Nur für eine Stunde?
den Abfall und wischte mit einem Papiertuch über den Tresen. “Finanzmanagerin?”
“Ja. Du kannst auch einen anderen Titel bekommen, wenn du möchtest. Prokuristin? Leiterin der Buchhaltungsabteilung? Was auch immer. Jedenfalls bist du die beste Kraft, die wir für diesen Job haben.”
“Aha.”
“Du hast das Zeug dazu. Natürlich bekommst du auch eine Gehaltserhöhung. Ich werde Doug und Penny sagen, dass sie das mit dir klären.”
“Gut.” Ihre Hände waren feucht. Sie war wieder das unbeholfene Schulmädchen, und sie hasste es.
“Du siehst gut aus”, sagte er so abrupt, wie er ihre Beförderung verkündet hatte. Sie blickte zu ihm und sah ihn in faszinierter Betrachtung der Kaffeemaschine. Vielleicht hatte er den Kaffee angesprochen und nicht sie.
“Danke”, brachte sie heraus.
“Das ist eine hübsche Farbe.” Er deutete vage zu ihrer blaugrünen Seidenbluse, die sie zu einer anthrazitfarbenen Hose trug.
“Danke.” Sie wollte keine Komplimente von ihm. Es war schmeichelhaft, aber es weckte Hoffnungen, und Hoffnung war etwas sehr Trügerisches.
“Es ist also okay mit der Beförderung?”
“Ja. Ich werde alles mit Penny besprechen. Entschuldige bitte, ich muss wieder ins Büro zurück.” Wenn ihr bloß ein geistreicher Spruch einfallen würde, ein Witz, etwas Lockeres, irgendetwas, das bewies, dass Chicago vergessen war.
Aber sie hatte Chicago nicht vergessen, und ihr fiel nichts Geistreiches ein. Sie nahm ihren Becher und ging und kam sich unglaublich tölpelhaft vor.
Zwei Wochen später hielt Blake sein geplantes Meeting ab, das in Ermangelung eines Konferenzraums in seinem Büro stattfand. Auf ihren mitgebrachten Stühlen saßen sie in lockerer Gruppierung – Doug, Roger von der Produktentwicklung, die Personalchefin Penny, Steven, der Vertriebsleiter und, neben Blake, seine Sekretärin Helen. Martha saß nah an der Tür, so weit von Blake entfernt, wie sie konnte.
Hauptthema war der neue Standort in Chicago. “Wir werden also diese alte Fabrik kaufen”, entschied Blake. “Handeln Sie einen akzeptablen Preis mit dem Makler aus, Doug.” Er fand, dass er wie ein echter Boss klang. “Und wenn Ihnen die Fotos nicht ausreichen, Steven, dann fliegen Sie nach Chicago und sehen sich die Fabrik vor Ort an.”
“Das würde ich gern tun”, sagte Steven. “Wollen Sie nicht mitkommen?”
“Doug kann Sie begleiten. Wie geht’s Ihrem Vater, Doug? Könnten Sie für ein paar Tage nach Chicago fliegen?”
“Kein Problem. Meinem Vater geht’s gut. Zetert mit meiner Mutter, weil sie ihm verbietet, Salz und Butter auf seine gebackenen Kartoffeln zu tun.”
Blake lächelte und blickte verstohlen zu Martha. Sie saß mit geschlossenen Knien züchtig auf ihrem Stuhl. Wenigstens trug sie einen Rock, so dass er ihre Beine bewundern konnte. “Steve, Sie sollten mit Martha das Projekt durchkalkulieren – die Kredite und Zinsen und all das Zeug”, fuhr er fort und ärgerte sich über seine Ausdrucksweise. “All das Zeug” klang verdammt unprofessionell. “Martha, haben Sie irgendwann demnächst Zeit dafür?”
“Selbstverständlich”, sagte sie.
Mann, diese Gruppe war super. Ein wunderbar funktionierendes Team in einem aufstrebenden Unternehmen. Bemerkte Martha, dass er wie ein echter Unternehmensleiter agierte? War es ihr wichtig? Oder hatte sie schon alles vergessen und lebte wieder ihr Leben?
Er selbst versuchte es. Am vergangenen Samstag war er mit einer alten Freundin ausgegangen und hatte das ganze Programm abgespult – ein teures Dinner mit französischem Wein und Cognac und Espresso und dem ganzen Firlefanz, dann ein von allen Kritikern gelobter Film mit erstklassiger Besetzung, den er todlangweilig gefunden hatte. Danach hatte er Susan nach Hause gefahren und brav zugehört und genickt, als sie den emotionalen Gehalt des Films analysierte. An der Haustür hatte sie ihn hineingebeten, und er hatte Nein gesagt. Er mochte Susan, sie war geistreich und schön, und früher hatten sie mal eine tolle Zeit miteinander verbracht. Trotzdem wollte er nicht mit ihr schlafen.
Wieder deuteten etliche Symptome darauf hin, dass er nicht ganz normal war.
“Noch irgendwelche Fragen oder Beiträge zu diesem Thema?”, fragte er.
Allgemeines Kopfschütteln.
“Dann würde ich Ihnen gern einige Ideen unterbreiten.” Verdammt, er war ein toller Manager. Besser, Martha begriff das. “Ich möchte unser Produkt noch in andere Märkte bringen.”
“Das ist nicht Ihr Bereich”, bemerkte
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