Nur einen Kuss, Kate!
Zigarren, die er in einer edlen Porzellanschale ausgedrückt hatte.
“Carlos, den Eimer”, befahl sie.
Widerstrebend schlurfte Carlos herein und reizte Kate, indem er Jack einen reuigen Blick zuwarf.
“Halten Sie ihn hoch”, befahl sie, und ehe Carlos oder Jack auch nur ahnten, was sie vorhatte, warf sie Karaffen und Flaschen in den Eimer. Das Geräusch splitternden Kristalls durchdrang die Stille. Mit einer fließenden Bewegung leerte sie Zigarrenstummel samt Asche hinein und schnappte sich schließlich Jacks Glas, das ebenfalls im Eimer landete.
“So, das ist schon besser”, stellte sie befriedigt fest. “Das wäre alles, Carlos.”
“Madre de Dios!
Das reicht wirklich”, murmelte er, die Flucht ergreifend.
Kate trat zwei Schritte zurück. Jack, der sich allmählich von seiner Verblüffung erholte, zeigte alle Anzeichen eines bevorstehenden Wutanfalls.
“Was bilden Sie sich eigentlich ein?”, brüllte er schon im Aufstehen und ging auf sie zu.
“Das hätte ich schon längst tun sollen”, gab sie gefasst zurück und suchte hinter einem Sofa Deckung. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, obwohl sie nicht befürchtete, dass er ihr in seiner Trunkenheit etwas antun würde.
“Sie müssten wissen, dass es schlecht ist, Nacht für Nacht finsteren Gedanken nachzuhängen und sich zu betrinken.” Sie kam hinter dem Sofa hervor und ging zu einem kleinen Refektoriumstisch. “Höchste Zeit, dass Sie damit Schluss machen.”
“Ach?”, knurrte er und wollte sie packen. Flink suchte sie hinter einem Ohrensessel Zuflucht. “Was geht Sie das an?”
Sie behielt ihn wachsam im Auge. “Ihre Großmutter hat mich angestellt, damit ich mich um Sie kümmere.”
“Diese intrigante alte Frau hat Sie mir aufgezwungen, damit Sie mich in den Wahnsinn treiben, und Sie haben es tatsächlich geschafft!”, brüllte er.
“Unsinn!”, gab Kate gelassen zurück. “Ich kann ja verstehen, wenn Sie jetzt ein wenig verärgert sind, aber sicher verschlimmert der Brandy oder Port oder was immer Sie getrunken haben, die Wirkung.”
Er hielt inne und starrte sie vor Zorn wie betäubt an. “Ein wenig verärgert? Ich werde Ihnen zeigen, wie sehr, indem ich Ihnen eine Lektion erteile, die Ihr Vater verabsäumte und die besagt, dass man sich den Vergnügungen eines Gentleman nicht in den Weg stellt!” Wieder versuchte er ungeschickt, nach ihr zu fassen.
“Reden Sie nicht ungehörig von meinem Vater!”
“In meinem Haus mache ich, was ich will, und das beinhaltet die Tracht Prügel, die Ihr Vater Ihnen bei der ersten Frechheit hätte verabreichen sollen.”
“Ich war nie frech zu meinem Vater”, log Kate ungeniert. “Wie können Sie es wagen, mir zu drohen? Wenn Sie Hand an mich legen, schreie ich.”
“Und wer sollte Ihnen zu Hilfe kommen?” Er grinste boshaft. “Wie ich Carlos kenne, hat er das Weite gesucht. Millie und Florence sind schon zu Hause, und was Martha betrifft …”, sein Grinsen wurde breiter, “… nun, Sie wissen, dass ich in Marthas Augen unfehlbar bin. Vermutlich wird sie mich noch ermutigen.”
Kate vernahm es zähneknirschend. Martha hatte von Anfang an eine geradezu absurde Schwäche für ihn erkennen lassen. Und er besaß auch noch die Frechheit, sich damit zu brüsten! Kate sah ihn über eine Blumenvase hinweg finster an.
“Ich brauche nicht zu schreien”, stieß sie hervor. “Ich kann mich selbst schützen.” Sie nahm das Gefäß und holte damit aus. Es verfehlte ihn und krachte gegen die Wand hinter ihm, Blumen und Wasser aber trafen ihr Ziel. Kate schmunzelte triumphierend.
Jack klaubte Blätter aus seinem Haar und wischte sich anschließend das Wasser aus dem Gesicht. “Ha! Schlecht gezielt!”
“Das war Absicht”, erwiderte sie hochnäsig. “Nächstes Mal werde ich treffen.”
Er beugte sich über den Tisch. “Sie werfen wohl gern mit Sachen um sich?”
“Möglich.”
“Nun, dafür verpasse ich Ihnen die größte Tracht Prügel Ihres Lebens.”
Trotz seiner Wut sprach Belustigung aus seinem Blick. Kate beschloss, ihm diese auszutreiben – sie wollte die Szene nicht zur Komödie verkommen lassen.
“Wenigstens haben Sie dann ein Lebensziel. Es wurde auch Zeit.”
Jack erstarrte. “Was meinen Sie damit?”
Kate hob trotzig ihr Kinn. So unverblümt hatte sie nicht sein wollen, doch konnte sie jetzt keinen Rückzieher machen, ohne die erzielte Wirkung aufs Spiel zu setzen.
“Ich sagte, dass Sie nun wenigstens ein Lebensziel haben”, antwortete sie überdeutlich.
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