Nur in deinen Armen: Roman
zurückgegeben hat, und einige Briefe, die er mir geschrieben hat.«
Robert Collins war der Mann, den Mary Anne liebte, aber er war nicht ihr Verlobter. Ihre Eltern hatten sich entschlossen gegen diese Verbindung gestellt, seit Mary Anne und Robert sich zum ersten Mal in Exeter getroffen hatten, als Mary Anne siebzehn Jahre alt war. Robert ging im Büro eines Rechtsanwaltes in Exeter in die Lehre. Er besaß keinerlei Vermögen, doch wenn er erst im nächsten Jahr sein Examen bestand, wäre er in der Lage, als Rechtsanwalt zu praktizieren und eine Frau zu ernähren. In all den Jahren war Mary Annes Liebe zu Robert und auch seine Liebe zu ihr nie ins Wanken geraten. Ihre Eltern hatten gehofft, dass ihre Liebe dieser Prüfung nicht standhalten würde. Allerdings kannten sie die Hartnäckigkeit ihrer Tochter, und weil Robert in Exeter war und die beiden sich kaum treffen konnten, hatten sie ihnen erlaubt, einander zu schreiben.
Die Existenz von Briefen würde daher auch niemanden überraschen, doch war es der Inhalt dieser Briefe, der die Bedrohung darstellte. Phyllida war allerdings nicht davon überzeugt, dass dies eine wirkliche Bedrohung sein konnte - nicht, wenn man sie mit einem Mord verglich. »Ich verstehe nicht, warum ich Mr Cynster nicht verraten soll, dass deine Briefe der Grund dafür waren, dass ich in Horatios Haus war, dass ich nach ihnen gesucht habe, weil du sie in den Reiseschreibtisch gelegt und dann dort vergessen hast. Das kann doch wohl kaum einen Skandal hervorrufen.«
»Wenn du ihm das sagst, will er wissen, warum du oder warum ich nicht einfach zu Horatio gegangen bin und ihn darum gebeten habe.«
Phyllida verzog das Gesicht. Genau die gleiche Frage hatte sie sich auch gestellt, als Mary Anne aufgeregt und am Boden zerstört zu ihr gekommen war und sie um ihre Hilfe gebeten hatte. Mary Annes Antwort war, dass Horatio sich die Briefe ansehen könnte, ehe er sie zurückgab - und dass er sie dann vielleicht Mary Annes Eltern geben könnte.
»Und«, behauptete Mary Anne weiter, wobei ihre Stimme immer schriller wurde, »wenn Mr Cynster auch nur halb so klug ist, wie du glaubst, dann wird er auch wissen, warum ich diese Briefe so verzweifelt zurückhaben möchte. Er ist sehr neugierig, wenn er sie findet, wird er sie auch lesen.«
»Selbst wenn er sie liest, würde er sie niemals deinen Eltern geben.« Phyllida sah einen Ausweg. »Warte - was wäre, wenn ich ihm das Versprechen abnehme, wenn ich ihm alles verrate und er dann die Briefe findet, muss er sie mir geben, ohne sie zu lesen?«
Mary Anne runzelte die Stirn. »Vertraust du ihm denn?«
Phyllida hielt ihrem Blick stand. Sie vertraute darauf, dass Lucifer Horatios Mörder finden würde, wenn das überhaupt möglich war. Sie traute ihm teilweise. Aber konnte sie ihm auch Mary Annes Geheimnis anvertrauen? Sie wusste noch immer nicht, was in diesen verdammten Briefen stand. »Diese Briefe - hast du darin beschrieben, was bei euren Begegnungen geschehen ist? Was du gefühlt hast?«
Mary Anne presste die Lippen zusammen und nickte, es war ganz offensichtlich, dass sie nicht mehr verraten würde.
Ein paar Küsse, eine Umarmung oder zwei - wie skandalös konnte das schon sein? »Ich bin sicher, selbst wenn Mr Cynster diese Briefe lesen würde, sie würden ihn nicht schockieren. Außerdem ist er ein Fremder. Er wird wieder abreisen, nachdem Horatios Mörder gefunden ist, und wir werden ihn nie wiedersehen. Es gibt keinen Grund für ihn, diese Briefe deinen Eltern zu geben, auch wenn sie noch so skandalös wären.«
Mary Anne dachte nach. »Wenn du ihm von den Briefen erzählst, würdest du ihm dann auch verraten, dass sie skandalös sind?«
»Natürlich nicht! Ich würde ihm nur sagen, dass es private Briefe sind und dass du nicht möchtest, dass jemand sie liest.« Phyllida wartete einen Augenblick, dann fragte sie: »Also, kann ich es ihm sagen?«
Mary Anne rutschte unruhig auf der Bank hin und her. »Ich … ich möchte zuerst mit Robert reden.« Sie hob den Kopf und sah Phyllida an. »Ich habe ihm noch gar nicht gesagt, dass die Briefe weg sind. Ich möchte zuerst wissen, was er davon hält.«
Oh, wie sehr wünschte sich Phyllida, sie könnte Mary Anne ein wenig von ihrer eigenen Entschlossenheit schenken. Aber Mary Anne war ganz krank vor Sorge, auch wenn sie sich das nach außen hin nicht anmerken ließ. Phyllida seufzte. »Also gut. Sprich mit Robert. Aber bitte, sprich bald mit ihm.« Sie schluckte die Worte hinunter, denn ich weiß
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