Nur wenn du mich hältst (German Edition)
eigenen Lebenslauf.
„Du hast einen Abschluss als Rundfunk- und Fernsehjournalistin“, sagte er.
„Das scheint dich zu überraschen.“
„Von der University of Southern California.“
„Stimmt.“
„Warum arbeitest du dann nicht fürs Fernsehen?“
„Das tue ich doch quasi beim Medientraining für meine Klienten.“
„Nein, ich mein du selber. Wieso stehst du nicht vor einer Kamera oder wenigstens vor einem Mikrofon und machst … was weiß ich, Sportberichterstattung oder Kommentare. Sag mir nicht, dass du nie daran gedacht hast.“
„Ich habe das eine oder andere Praktikum in dem Bereich gemacht. Es hat mir auch gut gefallen, aber ich musste irgendwie meinen Lebensunterhalt verdienen und das hat mir die PR-Arbeit ermöglicht.“
„Und jetzt?“
„Jetzt braucht meine Mutter mich. Ich kann mich nicht bei irgendwelchen Sendern in Timbuktu bewerben, wo ich dann mit Werkstudenten konkurrieren muss.“
„Das klingt für mich nach einer Ausrede.“
Sie nahm ihm den Lebenslauf weg. „Halt den Mund und öffne den Rest deiner Post.“
„Ich habe eine bessere Idee.“
Er packte sie und zog sie für einen tiefen, innigen Kuss an sich. Als er sie wieder losließ, schaute sie sich schnell um, ob auch niemand es gesehen hatte. Bisher behielten sie ihre noch undefinierte Beziehung für sich. Nicht, weil irgendetwas damit nicht stimmte, sondern weil sie so neu und zerbrechlich war wie etwas, das unter dem ersten prüfenden Blick zerfallen könnte.
Das alljährliche Winterfest in Avalon fand seinen Höhepunkt wie immer in der großen Party im Gemeindehaus. Es handelte sich um eine Spendengala, auf der örtliche Gruppen aus den Bereichen Tanz, Musik und Gastronomie sich um das Wohl der Besucher kümmerten. Kim ging zusammen mit ihrer Mutter, Daphne und Dino hin. Als sie ihren Mantel an der Garderobe abgab, erfasste sie ein beklemmendes Gefühl.
„Was ist los?“, fragte ihre Mutter und reichte ihre Wolljacke über den Tresen.
In ihrem neuen Kleid sah Penelope an diesem Abend besonders hübsch aus. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und ihre Augen funkelten. Das Leben in diesem Städtchen schien ihr gut zu tun.
„Nichts“, sagte Kim. „Es ist nur … ich nehme es zurück. Es ist nicht nichts, es ist alles. Das alles bedeutet mir so viel“, gestand sie. „Das hätte ich nie erwartet. Ich bin hierher geflüchtet, um meine Wunden zu lecken und dann weiterzuziehen, doch nun hat sich alles anders entwickelt.
Ihre Mutter berührte ihre Hand. „Es ist so gekommen, wie es kommen sollte. Und darüber bin ich wirklich froh.“
Kim war ihrer Mutter für deren stetige, ruhige Unterstützung sehr dankbar. So war es schon ihr ganzes Leben lang gewesen, doch bis vor Kurzem hatte sie nicht gewusst, wie wichtig ihr das war. Bo Crutcher war in diesem Winter nicht ihr einziges Projekt. Sie war außerdem ihrer Mutter gegenüber eine Verpflichtung eingegangen. Sie standen sich jetzt näher und verstanden einander besser als jemals zuvor. Kim fühlte sich dadurch gleichzeitig mutig und unglaublich verletzlich. Sie beschloss, völlig ehrlich zu ihr zu sein.
„Seit meinem letzten Abend in L.A. bin ich auf keiner Party mehr gewesen“, sagte sie. „Ich weiß, das hier ist etwas ganz anderes, aber einen Moment lang erinnerte es mich daran.“
„Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war es keine schöne Erinnerung“, sagte Penelope und hakte sich bei ihr unter. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin an deiner Seite, meine Liebe.“
Gemeinsam betraten sie den Festsaal. An einem Ende war eine Bühne aufgebaut, über der ein Banner mit einem großen Logo hing: O’Donnell Industries. Der Besitzer der Hornets war zugleich Sponsor der Feier. Kim stellte augenblicklich fest, dass ihre Mutter recht hatte – das hier ähnelte in nichts den Partys, die sie gewohnt war. Die Leute posierten nicht und buhlten auch nicht um Aufmerksamkeit. Die Atmosphäre war entspannt. Es gab einen riesigen Kamin, dessen Feuer den altmodischen Saal in warmes Licht tauchte. Die langen Tische bogen sich, so beladen waren sie mit Speisen, und neben kalten Getränken und Kaffee gab es sogar Glühwein.
AJ war mit einigen seiner neuen Freunde aus der Schule da. Kim erkannte Vinny Romano und Tad unter ihnen. Sie lungerten am Buffet herum, stießen sich gegenseitig mit den Ellbogen an und bedienten sich am Knabberkram. Sie fing seinen Blick auf, und er winkte ihr zu. Dieses Lächeln würde eines Tages reihenweise Herzen brechen, genau wie das seines
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