ahnung, was mich das gekostet hat.”
“Doch”, widersprach sie sanft. “Meinst du, mir ergeht es nicht täglich wie dir? Ich darf aber nicht an mich denken, sondern muss mich auf die Kinder konzentrieren. Das Schlimmste ist, wenn sie sich isoliert fühlen, weil sich niemand ihre Ängste anhört. Die Eltern wollen oft die Wahrheit nicht wissen. Dadurch entsteht eine Mauer des Schweigens, und irgendwann hat niemand mehr auch nur die Chance, sich zu verabschieden.”
Mack
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