Nur noch diese Nacht
stört dich denn daran, dass ich nichts will?“
Mann, jetzt ging sie zum Angriff über, und das fuchste ihn mindestens so wie ihre hirnrissige Weigerung, ihren Teil des Geldes zu nehmen.
„Du meinst die Hälfte von unserem Geld, die dir zusteht? Natürlich nimmst du es an!“ Ryan fuhr sich mit der Hand durchs Haar und atmete scharf durch.
Wie schaffte sie es nur, dass er innerhalb von Minuten die Beherrschung verlor? Wegen ihrer Unvernunft hatte er schon genug Zeit damit vergeudet, über den Atlantik zu jetten. Noch mehr Zeit wollte er nicht verlieren.
„Hör mal, Claire, ich weiß, du hast das gemeinsame Konto nicht angetastet, seit du mit dem Studium fertig bist, und was du mit der Galerie aufgebaut hast, ist allein dein Werk. Du hast viel Fachwissen und Geschäftssinn. Aber was das Geld betrifft, kann ich dir nur dringend raten, vernünftig zu sein.“
Der kämpferische Ausdruck in Claires Augen verschwand, sie war jetzt hellwach.
„Im Moment schreibst du schwarze Zahlen und machst gute Gewinne, aber bedenke, dass die Wirtschaftslage schnell kippen kann. Überleg dir, wie du leben willst, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis alles ändern könnte. Du hast doch selbst erlebt, wie schnell so was gehen kann, Claire.“
„Irgendwie würde ich schon über die Runden kommen und mich wieder aufrappeln. Oder neu anfangen. Und selbst, wenn ich es nicht könnte, ist das nicht dein Problem.“
Genau da irrte Claire sich gewaltig, fand Ryan. Er mochte nicht der Ehemann sein, den sie sich gewünscht hatte, aber was Verantwortung und Verpflichtung bedeutete, wusste er nur zu gut. Deshalb würde er in dieser Sache nicht nachgeben. „Und was ist, wenn es gar nicht ums Geschäftliche geht? Wenn du wieder heiratest und Kinder hast? Oder einen Hund? Wenn jemand, der dir nahesteht, mehr braucht, als du ihm als Selbstständige geben kannst? Hier geht es nicht nur um dich und mich. Denke bitte pragmatisch und versuch, vernünftig zu handeln.“
Sie war zusammengefahren, als er auf ihr gemeinsames Leben zu sprechen kam, hatte jedoch mit keiner Wimper gezuckt, als er auf die Möglichkeit anspielte, sie könnte irgendwann eine Familie haben. Das hatte sie geflissentlich überhört. Das fehlte gerade noch, dass er wüsste, was in ihr vorging.
„Gut. Aber wenn du nicht wieder heiratest und dir passiert etwas? Willst du mich dann vom Krankenhausbett anrufen und um Hilfe bitten?“
Natürlich wusste er, dass sie das von sich weisen würde. Und Claire wusste, dass sie ihn selbst nach all den Jahren nur anrufen musste, wenn sie etwas brauchte, und er würde zu ihr eilen. Das Problem war aber, dass Claire ihn nie um etwas bitten würde. Also musste er sie jetzt dazu bringen, das Geld zu nehmen.
Sie drehte sich um und nahm ihre Tasche auf. Mit einer geschmeidigen Bewegung streifte sie sich den Riemen über die Schulter, kramte aus der Tasche einige Euro heraus und schob sie unter die kleine weiße Espressotasse.
Wollte sie jetzt einfach davonspazieren?
Das wäre ja noch schöner!
„Das Geld steht dir zu, Claire, du wirst es nehmen“, fuhr Ryan entschlossen fort. „Falls du dich weigerst, wirst du mich nicht mehr los. Dann wird mein Anwalt dich in endlose Gerichtsverfahren verwickeln.“ Das würde ihn zwar teuer zu stehen kommen. Aber wer A sagt, muss auch B sagen. Er hatte einmal versagt, diesmal würde er hart bleiben. Ganz gleich, wie beharrlich sie sich sperrte, sie würde das Geld nehmen. „Und deine Galerie würde er dann auch mit hineinziehen.“
Einen Moment stand Claire stocksteif da, dann drehte sie sich langsam zu ihm um. „Was bist du doch für ein Fiesling.“
„Da magst du recht haben“, pflichtete er ihr resigniert bei. „Aber einer, der nur dein Bestes will. Komm schon, Claire, lehn dich deswegen nicht gegen mich auf.“
Sie atmete tief aus und strich sich das Kleid zurecht. „Bleibt mir etwas anderes übrig?“
„Nein.“ Ihm blieb auch nichts anderes übrig. Nicht nach allem, was geschehen war. Doch letztlich wusste er: Was er ihr anbot, war trotz seines gewaltigen Vermögens nicht genug, um gutzumachen, was er ihr angetan hatte. Nichts konnte das je wiedergutmachen.
Ein Paar auf der anderen Seite des Cafés stand vom Tisch auf. Die beiden unterhielten sich temperamentvoll auf Italienisch und schlenderten Hand in Hand über die Piazza davon. Sie waren verheiratet, das hatte er an den Eheringen gesehen, und an der vertrauten Art, wie sie miteinander umgingen. Ein Gefühl der Bitterkeit
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