Nur wenn du mich hältst (German Edition)
dass Kims Vertrauen in sie wuchs. Nachdem sie die unterschiedlichen Kameras und das Licht gesehen hatte, den Computer, die vielen Kabel und Reflektoren, entspannte sie sich und bot ihre Hilfe an.
Bo hatte Daisys Bemerkung mit dem Make-up für einen Witz gehalten. Doch Chantal öffnete einen riesigen Werkzeugkoffer voller Zeug – Lippenstifte und Pinsel, Farbtöpfe, Scheren, Wattepads und andere seltsame Dinge, die er nicht einordnen konnte. Er schaute Kim an, die nichts sagte, sondern nur in Richtung des Stuhls nickte.
„Oh Mann.“ Er beschloss, weiterhin zu kooperieren. Immerhin ging es um seine Karriere, deshalb ließ er das demütigende Ritual über sich ergehen und ergab sich seinem Schicksal. Nach der Tortur im Friseursalon erschütterte ihn nichts mehr. In Gedanken zog er sich auf seinen Glücksplatz zurück, während Chantal ihm etwas, das sie Foundation nannte, aufs Gesicht pinselte und seine Lippenkontur mit einem Stift nachzeichnete. Genau wie beim Friseur hatte sein mentaler Rückzug keine große Wirkung. Als Chantal sich mit etwas Spitzem in der Hand seinen Augen näherte, regte sich sein Widerstand.
„Oh nein, kommt nicht infrage“, sagte er.
„Sie ist beinahe damit durch“, ermutigte Kim ihn. „Du musst nur noch ein paar Minuten durchhalten.“
„Vergiss es. Mir wird keiner mit Kajal an den Augen herummalen. Ich bin fertig.“ Von all dem Zeug fing seine Haut an zu kribbeln. Er nahm das Handtuch ab, das sie in seinen Kragen gesteckt hatte. „Wenn ich jetzt nicht hübsch genug bin, werde ich es niemals sein.“
Kim winkte ab. „Okay, du bist der Kunde.“
Während der Tag voranschritt, bemerkte er eine leichte Veränderung in ihrer Beziehung. Er hatte eingewilligt, sich verändern zu lassen. Er vertraute ihr. Und an der Art, wie sie ihn ansah, wenn sie glaubte, er bekomme es nicht mit, erkannte er, dass sie ihn sexy fand. Verdammt, er hoffte, dass er damit recht hatte.
Daisy übernahm das Kommando und fing an, die Scheinwerfer auszurichten und die Belichtungszeiten zu messen. Zach assistierte ihr dabei. „Du siehst umwerfend aus“, sagte sie.
„Findest du?“ Jetzt, da die Frau mit dem spitzen Objekt sich zurückgezogen hatte, entspannte er sich so weit, dass er sogar ein kleines Grinsen zustande brachte.
„Ich fand immer schon, dass ein Mann in Baseballuniform was hat“, sagte Kim. „Ich kann nicht mal sagen, warum. Unter anderen Umständen würde ein männliches Wesen in Kniebundhosen und Strümpfen komisch aussehen, aber in Baseballmontur …“
Sie und Daisy nickten zustimmend. Bo spürte, dass die beiden sich bestens verstanden. Sie waren entschlossen, ihn so gut wie möglich aussehen zu lassen. Wie einen Baseballgott, hatte Kim gesagt.
Was für eine Welt, dachte er. Den einen Tag wischte er noch Bier vom Fußboden in einer Kneipe auf, am nächsten wurde er zu einem Gott gemacht.
In dem Augenblick, als er die begehrte graue Uniform mit den weißen Nadelstreifen anzog, fühlte er sich wie ein anderer Mensch. Sie erinnerte ihn daran, wieso er das hier alles überhaupt machte.
„Ich bin so bereit, einfach nur Baseball zu spielen“, murmelte er.
„Du weißt, dass diese Karriere aus mehr als nur dem Spiel besteht.“
„Ich hatte aber keine Ahnung, aus wie viel mehr.“
„Die Fotos sind entscheidend“, sagte Kim. „Ein großartiges Foto kann eine Karriere vorantreiben, vorausgesetzt, der Spieler hat auch entsprechendes Talent.“
„Es sollte einzig und allein ums Talent gehen.“
„Das tut es aber leider nicht“, erwiderte sie. „Image ist alles. Erinnerst du dich an Cal Shattuck? Er ist außerhalb der Saison LKW-Fahrer für eine Fleischfabrik gewesen, dann erschien die Vanity Fair mit seinem sensationellen Foto auf dem Titel, und am nächsten Tag war er ein Star.“
„Ich habe das Bild gesehen“, schaltete Daisy sich ein. „Er war splitterfasernackt.“
„Kommt mir jetzt bloß nicht auf Ideen“, sagte Bo.
„Träum weiter.“ Daisy schüttelte sich. „Igitt.“ Durch seine Verbindung zu Noah sah sie in ihm immer jemanden, der nicht aus ihrer Generation stammte. Ein älterer Mann, einer von den Freunden ihres Stiefvaters. Endlich erklärte sie, dass es losgehen könne.
Bo fand ziemlich schnell heraus, dass für Fotos zu posieren nichts für Weicheier war. Es erstaunte ihn, dass etwas so Einfaches solche Arbeit machte. Man sah einen Spieler auf einer Baseballkarte oder auf einem Poster und würde nie denken, wie viel Mühe in das Foto geflossen war.
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