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Nur Mut: Roman

Nur Mut: Roman

Titel: Nur Mut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Bovenschen
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noch erlaubt waren. Der hat übrigens – das wenigstens solltest du wissen – das Wort Feminismus in Umlauf gebracht. Das waren noch ernstzunehmende Bündnispartner. Aber was soll’s, jetzt sind wir eben hier bei euch alten Schachteln.«
    Nadine hatte keine Ahnung, wovon dieser Schwan da sprach.
    »Zu wem wollen Sie eigentlich?«
    Zu dir, zu ihr, zu euch, ihr braucht uns jetzt, ihr habt uns herbeigesehnt.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte Nadine ratlos.
    Der schöne Schwan watschelte hoheitsvoll an ihr vorbei und strebte voran durch das große Entree in Richtung Salon. Dort angekommen, umging er sorgsam alle Pfützen und Glassplitter.
    Als er zu den drei Frauen kam, hopste er auf einen kleinen Gondelhocker und fächerte sorgfältig, behaglich und selbstverliebt seine Flügel über den geschwungenen Lehnen aus.
    »Kommt schon rein«, rief er seinen Kumpanen zu.
    Als der elegante rundliche Herr den Raum betrat, zog er höflich seinen Panamahut und deutete in Richtung der Damen eine Verbeugung an. Er lächelte nicht. Nein, er lächelte nicht. Aber man konnte spüren, dass das Lächeln ausgelassen wurde, dass es eigentlich zu dieser Begrüßung gehört hätte.
    »Ist es er erlaubt einzutreten?«, fragte er, obwohl er ja schon mitten im Raum stand.
    Ihm folgten der mächtige hinkende Hund und an dessen Seite das kleine blondgelockte Mädchen. Das blaue Schäufelchen hielt es in der Rechten. Seine Linke umschloss das breite Lederhalsband des großen Tieres. Das Mädchen führte das Tier sorgfältig vorbei an allen Splittern und Lachen, vorbei an den matschigen Blumen und vorbei an den herumliegenden Tasten, Äpfeln und Kerzen – da hatte sich einiges angesammelt.
    »Er ist fast blind«, sagte es.
    Dann half es dem alten steifhüftigen Hund auf ein Sofa und setzte sich daneben.
    Das kleine Mädchen sagte:
    »Ich war ein wildes Mädchen. Ich fühlte mich den Hunden und Pferden näher als den Menschen. Für so ein Mädchen ist die Pubertät schwierig, daher blieb ich immer Kind und baute auf Sand.«
    Als würde das irgendetwas erklären.
    Nadine hatte sich wieder zu ihren Freundinnen gesetzt.
    Das kleine Mädchen wies mit dem blauen Schäufelchen auf den alten Hund.
    »Das ist Pluto.«
    Bei seinem Namen hob der alte Hund seinen schweren Kopf und sah das Mädchen fragend an.
    »Pluto? Der Höllengott?«, fragte Leonie.
    »Pah. Höllengott. Höllenschreck oder Mickey Mouse, ganz wie du willst. Da kommt in den unordentlichen menschlichen Imaginationen immer einiges zueinander und durcheinander. Ein absurdes Fabelgetier.«
    Das Mädchen kraulte den Hund hinter den Ohren. Der schloss genüsslich die Augen.
    »Er kann nicht sprechen«, sagte es dann traurig.
    »Der Arme«, sagte Leonie.
    »Ist dir mal aufgefallen, wie ungerecht die menschlichen Tierphantasien sind?«
    Nein, das war Leonie nicht aufgefallen.
    »Mein Pluto ist geflohen. Woher, wohin, ich weiß es nicht. Einst Gott der Fülle und des Reichtums, wurde er bald schon zum Unterweltagenten degradiert, und schließlich landete er, Hund geworden, in einem Comic-Universum, in dem man ihm die Sprache nahm. Und das ist wahrhaft empörend: Dort sprechen die meisten Tiere, die Schweine und die Mäuse sogar, die Vögel allen voran, der Hund jedoch blieb stumm.«
    Sie warf einen bösen Blick auf den Schwan. Der ordnete sein Brustgefieder, spielt mit dem Goldkettchen und tat, als hätte er das nicht gehört.
    »Wie ist das möglich?«, fragte Leonie verwirrt.
    »Sie waren Menschentiere, er war das Tiertier.«
    »Muss ich das verstehen?«
    »Das hat eine fabelhafte Tradition. Ist dir nie aufgefallen, dass das Menschentier Reineke Fuchs, der sprechende Rechtsverdreher von Goethes Gnaden, auf einem Naturtier, einem armen stummen Esel, reitet?«
    Auch das war Leonie nicht aufgefallen, und es schien ihr auch nicht wesentlich. Sie wirkte aber schuldbewusst.
    »Aber nun zur Sache«, sagte die Kleine ernst.
    Sie klopfte mit dem blauen Schäufelchen dreimal auf den Tisch.

    »Die Verhandlung beginnt.«

    Sie schaute hoheitlich in die Runde.
    Die alten Frauen wirkten erschrocken, weil das kleine Mädchen für den Bruchteil einer Sekunde ausgesehen hatte wie eine Greisin – so irrwitzig kurz, dass sie nicht sicher sein konnten, dieses andere Gesicht wirklich gesehen zu haben.
    Und schon sprach das rosige Püppchen wieder und zerstreute alle optischen Zweifel.
    »Ich habe hier zwei Aufträge zu erfüllen. Mein erster Auftrag betrifft speziell dich, Leonie.«
    Leonie richtete sich

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