Nur einen Kuss, Kate!
die Mehrzahl der Frauen betrifft, aber ich sehe, dass Sie davon nichts hören wollen. Ich kann nur wiederholen, dass ich aus sehr persönlichen Gründen nicht heiraten werde. Ihre Großmutter kennt die Gründe, drängte mich deshalb nicht, sie nach London zu begleiten, und stellte mich vorübergehend als Ihre Haushälterin an.”
“Dummes Zeug! Meine Großmutter bot Ihnen die Position nur, weil Sie zu stur sind, um zu erkennen, was gut für Sie ist. Sie hat ihre Absicht, Sie in die Gesellschaft einzuführen, nicht aufgegeben. Ich wüsste nicht, warum Sie nicht irgendeinen reichen, angesehenen Einfaltspinsel heiraten sollten.”
Er starrte sie feindselig an. “Sie müssen nur nach London gehen, vor einem geeigneten Kandidaten Ihre langen Wimpern spielen lassen, ihm mit Ihrer dunklen Stimme etwas zuflüstern, ihm zulächeln und ihm Ihre Reize vor Augen führen. Und ehe er noch weiß, wie ihm geschieht, schreiten Sie an seinem Arm zum Traualtar und wiegen im Jahr darauf seinen Erben in den Armen.”
Seine Finger gruben sich in ihre Schultern, er schüttelte sie. Kates Lippen bebten.
Jack spürte es, und doch fuhr er fort: “Sollte er mit seinem Antrag zögern, dann müssen Sie ihn nur so ansehen wie jetzt mich, und er wird nicht widerstehen können.” Mit einem Aufstöhnen nahm er ihren Mund in Besitz, und sie wurde wieder von dem vertrauten Strudel der Gefühle erfasst.
Schließlich gab er ihren Mund frei und stand schwer atmend da. Kate, die sich noch nicht gefasst hatte, umklammerte seine Schultern und Arme und lehnte sich Halt suchend an seine Brust.
Mühsam raffte sie die Reste ihrer Beherrschung zusammen und schob ihn von sich.
Sofort ließ er sie los und trat zurück. Das Gefühl der Enttäuschung, das sie daraufhin überkam, war so heftig, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als wieder seine Umarmung zu spüren. Sie zog sich ans andere Ende des Raumes zurück und blieb dort stehen.
Nach einigen Augenblicken sagte sie unsicher: “Mr. Carstairs, Sie irren in manchem, aber in einem Punkt haben Sie recht – dieses Verhalten muss ein Ende haben.” Nach einem tiefen Atemzug fuhr sie leise und kühl fort: “Ich entschuldige mich für meinen Anteil, und Sie können sicher sein, dass es sich nicht wiederholen wird. Aber nach London gehe ich nicht.”
Jack stand da und blickte sie ernst an. Nach einem knappen Nicken ging er und schloss leise die Tür hinter sich.
Mit Tränen in den Augen griff Kate zu ihrem Staubtuch.
Die Tage vergingen, und es war keine Rede mehr davon, Kate zu Lady Cahill zu schicken. Es wurde überhaupt nur das Allernötigste gesprochen.
Weihnachten kam und verging wie ein gewöhnlicher Tag. Nach der Kirche machte sie sich die Mühe, etwas Besonderes auf den Tisch zu bringen, aber Jack leistete ihnen beim Essen nicht Gesellschaft.
Für Kate war es ein Tag schmerzlicher Einsamkeit, voller Erinnerungen an vergangene, schönere Weihnachtsfeste mit ihrer Familie. Sie versuchte stark zu sein und sich einzureden, dass alles gar nicht so schlimm war, da sie nicht hungern musste und ein Dach über dem Kopf hatte und es ihr somit besser ging als vielen anderen.
Am Ende dieses langen und kläglichen Tages verkroch sie sich im Bett und weinte sich in den Schlaf.
Jack, der den Tag in selbst auferlegter Einsamkeit in der Dorfschänke verbracht hatte, kam nach Hause und hörte im Vorübergehen ihr ersticktes Schluchzen. Er lauschte betroffen. Mit jeder Faser seines Körpers drängte es ihn, sie in die Arme zu nehmen und ihr Schluchzen mit seinem Mund zu stillen. Er durfte es nicht. Bekümmert lehnte er sich an ihre Tür, bis schließlich Stille einkehrte und er sicher sein konnte, dass sie eingeschlafen war.
Eines Morgens im Januar, als Kate wie gewohnt am Fenster stand, um mitzuerleben, wie das Morgengrauen die Schneelandschaft erhellte, hörte sie unter dem Fenster gedämpften Hufschlag. Sofort pochte ihr Herz schneller. Ob er wieder abgeworfen würde? Sie riss das Fenster auf und beugte sich hinaus. Der große Rotschimmel galoppierte vorüber, auf seinem Rücken Jack Carstairs, der sich gut, wenn auch gewiss nicht so elegant wie einst, im Sattel hielt. Kate bekam feuchte Augen, als ihr klar wurde, was er damit erreicht hatte.
Es war das Ende seiner Demütigung. Er konnte wieder reiten. Sie sah ihm nach, wie er die kleine Anhöhe hinaufritt, dann wusch sie sich und kleidete sich an. Ein großer Tag. Es war zu erwarten, dass er kein Wort darüber verlieren würde, sie aber gedachte,
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