Nur für eine Stunde?
Sachen in Ihren Regalen haben, werden Ihre Läden den Ruf der Exklusivität verlieren.”
Bruno schien nachzudenken. Martha sah wieder zu Blake und bemerkte die Andeutung eines Lächelns.
Schließlich ergriff einer aus Brunos Gefolgschaft das Wort. “Ich bin der Meinung, dass wir den exklusiven Ansprüchen unserer Kunden durchaus gerecht werden.”
“Falls man bei Lebensmitteln von Exklusivität oder Avantgarde sprechen kann”, bemerkte seine Kollegin.
“Ich finde ja”, sagte Martha. “Ihre Kette hat das Image des Besonderen. Noch. Sie sollten die Ersten im Mittleren Westen sein, die ‘Blake’s Fruit Brews’ verkaufen. Sie wollen doch sicher nicht von irgendeiner banalen Supermarktkette ausgebootet werden, oder?” Martha fragte sich, ob ihre vage Andeutung, dass es auch andere Interessenten gab, überhaupt zulässig war. Sie konnte sich partout nicht erinnern, ob sie am College etwas über unerlaubte Verhandlungstricks gelernt hatte. Vielleicht galt Bluffen als unseriös?
Aber ob unseriös oder nicht, die Strategie schien zu funktionieren. Bruno rückte seine Krawatte zurecht und räusperte sich. “Natürlich will ich mich nicht ausbooten lassen. Die großen Supermärkte führen jetzt alle Sojabohnen, Tofu und Vollkornbrot und biologisch organisches Gemüse. Nur weil sie ein paar Bioprodukte auf ihre Regale werfen, denken sie, sie sind revolutionär. Dabei sind sie doch nur Omas Gemischtwarenläden. Wir sind die Avantgarde und müssen es bleiben.”
“Dann wären unsere Fruchtdrinks genau das Richtige für Sie”, sagte Martha bestimmt. “Ordern Sie eine kleine Menge. Testen Sie, wie es …”
“Nein”, fiel Blake ihr ins Wort. “Warum nicht gleich eine große Order? Sie werden es nicht bereuen. Die Leute werden sich darum reißen, das garantiere ich Ihnen.”
Brunos Blick wanderte zwischen ihnen hin und her. “Wir werden drüber nachdenken.”
Das war für Blake das Stichwort, um aufzustehen. Auch Martha erhob sich eilig. “Überlegen Sie es sich, Bruno.” Blake streckte dem Firmenboss für einen nochmaligen knochenbrechenden Händedruck tapfer die Hand hin. “Ich denke, dass die Logik von Marthas Ausführungen Ihnen einleuchten wird.” Er nannte den Namen ihres Hotels und sagte: “Bis morgen sind wir noch hier.” Dann griff er zu derselben List wie Martha. “Wir haben heute noch ein paar andere Gesprächstermine, da wir schon mal in der Gegend sind.”
“Wir melden uns bei Ihnen”, versprach Bruno. “Es ist wirklich eine Freude, Sie mal wiederzusehen, Blake. Der Seewind von Cape Cod scheint Ihnen zu bekommen.”
“Danke. Wie man sieht, schadet das raue Klima von Chicago Ihnen auch nicht.” Blake lächelte, schnappte sich dann die Laptoptasche und führte Martha aus dem Raum.
Er sprach erst, als sie in der Kabine des Fahrstuhls standen. “Sie waren gut, Martha”, bemerkte er anerkennend und auch ein bisschen erstaunt.
Sie seufzte. “Aber ich habe gelogen.”
“Nein, das haben Sie nicht. Sie haben Bruno nur die Möglichkeit gegeben, Sie misszuverstehen.”
Sie musste wohl oder übel lachen. “So gesehen haben Sie das noch viel besser gemacht. Was für Treffen stehen auf unserem Programm?”
Er zuckte mit den Schultern. “Wir könnten uns mit einem Kellner treffen und mit ihm die Speisekarte diskutieren. Oder wir treffen uns mit dem Kartenverkäufer in einem Kino und sehen uns einen netten Film an.”
“Dies ist ein Geschäftstrip”, erinnerte sie ihn streng. Sie war diejenige, die die Reisekosten abrechnen und verbuchen musste.
“Ja, und irgendwie müssen wir die Wartezeit herumbringen. Ich schätze, Bruno wird uns erst am späten Nachmittag Bescheid geben. Wir können entweder in einem Restaurant warten oder in einem Kino. Sie haben die Wahl.”
“Lassen Sie uns erst mal zum Hotel zurückfahren und checken, ob Doug angerufen hat”, schlug sie vor. “Alles Weitere sehen wir dann.” Sie fand, dass sie locker und souverän klang, obwohl sie schrecklich nervös war. Mit Blake essen gehen und ins Kino, das war wie ein Date. Sie würde sich wie ein naives Highschool-Mauerblümchen fühlen, würde rot werden, feuchte Hände bekommen und keinen vollständigen Satz über die Lippen bringen.
Oder hatte sie sich geändert? Ihr mysteriöser Gast in jener Nacht hatte ihr weibliches Selbstgefühl gestärkt und etwas in ihr herausgebracht, das sie verändert hatte. Vielleicht würde sie in Blakes Nähe nicht mehr nervös und verunsichert sein und sich mit ihrem
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