Nuramon
Metall und ebenso wie die Waffen kunstvoll verziert. Bei jedem einzelnen Streiter dieses Gefolges mochte es sich um einen Wyrenar handeln. Auch der König selbst überraschte ihn – nicht wegen seiner Prunkrüstung, des schweren Mantels und des Strategenstabes, sondern wegen seiner Erscheinung selbst. Alle Erzählungen, die Nuramon von Mirugil kannte, ließen den König in einem düsteren Licht erscheinen, und so hatte er einen älteren, gesetzteren Mann erwartet. Stattdessen stand ihm ein Mann um die dreißig gegenüber, mit ebenen Zügen, dichtem braunem Haar, gestutztem Bart und einem Lächeln. Yangor passte mit seinem spitzen Kinn und den dichten, buschigen Brauen viel besser auf die Vorstellung, die sich Nuramon von dem varmulischen König gemacht hatte, als der Herrscher selbst.
Nuramon fiel auf, dass der König nicht blinzelte. Nicht während er Yangor musterte, nicht während er den Blick Nuramon zuwandte. Erst als er Luft holte, um zu sprechen, fächerten die Augenlider. »Sei gegrüßt, Yangor Yurgaru«, sagte er, und selbst seine Stimme klang wie die eines gütigen Herrschers.
»Willkommen in den Syardoren«, entgegnete Yangor.
König Mirugil grinste und wies auf den Eingang des Zeltes.
Im Innern bauten sich die Varmulier hinter ihrem Herrn am Ende eines roten Teppichs auf, der die Schlange Varmuls und den Kriegs hammer der Königsfamilie zeigte. Die Teredyrer stellten sich mit ihrem Gefangenen auf der anderen Seite auf. Nuramon stand direkt zur Rechten Yangors.
»Ihr habt Geiseln, die mir am Herzen liegen«, sagte Mirugil schließlich. »Und nun seid ihr gekommen, um euer Pfand einzulösen.«
Yangor winkte Nylma zu sich, und die Kriegerin führte Bjoremul näher an die Versammlung heran. »Als Zeichen unseres Wohlwollens geben wir einen der beiden Wyrenar frei.«
»Das wissen wir zu schätzen«, sagte der König, während sich Nylma daran machte, Bjoremuls Fesseln zu lösen. Schließlich schnitt die Kriegerin sie durch und wich von dem Wyrenar zurück.
Bjoremul trat an die Seite seines Königs, und sie flüsterten miteinander. Zwei weitere Krieger steckten ihre Köpfe dazu. Je länger Mirugil lauschte, desto mehr breitete sich Verwunderung in seinem Gesicht aus. Immer öfter wanderte sein Blick dabei Nuramon entgegen, und seine Miene wurde ernst. Als sich Bjoremul schließlich von dem König löste und von einem Kameraden ein Schwert samt Scheide und Gürtel erhalten hatte, nahmen die beiden Anführer auf dem Teppich Platz, zwischen ihnen das Wappen des Königreichs.
»Du überraschst mich, Yangor«, sagte König Mirugil. »Man erzählte sich in Werisar von einem Zauberheiler, doch solche Gerüchte schwirren überall herum, ohne dass sie sich je als wahr herausstellen. Aber nun scheint deine Stadt auf einen Schlag mächtig geworden zu sein.«
»Ich hoffe lediglich, dass diese Macht reicht, um zu einer Einigung zu kommen«, entgegnete der Stadtälteste.
»Und wie sollte eine solche Einigung deiner Meinung nach aussehen? Wie könntet ihr sicher sein, dass ich euch nicht wieder heimsuche, wenn ich das habe, was ihr mir genommen habt?«
Yangor schwieg.
»Wir müssen also ein Abkommen finden, das mir meinen Neffen zurückgibt und euch zugleich genug Sicherheit gewährt.«
»Ich bin lange genug auf der Welt, um zu wissen, dass Fürsten und Könige sich nicht um die Sicherheit ihrer Feinde kümmern«, sagte Yangor. »Reden wir also geradeheraus. Wir haben deinen Neffen und werden ihn für ein Friedensabkommen freilassen. Als Entschädigung möchten wir sieben varmulische Kisten Gold.«
Mirugil lachte. »Mir scheint, mit meiner gespielten Fürsorge hättest du ein weit besseres Ergebnis erzielt. Ein Abkommen? Sieben Kisten Gold? Wenn es das ist, so werden wir uns einig.«
»Nicht so rasch.« Yangor hob die Hand. »Ich möchte noch eine Warnung aussprechen. Dieses Mal lassen wir euren Heerführer frei. Wer den nächsten Zug gegen uns führt, wird nicht auf so viel Gnade hoffen dürfen.«
Mirugil starrte Yangor lange an. Nach einem knappen Blick zu Nuramon sagte er: »Du verfügst nun über eine mächtige Spielfigur im großen Ahnenspiel. Du könntest den Alvaru in meine Dienste geben. Solange er mir folgt, hättet ihr von mir nichts zu befürchten.«
Auf Bjoremuls Gesicht legte sich ein Lächeln, doch Nuramon verzog keine Miene. Er respektierte den Wyrenar zwar, doch dessen Herrn konnte er nicht leiden.
Yangor schien zu überlegen. »Er soll es selbst entscheiden«, sagte der Stadtälteste
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