Nur weil ich dein Chef bin
Schlitz. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und er erstarrte. Was, wenn er sich irrte?
Geräuschlos drückte er die Klinke hinunter und öffnete die Tür. Im Halbdunkel konnte er gerade so eben den Umriss ihres Körpers unter der Bettdecke ausmachen. Nur ein unglaublich langes, schlankes Bein schaute unter den Laken hervor. Schlief sie schon, oder tat sie nur so?
„Linda!“ Sein Ton klang scharf und befehlend.
Sie zuckte zusammen und richtete sich erschrocken auf. „Was willst du?“
Er hörte das Zittern in ihrer Stimme. Hatte sie etwa Angst, weil sie ahnte, dass er sie durchschaut hatte?
„Bitte, Parker, es tut mir sehr leid, wenn ich dir vorhin falsche Hoffnungen gemacht habe.“
Er schnaubte verächtlich. Sie glaubte doch nicht wirklich, dass er gekommen war, um sie zum Sex zu zwingen!
Sie war nur mit einem knappen T-Shirt bekleidet, und Parker schoss der Gedanke durch den Kopf, wie leicht es ihr auszuziehen wäre. Gegen seinen Willen spürte er, wie sein Körper auf diese Vorstellung reagierte. Verdammt, er war schließlich auch nur ein Mann.
Aber bestimmt kein dummer Mann! Plötzlich wusste er, dass es sinnlos war, Linda mit seinem Verdacht zu konfrontieren. Sie würde es ohnehin nicht zugeben, falls sie die Spionin war …
Seine Wut mühsam hinunterschluckend, klammerte er sich an den Türgriff, so als würde er ihm Halt geben. „Ich wollte mich nur vergewissern, ob du okay bist.“
Er sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte. „Ich bin okay.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Was ist mit dir?“
Der besorgte Klang in ihrer Stimme traf ihn unvorbereitet. Er wollte nicht, dass eine Frau, der er nicht vertraute, eine solche Wirkung auf ihn hatte! „Ja, ja. Mir geht es gut. Gute Nacht.“ Er verließ eilig das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und blieb dann noch eine ganze Weile regungslos und nachdenklich davor stehen.
Vermutlich war sein Verdacht richtig, und Linda war die Spionin. Trotzdem musste er sein Wissen noch eine Weile für sich behalten, wenn er diese Frau mit ihren eigenen Waffen schlagen wollte. Jetzt, da er wusste, mit wem er es zu tun hatte, brauchte er ihr nur gezielt die falschen Informationen zu geben. Allerdings sollte sie sich in Zukunft ein bisschen mehr Mühe geben: Um ihren Job für die Jefferies-Brüder wirklich gut zu machen, musste sie sich ihrem Boss gegenüber schon etwas williger zeigen.
Sehr viel williger.
Heute Abend mochte sie ihn zum Narren gehalten haben. Ein zweites Mal passierte ihm das sicher nicht. In Zukunft würde er alles von ihr bekommen, was er wollte. Alles. Wenn er damit gleichzeitig Jordan und Emilio Jefferies vernichten konnte, umso besser. Und damit dieser Plan gelang, durfte er sich vorerst nichts anmerken lassen.
Linda Cross würde auf die harte Tour herausfinden, dass sie sich fürs Schachspielen keinen Großmeister hätte aussuchen dürfen.
Als Linda am Montagmorgen das Büro betrat, ihre Handtasche in die Schreibtischschublade legte und ihren Computer anstellte, schien der Zauber des Wochenendes so weit entfernt zu sein wie London.
„Ich habe dich noch gar nicht hier erwartet“, sagte Sheila, die mit einer Kanne Kaffee aus der kleinen Küche kam.
„Wieso? Natürlich bin ich hier“, erwiderte Linda.
„Ich dachte, du verlängerst das Wochenende im guten alten Europa gleich um eine Woche.“ Sheila bemühte sich erfolglos um einen britischen Akzent und zwinkerte Linda zu. „Heute Morgen haben schon ein paar Leute angerufen. Der Herausgeber von ‚Luxury Travel‘ wegen des Layouts zum Beispiel.“
„Okay“, sagte Linda und machte sich eine Notiz. „Noch etwas?“
„Die Sekretärin von der Chartergesellschaft lässt fragen, ob Mr. Garrison und Miss Cross einen angenehmen Flug hatten.“ Ihr Ton hätte nicht zweideutiger sein können. „Und? War er angenehm?“
„Du kannst ihnen sagen, dass alles okay war. Danke.“
„Du behältst immer so viel für dich, Linda. Wie gemein von dir.“ Sheila lachte. „Komm schon, spuck es aus. Ist er genauso anspruchsvoll im Bett wie im Büro?“
Linda schaffte es gerade so, nicht rot zu werden. Noch immer verfolgte sie die Erinnerung daran, wie Parker plötzlich nachts in ihrem Schlafzimmer stand. Er hätte sie nur zu bitten brauchen, und sie hätte sich nicht gewehrt. Aber er war wieder gegangen, und sie hatte stundenlang nicht schlafen können vor Sehnsucht nach ihm.
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Sheila. Es war rein geschäftlich.“ Leider. Zum
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