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Nur für eine Stunde?

Nur für eine Stunde?

Titel: Nur für eine Stunde? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Arnold
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praktisch.”
    “Das ist zweifelsohne ein wichtiger Punkt, aber wir werden im Zuge unserer Geschäftsausdehnung einen Standort im Mittleren Westen eröffnen. Lange Transportwege würden also wegfallen.”
    “Die Produktionsstätte würden Sie aber erst eröffnen, nachdem wir mit Ihnen einen Vertrag geschlossen hätten.”
    “Stimmt, aber sie wäre da. Sie würden Ihre Ware frisch und pünktlich bekommen. Das ist das einzig Wichtige.”
    Martha saß schweigend da und fühlte sich total überflüssig. Sie hätte gern mehr beigetragen als ihre bloße Gegenwart, aber was könnte sie sagen? Dass ein Vertrag mit Good Earth den Gewinn von Blakes Firma steigern würde? Ein schlagendes Argument, wirklich. Vermutlich würde Bruno Thompson in dröhnendes Lachen ausbrechen, und Blake würde sie wegen ihrer Blödheit feuern.
    “Übrigens – wie geht’s denn Tracy?”, fragte er abrupt.
    Martha hätte ihm fast gegen sein Bein getreten. Was dachte er sich dabei, seine geschmacklose Urlaubsaffäre mit Brunos Tochter ins Gespräch zu bringen?
    Bruno schien es nichts auszumachen. Wieder blitzte sein Lächeln auf. “Sie heiratet nächsten Juni.”
    “Ich weiß. Sie hat es mir erzählt. Ihr Verlobter scheint ein prächtiger Bursche zu sein.”
    “Er ist nicht gut genug für mein Baby. Aber ganz nebenbei wäre keiner gut genug. Haben Sie genug Zeit mitgebracht, um sich mit Tracy zu treffen? Sie würde sich bestimmt riesig freuen.”
    Martha zwang sich, ihre unbewegte Miene beizubehalten. Urlaubsaffären gingen schon über ihr Verständnis. Aber moderne Väter übertrafen Urlaubsaffären. Ihr Vater war vom alten Schlag, immer auf der Seite seiner Töchter. Das letzte Mal, als sie mit einem Freund Schluss machte, hatte ihr Dad gedroht, den Burschen zu verprügeln. Sie hatte ihn nur mit Mühe beschwichtigen können, indem sie ihm schwor, dass sie die Beziehung beendet hatte und ihr Herz nicht den winzigsten Knacks erlitten hätte. Nicht im Entferntesten konnte Martha sich vorstellen, dass ihr Vater sagte: “Hey, warum machst du dir nicht einen netten Abend mit Richard, wenn er das nächste Mal in die Stadt kommt?”
    “Ich dachte mir, dass ich Tracy zur Hochzeit ein paar Kisten meiner Säfte schicke”, sagte Blake.
    “Da wird sie sich mächtig freuen.”
    “Ja.” Blake lächelte. “Besonders da sie meine Fruchtsäfte nicht in Ihren Läden bekommen kann.”
    Bruno neigte den Kopf – eine winzige anerkennende Verbeugung. Dann setzte er zu seiner nächsten langen Rede an, verbreitete sich über Einkaufsplanung und Kalkulationen und die Notwendigkeit eines schnellen Warenumsatzes, denn schließlich sei Frische die Hauptsache bei Naturkost. Er schwadronierte über die Getränkeindustrie im Allgemeinen, über das florierende Geschäft mit Mineralwasser, über die Beigabe von Kohlensäure und das Pro und Contra von Glas, Plastik und Aluminium. Ab und zu steuerte einer seiner “Vips” eine Zahl bei oder eine Erläuterung, aber im Großen und Ganzen war es Bruno Thompsons Show. Martha und Blake hörten höflich zu, und sie fragte sich, ob Brunos Vortrag ihn genauso nervte wie sie. Es war eine endlose Litanei.
    Schließlich aber wurde Bruno langsamer und blieb stehen wie eine Uhr, die wieder aufgezogen werden musste. Blake rückte auf seinem Stuhl hin und her, streckte die Beine aus, klopfte leise mit den Fingern auf die polierte Tischplatte. Martha konnte sich vorstellen, wie eingezwängt er sich fühlte – von dem schrecklichen Stuhl, von Brunos erdrückender Präsenz und besonders von den ungewohnten Sachen, die er, Blake, trug.
    Sie blickte kurz zu ihm hinüber. Er starrte Bruno schweigend an. Waren ihm die Argumente ausgegangen? Oder hatte Brunos Rede ihn in eine hypnoseähnliche Starre versetzt?
    Martha wartete eine Weile, und als er noch immer nichts sagte, entschied sie, dass jetzt ihr Moment gekommen war. “Innovation”, sagte sie in die Stille hinein.
    Bruno gönnte ihr einen halb neugierigen, halb herablassenden Blick. “Was?”
    “Man kann Kunden mit unterschiedlichen Mitteln halten – unter anderem mit Innovationen”, erklärte sie. Sie improvisierte, da sie nicht viel von dem Einführungsseminar über Marketingstrategien behalten hatte. “Kunden mögen die gewohnten Dinge, aber sie sind auch stets an neuen Produkten interessiert. Besonders Kunden wie Ihre, die extrem gesundheits- und qualitätsbewusst sind. Es ist eine exklusive Kundschaft, sozusagen die Avantgarde der Verbraucher. Wenn Sie immer dieselben

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