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Nur einen Kuss, Kate!

Nur einen Kuss, Kate!

Titel: Nur einen Kuss, Kate! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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also dieses Gefühl, dass sie unrecht hatte? War es denn falsch, niemandem etwas schuldig bleiben zu wollen? War es schlimm, sich sein Geld selbst zu verdienen, um nicht von anderen abhängig zu sein? Nein, das war es nicht. Aber sie hatte das Gefühl, es sei falsch, die Güte einer alten Dame zurückzuweisen, wie sie sich widerstrebend eingestand.
    Sie nahm das Frühstückstablett und schloss die Tür leise hinter sich. Da erschien aus einem weiter vorn liegenden Raum Jack Carstairs im Flur. Kate hielt inne. Er stand zwischen ihr und der Treppe. Sie konnte sich in ihr eigenes Zimmer flüchten, in das Lady Cahills zurückgehen oder die Sache ausstehen.
    Jack lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und wartete mit spöttischer Miene, dass sie an ihm vorüberging.
    Kate reckte eigensinnig ihr Kinn. Sie würde sich von nackter Gewalt nicht einschüchtern lassen! Selbst wenn er über sechs Fuß groß war und seine Schultern so breit waren wie … nun wie eben Schultern sein konnten. Aber sie war nicht nervös. Nicht ein bisschen! Das Tablett fester fassend, ging sie hocherhobenen Hauptes weiter.
    In Jacks Augen blitzte es belustigt auf. Sie forderte seinen Bluff geradezu heraus. Nachdem sie die Kaffeekanne nach ihm geworfen hatte, konnte sie mit Recht davon ausgehen, dass er wütend auf sie war. Und dann hatte sie ihn, den Herrn des Hauses, auch noch geohrfeigt. Ganz schön mutig! Wenn er wollte, hätte er sie zerdrücken können wie ein Blütenblatt; sicher war ihr das klar. Aber sie wusste nicht, dass er noch nie im Leben einer Frau wehgetan hatte. Ob ihr Mut sie verließ? Nein, sie ging weiter, das Kinn stolz vorgeschoben. Seine Belustigung wuchs. Ein so kleines Ding und so viel Rückgrat.
    Auch wenn sie keine Gewalt seinerseits befürchtete, musste sie nach der Szene in der Küche darauf gefasst sein, dass er sie hinauswarf. Und er wusste, dass dies zu den größten Ängsten eines Dienstmädchens gehörte, da es dann nie mehr eine Stelle fand.
    Und doch hatte sie ihm eine Kaffeekanne an den Kopf geworfen. Besser gesagt, über seinen Kopf. Aber warum hatte sie das Gefäß nach ihm geworfen? So unwahrscheinlich es war, vielleicht verstand sie doch Spanisch. Jack beschloss, eine Probe aufs Exempel zu machen. An die Wand gelehnt, beobachtete er sie.
    Kate fegte scheinbar unbeeindruckt vorüber, obwohl ihr Herz raste. Als sie die Treppe erreichte, sagte er auf Spanisch: “
Señorita,
in Ihrem Haar hat sich eine riesengroße Spinne verfangen. Gestatten Sie, dass ich sie entferne.”
    Er erwartete, sie würde sich umdrehen, schreien, an ihren Haaren zerren oder aber weitergehen, ohne zu ahnen, was er gesagt hatte.
    Doch sie erstarrte nur. Jack wartete kurz und überrascht, ehe er auf sie zuging. “
Señorita?”
    Sie rührte sich nicht. Jack berührte ihre Schulter. Guter Gott! Das Mädchen zitterte wie Espenlaub, so sehr, dass das Geschirr auf dem Tablett leise klirrte.
    Rasch drehte er sie zu sich um und war entsetzt, als er die Angst in ihren Augen sah. Ihr Gesicht war totenbleich, auf ihrer Stirn glänzten Schweißperlen. Sie schluckte krampfhaft. “Bitte, entfernen Sie die Spinne”, flüsterte sie mit bleichen Lippen.
    Jack starrte sie an, wie betäubt von der unerwarteten Heftigkeit ihrer Reaktion.
    “Bitte”, flüsterte sie.
    “Armes Mädchen. Es tut mir ja so leid”, sagte er zerknirscht. “Da ist gar keine Spinne.”
    Er nahm ihr das Tablett ab und stellte es auf einen Tisch in der Nähe, ohne den Blick von ihr zu wenden.
    Sie starrte ihn verständnislos an. Wieder legte er ihr die Hände auf die Schultern und schüttelte sie leicht, um sie aus ihrem tranceähnlichen Angstzustand zu reißen.
    “Es gibt keine Spinne. Ich habe sie erfunden”, erklärte er zerknirscht. “Es war nur ein Spaß.”
    Sie öffnete den Mund und atmete auf.
    “Es tut mir leid”, wiederholte er. “Ich wollte nur feststellen, ob du Spanisch verstehst.”
    Sie blickte ihn verwirrt an, noch immer wie gelähmt von ihrer Spinnenangst.
    “Ich sagte es auf Spanisch.” Seine Hände ruhten warm auf ihren Schultern. Sie zitterte noch immer, und er war wider Willen gerührt. Da er nicht wusste, wie er sie beruhigen sollte, zog er sie an sich, schlang die Arme und sie und hielt sie fest, während er ihr tröstliche Worte ins Ohr flüsterte. Er atmete tief ein. Was war das für ein Duft, der von ihr ausging? Er kam ihm sehr vertraut vor. Seine Umarmung wurde fester.
    Ihm kam gar nicht der Gedanke, dass er sich ungehörig benahm, er

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