Nur für eine Stunde?
tut, aber ich fühl mich … ich weiß nicht. Unvollständig. Als ob etwas fehlen würde.” Er reichte über den Tisch und fasste ihre Hand. “Ich hab wirklich versucht, zu vergessen, aber ich kann es nicht. Und ich will nicht. Ich glaube …”, er schluckte, sein Blick so ernst, dass sie seufzte, “… was in Chicago passiert ist, war zu gut, um es zu vergessen. Du bist geflüchtet, Martha, und du rennst noch immer vor mir weg. Ich meine, du solltest aufhören, vor mir zu flüchten.”
Eine solche Offenheit hatte sie nicht von ihm erwartet. Blake war ihr nie unehrlich erschienen, aber trotzdem … sie war sehr gerührt.
Sie sah nicht nur die Ehrlichkeit in seinen Worten, sie verstand auch die Herausforderung. Sollte sie das Wagnis eingehen? Herausfinden, ob ihr Traum Wirklichkeit war?
Einen langen Moment sah sie Blake schweigend an. “Ich glaube, du hast recht”, flüsterte sie. “Lass uns nicht länger versuchen, es zu vergessen.”
Es wurde eine wundervolle Party. Martha unterhielt sich großartig, sie tanzte und lachte und plauderte, und obwohl sie nur die halbe Zeit an Blakes Seite war, fühlte sie sich jede Minute tief mit ihm verbunden. Gegen halb zwölf – viele waren schon gegangen – packte die Band die Instrumente ein, und der Raum füllte sich mit Kaffeeduft. Mit eleganter Diskretion bedeutete das Hotel den Gästen, dass die Party zu Ende war.
Ihre Handtasche unter dem Arm, beobachtete Martha, wie Blake den Musikern dankend die Hände schüttelte und den letzten Gästen Gute Nacht sagte. Einige verabschiedeten sich auch von ihr, als ob Blake und sie das offizielle Gastgeberpaar wären. Als schließlich alle fort waren, legte Blake ihr den Arm um den Rücken und ging mit ihr hinaus. Sie fragte nicht, wohin sie gingen – es spielte auch keine Rolle. Sie konnte sich genauso gut vorstellen, sich die halbe Nacht mit ihm in einer Bar zu unterhalten, wie mit ihm ins Bett zu gehen.
“Ich muss mich noch um das Geschäftliche kümmern”, sagte er, als sie durch die Lobby zur Rezeption gingen. Die Rezeptionistin ging nach hinten in ein Büro und kam mit einer Rechnung zurück, die Blake an Martha weiterreichte. “Können wir das aufbringen?”, fragte er grinsend.
Sie überflog die einzelnen Posten und fand vor allem die Getränkerechnung erstaunlich fair. “Ich denke ja.”
“Okay.” Er reichte der Angestellten die Firmen-Kreditkarte. “Haben Sie für heute Nacht Zimmer frei?”
“Ja. Soll ich das mit auf die Rechnung setzen?”
“Nein. Die Party ist Firmensache, das Zimmer privat.” Er gab ihr seine persönliche Kreditkarte und wartete, bis sie wieder im Büro verschwunden war. “Okay, Miss Cooper?”
Martha schluckte, gebannt von dem Verlangen und der Zärtlichkeit in seinen Augen. “Okay.”
Die Rezeptionistin kam zurück und reichte Blake die Kreditkarten, die quittierte Rechnung und einen Kartenschlüssel. Nach einem vielsagenden Blick auf Marthas Kleid und Blakes Anzug fragte sie: “Benötigen Sie einen Pagen?”
“Ich glaube nicht”, sagte Blake und fasste Marthas Hand. Und so gingen sie quer durch die Lobby zu den Fahrstühlen, mit Marthas Abendtasche als einzigem Gepäckstück.
Martha trat ans Fenster und hörte, wie Blake die Zimmertür schloss. Sie hörte seine vom Teppich gedämpften Schritte näher kommen. Sie drehte sich zu ihm. Diesmal würde alles anders sein – kein Gedanke an die verrinnende Stunde, kein Grübeln, ob dies nur ein Traum war, keine Angst vor dem Aufwachen am Morgen, kein Fragen, ob dies ihr Traumgeliebter war. Denn das war er nicht.
Er war real, ein Mann aus Fleisch und Blut.
Den Blick auf ihre Augen geheftet, kam er auf sie zu. Er berührte ihre Wange, flocht die Finger in ihr Haar. So langsam, dass sie vor Ungeduld bebte, senkte er den Mund auf ihren. Sein Kuss war weich, ohne Drängen, ein Zeichen, dass er es nicht eilig hatte. Wir haben mehr, viel mehr als eine Stunde, schien er ihr mit seinem Kuss zu sagen.
Sie ließ die Hände an seinen Ärmeln hinaufgleiten und fühlte seine Muskeln und kräftigen Schultern. O Blake, dachte sie. Nur mit Mühe passte sie sich seiner Ruhe an, streichelte seinen Mund mit den Lippen, ließ ihre Hände, wo sie waren.
“Wie gut sich das anfühlt”, flüsterte er, spielte sanft mit ihrem Haar, reizte sie von Neuem mit schmetterlingszarten, fast keuschen Küssen, minutenlang. Dann ging er einen kleinen Schritt weiter, indem er mit der Zunge die Konturen ihres Mundes nachzeichnete.
Ein heißer Schauer
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