Nur einen Kuss, Kate!
hellen Augen auf Kates ärmliche Aufmachung fiel, zuckte die lange Nase fast unmerklich vor Geringschätzung.
Kate schob ihr Kinn vor. “Haben Sie die Schokolade zubereitet?”, fragte sie.
Der Blick wurde verächtlich. “Ich bin die Zofe Ihrer Ladyschaft, nicht ihre Köchin. Ich werde Mr. Carstairs' Diener sagen, er solle die Köchin anweisen, die Schokolade zu machen.” Ihr kalter Blick gab Kate zu verstehen, dass Lady Cahills Zofe sich nie so weit herablassen würde, Küchenarbeit zu tun.
Kate unterdrückte ein Schmunzeln und ging zwei Schritte in die von Smithers gewiesene Richtung. Sie hätte zu gern ihr Gesicht gesehen, wenn sie merkte, dass niemand außer ihr selbst da war, um für Lady Cahill das Frühstück zu machen. Sofort regten sich Gewissensbisse. Lady Cahill war eine betagte Dame und von der langen Fahrt erschöpft. Und Kate wusste, dass sie unterwegs nichts zu sich genommen hatte.
“Bitte melden Sie Lady Cahill, dass ich sofort komme. Aber zuerst muss ich mich um das Frühstück Ihrer Ladyschaft kümmern.”
Augenbrauen hoben sich missvergnügt. Der verkniffene Mund öffnete sich. “Aber ich bekam Anweisung …”
“Haben Sie die Güte, meine Botschaft an Lady Cahill weiterzugeben”, unterbrach Kate sie in kühlem, keinen Widerspruch duldendem Ton.
“Sehr wohl, Miss.” Die Frau schniefte herablassend, ging aber widerspruchslos, ohne sich ihre Verblüffung anmerken zu lassen. Trotz seiner grässlichen Kleidung war dem Mädchen seine gute Herkunft anzumerken.
Kate lief hinunter, wobei sie die Augen nach den zwei Männern offen hielt, die jedoch nirgends zu sehen waren. In der Küche entfachte sie rasch ein Feuer und setzte den Wasserkessel auf. Als sie nach genauer Durchsuchung des Vorratsraumes feststellte, dass es keine Schokolade gab, fand sie sich achselzuckend damit ab. Sie musste sich eben etwas anderes einfallen lassen.
Kate fand ein großes Tablett und legte ein Tuch darauf. In kürzester Zeit stand Geschirr darauf, eine Teekanne, zwei weich gekochte Eier und ein sparsam gebutterter Toast. Gewiss nicht das, was Lady Cahill gewohnt war, doch musste es reichen. Sie trug das schwere Tablett hinauf.
“Ach, meine Liebe”, empfing Lady Cahill sie. “Aber wie kommt es, dass du dich mit dem Tablett abschleppst? Das überlass getrost einem der Diener.”
Kate stellte das Tablett auf einen Tisch neben Lady Cahills Bett. “Guten Morgen, Madam”, sagte sie gut gelaunt. “Hoffentlich haben Sie gut geschlafen.”
Die alte Dame verzog das Gesicht. “In diesem Bett? Wie könnte ich, meine Liebe?” Ihre Handbewegung umfasste den ganzen Raum. “Aber ich muss wohl froh sein, überhaupt ein Zimmer bekommen zu haben, da mein lieber Enkel sich weigerte, seine eigene Schwester auch nur zu empfangen. Gottlob war Smithers so vorausblickend, Bettwäsche einzupacken. Ich weiß gar nicht, was für ein Haus mein Enkel hier führt, aber du kannst sicher sein, dass ich ihm meine Meinung sagen werde.”
Die alte Dame zwinkerte ihr zu, und Kate musste lächeln. Sie goss Tee ein.
“Tee?”, schmollte die alte Dame. “Ich wollte Schokolade.”
“Es gibt hier keine.”
“Keine Schokolade? Man merkt, dass wir auf dem Land sind.” Wieder verzog sie schmollend den Mund. “Vermutlich gibt es auch kein frisches Gebäck?”
Kate schüttelte den Kopf. “Nein, Madam. Aber ich habe frisch gekochte Eier für Sie und ein wenig Toast. Hier, essen Sie, solange er heiß ist”, schmeichelte sie.
Ohne ihre widerwillige Miene zu beachten, stellte Kate das Frühstück vor sie hin. Nach einigem Grollen verzehrte Lady Cahill alles, während sie die ganze Zeit vorgab, dass sie es nur Kate zuliebe tue. Schließlich lehnte sie sich zurück und sah Kate, die sich am Fußende des Bettes niedergelassen hatte, nachdenklich an. “Nun, mein Kind”, sagte sie. “Ich nehme an, du bist meinem Enkel begegnet.”
“Was hat er über mich gesagt?”, fragte Kate wachsam.
Die alte Dame schmunzelte. “Nicht viel.”
“Ach.” Ihr war klar, dass Lady Cahill nicht die Absicht hatte, mehr zu sagen. “Er weiß wohl nicht, wer ich bin, oder?”
Lady Cahill registrierte die leichte Röte, die Kate in die Wangen stieg. “Hat er dich denn nicht gefragt?”
Kate schien ein wenig verlegen. “Nein, ich meine, ja, er hat mich gefragt, und ich nannte ihm natürlich meinen Namen. Aber ich glaube nicht, dass er sich über meine Stellung im Klaren ist.”
“Was hast du gesagt?”
Kate war unbehaglich zumute. “Ich riet
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