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Nur Wenn Du Mich Liebst

Titel: Nur Wenn Du Mich Liebst Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Tod ihrer Mutter waren Chris, Barbara und Vicki jeden Tag vorbeigekommen, hatten ihr Gesellschaft geleistet, ihre Hand gehalten, zugehört, wenn sie reden wollte, und still neben ihr gesessen, wenn sie schweigen wollte. Sie hatten mit ihr geweint und sie zum Lachen gebracht, einen Partyservice bestellt, Kaffee gekocht und das Haus für den Empfang vorbereitet. Diane hatte natürlich gar nichts getan. Sie war zu aufgewühlt. Ihr war übel. Sie war nutzlos, entschied Susan. »Vicki hat Recht«, sagte sie jetzt. »Sie ist eine dumme Fotze.«
    Wieder quiekte Chris in einer seltsamen Mischung aus Empörung und Bewunderung auf. »Wisst ihr, dass ich das Wort noch nie laut gesagt habe«, gestand sie kichernd.
    »Hör doch auf«, sagte Vicki. »Dann sag es jetzt.«
    »Ich kann nicht.«
    Vicki sah sie erstaunt an. »Nach allem, was du mit deinem miesen Drecksschwein und beschissenen Oberwichser von einem Ehemann durchgemacht hast, schämst du dich, das Wort
Fotze
zu sagen?«
    Chris verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.«
    »Was?
Drecksschwein, Oberwichser
oder
Fotze

    »Hör auf!«
    »Guck dich mal an«, sagte Vicki lachend. »Du wirst ja rot wie ein kleines Mädchen. Los, sag es.«
    »Ich kann nicht.«
    »Ich habe es auch noch nie gesagt«, gestand Barbara einfältig.
    »Ihr habt noch nie
Fotze
gesagt? Das glaube ich einfach nicht. Los, sagt es. Ihr werdet sehen, es ist sehr befreiend. Sagt es zusammen, wenn ihr es nicht alleine könnt.«
    »Susan, wo bist du?« Der Klang von Dianes Stimme aus dem Nebenzimmer attackierte Susans Ohr.
    »Sagt es«, forderte Susan ihre Freundinnen auf. »Traut euch.«
    »Macht ihr ja doch nicht«, provozierte Vicki sie.
    Chris und Barbara fassten sich an den Händen, als wollten sie gemeinsam von einer hohen Klippe springen. »Fotze!«, riefen sie im Chor, als die Küchentür aufging und eine verdutzte Ariel auf der Schwelle stand.
    »Verzeihung?« Sie trug eine weiße Bluse und einen karierten Rock und sah, von der stacheligen Mähne aus lila und rosa Haaren einmal abgesehen, fast so aus wie ein normaler Teenager, der aus dem Internat nach Hause kommt und Milch und Kekse möchte.
    Die vier Frauen brachen in hilfloses Gelächter aus.
    »Mom? Alles in Ordnung, Mom?«
    Susan konnte sich nicht erinnern, wann sie Ariel zum letzten Mal so besorgt um ihr Wohlergehen gesehen hatte, und musste noch heftiger lachen. »Mir geht es gut, Schatz. Brauchst du irgendwas?«
    »Diane möchte noch eine Tasse Kaffee«, antwortete Ariel und trottete zu der Kaffeemaschine.
    »Ich fand deine Rede wundervoll«, sagte Chris mit unnormal hoher und schriller Stimme, als versuchte sie nach Kräften, einen Lachkrampf zu unterdrücken.
    Ariel musterte die Frauen argwöhnisch, als hätte sie Angst, sie könnten jeden Moment auf sie losgehen. »Danke«, sagte sie unsicher.
    »Wir haben nicht über dich geredet«, sagte Vicki in dem Bemühen, sie zu beruhigen, worauf sich die Frauen erneut vor Lachen bogen.
    »Was ist denn hier los?«, wollte eine andere Stimme wissen, die so schrill war, dass sie in den Ohren schmerzte.
    Susans jüngere Schwester fegte in den Raum wie ein geistesverwirrter Imker, der den Verlust seines Bienenstocks betrauert. Sie hatte ihre Schleier zurückgeschlagen und ihr schmales, von glattem, blondem Haar gerahmtes Antlitz entblößt. Flammend rote Lippen leuchteten in einem ansonsten aschfahlen Gesicht, und dunkle Augen funkelten empört, sodass Susan das Lachen im Hals stecken blieb.
    »Also wirklich, Susan, wir haben eben unsere Mutter beerdigt. Wie kannst du nur so respektlos sein? Wir haben dich ja noch im Nebenzimmer lachen hören.«
    Der Tadel traf Susan wie eine schallende Ohrfeige.
    »Respekt ist etwas, was man den Lebenden erweist«, sagte Vicki.
    »Manchmal hilft Lachen den Schmerz zu lindern«, fügte Chris hinzu.
    »Ist Ihnen nicht schrecklich heiß in den Sachen?«, fragte Barbara.
    »Arschloch«, murmelte Ariel.
    »Was?«, stotterte Diane. »Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte: ›Wo sind die Tassen noch?‹« Ariel präsentierte eine Tasse und wies auf den frisch gekochten Kaffee. »Oder willst du lieber einen Becher?«
    »Oh. Ein Becher wäre schön. Ich fühle mich ein wenig wackelig auf den Beinen. All die Leute, die unterhalten werden wollen.« Diane rückte ihren Hut zurecht. Der Schleier löste sich und fiel vor ihr Gesicht, sodass sie ihn ungeduldig wieder zurückschlug.
    »Ich glaube nicht, dass irgendwer erwartet,

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