Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
Dazu musste er aber ein wenig Zeit mit seinem Neffen am Pool verbringen.
Wie er nicht anders erwartet hatte, lag Paul dort bereits in Shorts und T-Shirt in einem Liegestuhl. Raoul sprang ins Wasser. Als er am anderen Ende des Beckens wieder auftauchte, wünschte der Junge ihm lächelnd einen guten Morgen.
„Hallo, Paul. Hast du schon gefrühstückt?“
„Ja, hier zusammen mit Laura.“
„Und wo ist deine Krankenschwester jetzt?“
„Sie holt mir ein paar Sachen aus meinem Zimmer“, antwortete Paul.
„Hast du schon mit deinen Freunden telefoniert?“
„Nein, noch nicht.“
„Hast du Lust, zusammen mit Giles, Laura und mir einen Bootsausflug zu machen?“ Raoul schwang sich aus dem Becken.
„Und ob! Sie hat mir nichts davon erzählt.“
„Ich wollte euch überraschen.“
„Hey, Laura!“, rief Paul, als sie im weißen Badeanzug auf den Pool zukam. „Onkel Raoul will uns auf die Jacht mitnehmen. Er sagt, dass auch Giles mitkommen darf.“
„Wenn deine Eltern nichts dagegen haben, wüsste ich keinen Grund, warum du nicht einen so schönen Tag wie diesen auf dem Wasser verbringen solltest“, erwiderte sie und beugte sich zu ihm. „Hier sind dein iPod, der Gameboy und das Fotoalbum.“
„Vielen Dank.“
„Gern geschehen.“
„Und was bekomme ich?“, fragte Raoul.
„Das Frühstück ist gleich da.“ Laura verschwand wieder, bevor er sie daran hindern konnte, und Paul klappte das Album auf.
„Onkel Raoul, möchtest du mal was Tolles sehen?“
„Aber immer.“ Er zog sich einen Stuhl heran. „Was ist es?“
„Bilder von Laura und mir. Maman hat sie mir gestern Abend herausgesucht, bevor ich ins Bett gegangen bin“, erklärte der Junge und reichte ihm das Album.
Aufnahmen von Laura und Paul? Warum musste Chantelle sie heraussuchen ? Sie konnten doch erst in den letzten Tagen entstanden sein.
Verblüfft blickte er auf Schnappschüsse, die vor etlichen Jahren gemacht worden sein mussten.
Er traute seinen Augen nicht, als er Laura in einem ähnlichen weißen Badeanzug wie heute auf einem der Fotos erkannte. Sie war noch ein Teenager, und der kleine Junge, den sie auf dem Arm trug, war zweifelsfrei sein Neffe. Ein anderes Bild zeigte sie in Shorts und Bluse mit Paul an der Hand. Auch gab es welche von ihr zusammen mit Guy und Chantelle am Strand oder am Pool.
„Wo sind die Fotos aufgenommen worden?“
„Im Strandhotel in Manhattan Beach in Kalifornien“, antwortete Laura und stellte das Frühstückstablett auf das Tischchen in Raouls Nähe. „Ich habe dort in dem Sommer, bevor ich zu studieren begann, als Rettungsschwimmerin und Babysitterin gearbeitet.“ Sie schaute Paul an. „Mein Boss hat mich damals gefragt, ob ich ihm einen Gefallen tun könne. Er wollte, dass ich während des zehntägigen Aufenthalts von dir und deinen Eltern dein Kindermädchen bin. Ich habe mich gleich auf den ersten Blick in den kleinen Paulie verliebt. So habe ich dich nämlich immer genannt.“
„Paulie?“, wiederholte der Junge lachend.
Kurz sah Laura zu Raoul hin und dann wieder Paul an. „Ja. Du warst ein so bezauberndes, fröhliches Kerlchen. Als ihr drei dann nach Hawaii weitergeflogen seid, habe ich echt geweint.“
„Wirklich?“
„Ja. Die zehn Tage mit euch waren einfach traumhaft schön. Es war fast, als wären wir eine Familie. Deine Eltern haben mich gebeten, mitzukommen. Du kennst ja die Großzügigkeit deines Dads. Er sagte, er würde alles bezahlen, und deine Mum meinte, du wärest ohne mich nicht glücklich. Ich hätte es sehr gern gemacht, aber es ging nicht, denn die Vorlesungen fingen kurz darauf an.“
„Ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern.“
Laura tätschelte Paul die Schulter. „Deshalb sind Fotos so wichtig. Weißt du, dass ich auf dem Ausflug nach Disney-land so getan habe, als wärst du mein Sohn? Natürlich hat es mir niemand geglaubt, weil wir uns überhaupt nicht ähnelten. Doch seit unserer gemeinsamen Zeit habe ich immer erklärt, ich würde eines Tages selbst einen kleinen Paulie haben.“
Und warum hat sie dann keine Kinder mit ihrem Mann?, fragte sich Raoul sofort. Vermutlich war ihre Ehe mit Theodore Stillman weit problematischer, als sie zu erkennen gab.
„Sag Giles bloß nicht, dass du mich Paulie genannt hast. Er würde es überall herumerzählen.“
„Keine Sorge, es bleibt unser Geheimnis.“
Paul blickte Raoul an. „Und du verrätst es auch nicht, oder?“
„Nein. Versprochen.“
„Gut.“ Er nahm den iPod und fing an, Musik
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