Nur Fuer Schokolade
zu zeigen, nur um ein paar Dollar kassieren zu können. Man schießt ein Foto am Besuchertisch und legt wegen der Optik noch schnell drei Orangen auf den Tisch. Für Leszek Pekalski mindestens zehn Tafeln Schokolade, für die Opfer ein einziger Hohn. Alles widerstrebt dem Betrachter, wenn er an diese Bestie denkt. Jede Tafel Schokolade ist zuviel gewesen, womit sich dieses Ungeheuer noch seine Zeit versüßen konnte. Der Verfasser dieses Buches schließt sich dabei nicht aus. Leszek liebt seine Schokolade und Süßigkeiten, er, der Totmacher mit Zuckerguß. Untersetzt, dicklich und schwerfällig ist er geworden und läßt alles bewußt oder unbewußt über sich ergehen, in der Hoffnung, ihm würde auch Schutz durch die Wärter nach seiner Verurteilung zuteil.
Diesen Trugschluß wird er mit seinem Leben bezahlen.
Ein Wärter aus dem Gefängnis von Slupsk, der tagtäglich mit ihm zusammen ist, sieht die Situation ganz nüchtern:
»Wenn er verurteilt ist, egal zu welcher Strafe, wird er in eine andere Strafanstalt verlegt. Wenn kein Reporter mehr die Wächter für Interviews oder Fotos bezahlt, hat seine letzte Stunde geschlagen. Er erlebt das Ende seiner Strafe bestimmt nicht, egal welche er erhält!«
Ohne Bewachung durch die Beamten ist damit der Todestag für Leszek Pekalski eingeläutet. Hunderten von Strafgefangen-en in Polen wäre es eine Genugtuung, diesen »Leichengroß-
händler«, wie sie ihn nennen, durch Vergewaltigung zu demütigen und anschließend zu töten. Vergewaltigt wurde er bereits, gedemütigt durch Tätowierungen auch, alles andere liegt noch vor ihm. Seine Hände, die soviel Unheil angerichtet haben, sind heute kalt, feucht und leer. Viele, die sie berührt oder gespürt haben, haben nur noch einen Wunsch, daß diese Hände bald für immer erkalten.
Ganz Polen trauert, schweigsam, hilflos, ohnmächtig.
Unzählige Mütter vermißter Kinder hofften und wollten Gewißheit, wo sich ihre Kinder befinden, vielleicht verscharrt von dieser Kreatur.
Sie alle hatten gehofft, daß durch seine Geständnisse ihre vermißten Angehörigen wenigstens ihre letzte Ruhe hätten finden können. Doch Polen hat nicht soviel Geld, um nach diesen versteckten Gräbern zu suchen.
Leszek Pekalski sagte vor seinem Urteil: »Wenn ich die Todesstrafe bekomme, sage ich alles.«
Er rühmte sich: »Ich kann mir viel merken. Ich habe sie mir alle gemerkt. Ganz Polen wird sich schämen, daß ich ein Pole bin.«
Die Totenglocken in Polen läuten leise im ganzen Land, leise für all die unschuldigen Opfer, die Frauen, die Männer, die Kinder, die so früh ihr Leben lassen mußten, nur weil sie diesem Scheusal begegnet sind. Jeder der ihn kennenlernte, weiß, daß viele, viele Tote in dem geheimen Tagebuch dieses Aussätzigen unserer Gesellschaft stehen. Er hat eine blutige Spur durch ganz Polen gezogen und eine Aura des Schreckens in diesem Lande verbreitet.
Nächte, endlose einsame Nächte haben viele Beteiligte mit dem Leben dieses Menschen verbracht, hin- und hergerissen von Gefühlen und Gedanken an all die Opfer. An all das, was sie erleiden mußten, was kein menschliches Gehirn nur annähernd begreifen kann. Unzählige Nächte haben sie davon geträumt, was auf den Bildern der Gerichtsmedizin zu sehen war. Junge Mädchen, im Tode geschändet und ihre Körper zermalmt. Den Greis, dessen Körper er an einen Baum band, um Indianer zu spielen, die Frauen, die nur an die Tür gingen, weil es geklopft hatte und die plötzlich ihrem Mörder gegenüberstanden.
Leid, endloses Leid hat nicht nur den Staatsanwalt durch die Nächte begleitet und nicht mehr losgelassen.
Würden nur all die Tränen, die die Hinterbliebenen aus Schmerz um ihre Angehörigen vergossen haben, in die Zelle 53 des Gefängnisses der Anstalt in Slupsk fließen und ihn wie einen Strom überfluten, der keine Gnade kennt.
Würde nur sein Gott, in dessen Namen er immer sagt, »Er allein weiß, daß ich ein braver Junge bin und in den Himmel komme«, Leszek noch auf der Erde Lügen strafen! Leszek soll immerzu die Angst verspüren, die die empfunden haben, die diesem Individuum begegnet sind und auch noch heute jede Sekunde ihres Lebens darunter leiden.
NUR FÜR SCHOKOLADE
MÖGE SIE SCHMELZEN
IM GLÜHENDEN FEUERSEE
DER GEHENNA, DEM EINZIGEN
ZUFLUCHTSORT FÜR EINE
MISSGEBURT UNSERER GESELLSCHAFT,
MIT NAMEN PEKALSKI.
ENDE
Mein besonderer Dank gilt
Titus
Maximilian Hauser
Siegfried Blaschke
dem Oberstaatsanwalt
Mieczystaw Buksa,
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