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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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dass der Mann benutzt hatte. Die schmale Pappkarte war wie ein magischer Schlüssel. Er musste beinahe rennen, um zu dem Fremden aufzuschließen, der eine Treppe hinaufging, eine Fußgängerbrücke überquerte und auf Bahnsteig Nummer vier wartete.
    Es gab einen gläsernen Warteraum, in dem sich die Passagiere drängten. AJ schlängelte sich gleich neben die Tür.
    Jetzt war er gezwungen zu überlegen, was als Nächstes kam. Wie ging es in New York weiter? Wollte er versuchen, nach Houston zurückzukommen? Da war seine Mom nicht mehr. Er hatte ein paar Freunde dort, aber die würden ihn nicht aufnehmen, weil sie sich keine Schwierigkeiten einhandeln wollten. Ihre Eltern hätten sicher Angst, gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen. Wenn er ehrlich war, hatte er nichts und niemanden, wohin er sich wenden konnte.
    Eine riesige Dampfwolke hinter sich herziehend, fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Die Passagiere strömten auf den Bahnsteig und stiegen ein. AJ hielt sich eng an Julian. Er wusste selbst nicht, warum. Vielleicht weil der Mann nett zu dem kleinen Baby gewesen war. Egal. Das Einzige, was zählte, war, dass er sich auf den Weg gemacht hatte.

13. KAPITEL
    Julian Gastineaux rutschte rüber, um Platz für das dunkelhaarige Kind zu machen. „Setz dich“, sagte er. „Hier ist frei.“
    Der Junge setzte sich und stellte seinen Rucksack auf seinen Schoß.
    Julian schaute aus dem Fenster. Es gab nichts zu sehen. Daisy war schon lange fort. Trotzdem sah er sie vor seinem inneren Auge deutlich vor sich. Er hatte sogar noch den Duft ihrer Haare in der Nase.
    Er hätte sie zum Abschied küssen sollen. Er wünschte, er hätte es getan.
    Genau das war die Essenz seiner Beziehung zu Daisy Bellamy, seitdem er sie in jenem Sommer das erste Mal gesehen hatte. Manchmal hatte er das Gefühl, sie bestand nur aus einer Reihe von Abschieden. Ungelenken Abschieden noch dazu. Er hatte viel Zeit damit verbracht, zurückzuschauen und sich zu wünschen, dass er irgendetwas anders gemacht oder etwas gesagt hätte. Stattdessen hatte er sie immer gehen lassen.
    Wenn es um Daisy ging, konnte er nicht klar denken. Er war ganz Herz und kein bisschen Kopf. In den letzten Jahren hatte er sich oft gewünscht, sein doofes Herz würde ihm sagen, er solle abhauen und nie zu ihr zurückkehren. Sein Leben wäre wesentlich entspannter, gäbe er sich mit den Umständen zufrieden, doch zwischen ihm und Daisy war nichts jemals einfach gewesen.
    Er streckte seine Beine aus, bis seine Füße unter den Sitz vor ihm glitten, holte ein abgegriffenes Taschenbuch aus seinem Seesack, klappte es auf und war in gewisser Weise dankbar für die lange Fahrt in die Stadt. Es war eine erzwungene Auszeit, und die waren in seinem Leben rar. Den Abschluss auf der Cornell zu machen, vor allem in seinen Hauptfächern Ingenieurswesen und angewandte Physik, verlangte seine volle Aufmerksamkeit. Noch dazu war er im ROTC-Programm der Air Force, um sich das Studium, das sein Leben bestimmte, überhaupt leisten zu können. Das Training für Reserveoffizier bedeutete eine ziemliche Verpflichtung, war jedoch nicht so belastend wie die Studiengebühren eines Elitecolleges. Manche Leute hielten ihn für verrückt, weil er sich beim Militär verpflichtet hatte, aber dort folgte man einem konkreten Plan, und das hatte ihm davor immer gefehlt. Es lag eine gewisse Befriedigung darin zu wissen, was genau von ihm erwartete wurde.
    Außerdem, wenn er die Alternativen bedachte, gab es keinen Zweifel, dass er das Richtige tat, denn hätte er sich nicht den Hintern abgearbeitet, damit er aufs College gehen konnte, stünde er jetzt in irgendeiner Frittenbude in einer namenlosen Vorstadt in Südkalifornien und trüge ein Papierhütchen anstatt eines Fallschirms.
    Daisy hatte Angst um ihn. Sie wusste, dass er auf dieser Trainingsmission unter anderem bei 20.000 Fuß Höhe aus einem Flugzeug springen würde.
    Von allen Dingen, die das ROTC von ihm verlangte, von allen mentalen und körperlichen Herausforderungen, das frühe Aufstehen, das elende Ausdauertraining und die ermüdenden Übungen, war das mit Abstand das Coolste.
    Der Junge neben ihm rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. Julian spürte, dass der Kleine ziemlich angespannt war. Nein, verängstigt traf es eher. Das weckte seine Neugierde. Der Knirps strahlte eine gewisse Zähigkeit aus, die die meisten Menschen wohl abstoßend fänden. Nicht so er. Er hatte keine Ahnung, wer dieses Kind war, aber er erkannte es, denn vor nicht

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