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Nur Mut: Roman

Nur Mut: Roman

Titel: Nur Mut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Bovenschen
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Zerknirschten.
    »Entschuldigung. Du musst auch bedenken, da war nicht viel Zeit, mir einen Hergang auszudenken, ich habe einfach Bilder und Dialoge erdacht, die mir durch den Kopf schossen, und ich wollte mir auch Szenerien gestatten, die ich in keinem Drehbuch unterbringen könnte.«
    »Ist ja gut, ist ja gut«, sagt Mary im übertriebenen Ton der Begütigung.
    – Ja, das sind so die Spiele der Verliebten. –
    Aber jetzt kommt Mary wieder hart zur Sache.
    »Und wie ging es weiter, was geschah dann wirklich oder wahrscheinlich, oder eventuell, aber bleib bitte etwas mehr auf dem Teppich.«
    »Nichts.«
    »Was heißt nichts?«
    »Sie waren plötzlich alle weg.«
    »Ein bisschen ausschmücken darfst du schon noch.«
    »Also gut: Die Dämmerung war hereingebrochen. Da niemand das elektrische Licht einschaltete, huschten sie wie Schemen durch die Räume. Ein Schatten wischte an einem Fenster vorüber. Zwei Schatten wurden an einem anderen Fenster sichtbar, sie verschmolzen, für einen Augenblick schien es, als tanzten sie miteinander, dann aber trennten sie sich wieder, um beidseitig ganz ins Dunkel zu tauchen. Hier der Umriss einer gebückten Gestalt, dort eine Silhouette, undeutlich, flüchtig nur erkennbar, eine weiße Hand, die einen Fensterladen schloss. Ein Gesicht leuchtete auf im flackernden Schein einer Kerze und schwebte vorüber … Da war eine seltsame flatterhafte Umtriebigkeit in der Villa.«
    Jean kann den leichten Unmut in Marys Miene nicht länger ignorieren, schnell wechselt er den Erzählkurs.
    »Okay: Eine jede ging in ihr Zimmer und packte einen kleinen Koffer mit dem Notwendigsten. Nachdem sie alle Läden geschlossen, alle Türen verriegelt, alle Zugänge, auch die kleinste Luke noch, verrammelt und die Alarmanalage eingeschaltet – das Innere also hermetisch abgedichtet – hatten, fanden sie sich wieder in der Garage und stiegen ein in den alten Benz.«
    »Aber du willst mir nicht erzählen, dass da auch irgendwelche komischen Fabelwesen eingestiegen sind.«
    »Das war in dem Zwielicht nicht zu erkennen. Dann öffnete sich das automatische Garagentor, und der dunkle Wagen brauste heraus, mit Charlotte am Steuer.

    Um zwei Uhr in der Nacht kam Dörte nach Hause. Sie hatte keinen Schlüssel, und auch auf vielfaches Klingeln ließ sie niemand herein. Sie war wohl ein wenig zugedröhnt. Jedenfalls grölte sie mächtig herum und weckte die Nachbarschaft.
    Dann ist sie zu ihren Eltern gegangen. Die haben gedacht, dass Charlotte sie vor die Tür gesetzt hätte.

    Am nächsten Morgen erschien Janina. Sie fand alle Türen von innen verriegelt. Das war niemals vorgekommen und ist auch nach wie vor ein Rätsel.
    Sie hat die Polizei geholt.
    Die hat sich Zugang verschafft, und man fand diesen Theodor von Rungholt. In der Bibliothek. Erschlagen.«

    »Wer war dieser Rungholt?«
    »Das habe ich doch breit erzählt, und es entspricht auch dem, was man eine Tatsache nennt. Er war Charlottes Vermögensverwalter.«
    »Wie soll ich wissen, was du dir ausgedacht hast und was nicht?«
    »Man hat festgestellt, dass Rungholt erschlagen wurde. Wahrscheinlich mit dem fehlenden Schürhaken. Man hat diese Tatwaffe aber nicht gefunden.«
    »Die war auch verschwunden?«
    »Ja.«
    »So dass man nicht wissen konnte, welche der Frauen für diese Tat in Frage kam?«
    »Richtig.«
    »Und warum hast du den Mord Charlotte in die Schuhe geschoben?«
    »Ganz klassisch. Sie war die Einzige, die ein Motiv hatte.«
    »Erzähl weiter.«
    »Im Salon: Chaos. Teils geöffnete geleerte, teils umgekippte ausgelaufene Rotwein- und Champagnerflaschen, ein demoliertes TV-Gerät, Reste einer Torte auf der Tapete verschmiert, ein zerstörter schiefhängender Kronleuchter, ein brutal aufgeschlitzter Wandteppich und dergleichen mehr. Mit der Beschreibung dieser Zerstörungen habe ich mich eng an die Fotografien vom Tatort gehalten, die in den Zeitungen abgebildet waren.
    Die große dunkelblaue Limousine, ein Mercedes Benz 250 S, Baujahr 1968, stand nicht mehr in der Garage.
    Dass alle Türen und Fenster von innen verriegelt und mehrfach gesichert waren, dass auch der Schürhaken verschwunden war, hat die Legendenbildung befördert und auch meine Phantasie beflügelt – wie du ja erfahren musstest.«
    »Und war Rungholt so ein Schuft wie in deiner Erzählung?«
    »Ja. In böser Weise genial. Von dem Vermögen war nichts mehr übrig. Er hat es unglaublich geschickt verschwinden lassen. Die Finanzexperten werden noch lange zu tun haben, im

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