Nur für eine Stunde?
verriegelte er sie hinter sich, damit er nicht auf dem Absatz kehrtmachte und zu ihrem Zimmer zurückjagte. Er ging zum Schreibtisch und sammelte die Unterlagen zusammen, die er für die nächste Runde mit Good Earth benötigte. Dabei wurde er auf das blinkende Licht am Telefon aufmerksam und drückte auf den Knopf, um die Nachricht abzuhören.
“Hi, Blake, hier Doug. Ich hab grade mal einen freien Moment. Mein Dad ist so weit stabilisiert, dass er vielleicht schon morgen operiert werden kann. Er soll einen Bypass bekommen. Je eher, desto besser, sagt der Chirurg. Die Prognose sieht gut aus. Ich wollte Ihnen nur kurz Bescheid geben. Hoffentlich haben Sie die Sache mit Bruno nicht vermasselt. Bis bald. Bye.”
“Vermasselt!”, brummelte Blake. Manchmal nervte ihn Mr Superklug, aber er freute sich für Doug, dass es seinem Vater besser ging.
Wahrscheinlich hätte ich’s vermasselt, dachte er, als er die Papiere in den Ordner schob. Natürlich hatte er es Martha zu verdanken, dass der Deal gerettet war. Ohne sie …
Ohne sie hätte ich’s auch geschafft, sagte er sich. Er musste aufhören, in ihr eine Zauberin zu sehen, die Bruno verhext hatte. Herrje noch mal, sie war doch nur seine Buchhalterin.
Er nahm den Hörer ab und wählte ihre Zimmernummer. Kaum hörte er ihre Stimme – leise und ein wenig belegt – da glaubte er fast wieder, dass sie magische Kräfte besaß, die sein Blut erhitzten. Er räusperte sich. “Ich hab eine Nachricht von Doug. Sein Vater ist okay.”
“Oh, das ist wunderbar!” Sogar in ihrer Freude klang sie sinnlich. “Wie schön!”
“Morgen wollen sie ihm einen Bypass legen.”
“Oh”, sagte sie in verändertem Ton, “das ist eine große und komplizierte Operation.”
“Ja, aber sie ist schon millionenmal gemacht worden. Ich bin sicher, dass Dougs Vater bald wieder auf den Beinen ist.”
“Hoffentlich.”
Klang sie bekümmert? Als ob sie mit den Gedanken völlig bei Doug wäre? Als ob sie wünschte, sie könnte bei ihm sein und seine Hand halten und ihm durch die sorgenvolle Zeit hindurchhelfen? Blake hätte es zu gern gewusst. Waren ihre Gedanken so stark mit Doug beschäftigt, dass sie überhaupt nicht wahrnahm, was für Gedanken ihren Boss beschäftigten?
Und wenn sie es wüsste, würde sie dann schreiend davonlaufen?
“Wie sieht’s aus?”, fragte er. “Sind Sie gewappnet? Ich meine … für den Besuch bei Bruno?”
“Natürlich.”
“Gut. Ich …” Nein, abholen wollte er sie lieber nicht. Womöglich würde er, wenn sie auf sein Klopfen die Tür öffnete, schnurstracks in ihr Zimmer marschieren. “Ich warte unten auf Sie”, murmelte er und legte auf.
So konnte es nicht weitergehen! Er musste sich zusammenreißen und sich professionell benehmen. Schließlich war er der Präsident eines Unternehmens und hatte auch so aufzutreten. Seine Buchhalterin und er waren im Begriff, einen wichtigen Vertrag auszuhandeln – dies war kein Urlaubstrip und Martha nicht irgendeine Touristin, die ihn antörnte.
Er musste diesen Deal durchziehen, basta. Das war das einzige Ziel, an das er denken durfte.
Zwei Stunden später verließen Martha und Blake die Verwaltungszentrale von Good Earth. Draußen herrschte das hektische Getöse der Rushhour. Über die Avenue krochen Autoschlangen, eine endlose Kette heller und roter Lichter. Blake trug außer Marthas Laptop seinen Aktenkoffer mit den unterzeichneten Dokumenten.
Wie durch ein Wunder hatten sie ihr Ziel erreicht. Martha fühlte sich wie beschwipst nach dem Erfolg – es war unglaublich aufregend, an dem ersten großen Vorstoß der Firma in den riesigen nationalen Markt teilzunehmen. Und dass sie dazu beigetragen hatte … ihr war ganz schwindelig vor Freude und Stolz.
Sie hatte gedacht, Blake würde auf der Straße einen Tanz vollführen. Oder einen Triumphschrei ausstoßen. Er tat jedoch nichts dergleichen. Seiner Miene nach war er zufrieden, aber er sagte kein Wort, als er am Straßenrand nach einem Taxi Ausschau hielt.
“Wir sollten etwas unternehmen”, schlug sie vor, da er nicht in sehr festlicher Stimmung zu sein schien. “Wir müssen feiern.”
Er blickte zu ihr. Ein Windstoß zerzauste seine Haare, und sein Gesicht bekam etwas rührend Jungenhaftes. Es war erstaunlich, dass er so attraktiv und erfolgreich war und kein bisschen eingebildet. Als ob er sich seiner Qualitäten nicht bewusst wäre.
“An was dachten Sie?”, fragte er. “Irgendwas Spezielles?” In seinen Augen blitzten Fünkchen, und
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