Obduktion
mit dem Pummelchen sprechen!«
James schreckte zusammen und dachte daran, aufzulegen, aber seine Neugier hielt ihn davon ab.
»Hey Bruder!«, klang Shawns Stimme fröhlich aus dem Telefonhörer. »Wir haben den Jackpot geknackt!«
»Oh! Was habt ihr denn gefunden?«, fragte James mit vorgetäuschtem Desinteresse.
»Nicht eine Schriftrolle, sondern sogar drei. Und auf der größten von ihnen steht in griechischen Lettern SIMON-EVANGELIUM. Wir haben das Evangelium von Simon gefunden. Ist das nicht ein Knüller?«
»War das alles, was in dem Ossuarium war?«, fragte James mit einem kleinen Funken von Hoffnung.
»Nein, das war nicht alles, aber das kann Jack dir erzählen. Bis bald.«
Kurz darauf kam Jack wieder ans Telefon. »Das ist doch mal ein glücklicher Archäologe«, sagte Jack. »Ich bin sicher, er wollte nicht respektlos sein, falls du gehört hast, was er gesagt hat, als er mir den Hörer aus der Hand riss.«
»Jetzt sag schon, Jack, waren Knochen in dem Ossuarium? « Benimmregeln interessierten ihn im Moment nicht.
»Ja«, gab Jack zu. »Ich glaube sogar, dass es ein ziemlich gut erhaltenes ganzes Skelett mit Kopf und allem ist. Es könnte auch mehr als ein Skelett sein, aber es ist nur ein Schädel dabei.«
»Heilige Maria, Muttergottes«, murmelte James, mehr zu sich selbst als zu Jack. »Kann man erkennen, ob die Überreste menschlich sind?«
»Das würde ich schon meinen.«
»Was ist mit dem Geschlecht?«
»Das ist schon schwerer zu sagen. Der Beckenknochen ist zerbrochen. Damit würde ich es versuchen, aber als wir die Knochen im oberen Teil des Ossuariums fanden, habe ich sofort Alex Jaszek, den Chef der anthropologischen Abteilung, angerufen und ihn gebeten, rüberzukommen. Er ist gerade auf dem Weg hierher.«
»Du hast ihm doch nichts von der Jungfrau Maria gesagt, oder?«
»Natürlich nicht. Ich habe nur gesagt, dass wir ein Ossuarium aus dem ersten Jahrhundert geöffnet haben.«
»Gut«, sagte James, der überlegte, was er nun tun könnte. Es reizte ihn, selbst zum DNA-Labor zu fahren und sich die Reliquie anzusehen. Aber er hatte bereits das volle Ornat für seinen Mittagstermin angelegt, für den Fall, dass er am nächsten Tag auf dem Titelblatt der Times landen würde. Die Zeit war zu knapp, um sich für einen Besuch im Labor noch einmal umzuziehen.
»James, Shawn möchte dich noch einmal sprechen. Kann ich ihm den Hörer geben?«
»Ja, in Ordnung«, sagte er misstrauisch. Er nahm an, dass Shawn nachtreten wollte, nachdem er nun schon am Boden lag.
»Hey!«, sagte Shawn, der nun wieder am Apparat war. »Mir ist gerade eingefallen, dass heute dein Geburtstag ist! Herzlichen Glückwunsch, Eure Exzellente Eminenz.«
»Danke«, sagte James überrascht. Über all den Ärger, den ihm das Ossuarium und seine eventuellen Auswirkungen machten, hatte er seinen eigenen Geburtstag vergessen. Auch wenn er noch nie großen Wert auf diese Dinge gelegt hatte, wunderte er sich doch, warum auch seine Mitarbeiter nichts gesagt hatten. »Mein Titel lautet Eure Eminenz oder Eure Exzellenz«, maßregelte er Shawn, »aber was dich angeht, wäre mir James am liebsten.«
»Recht hast du«, sagte Shawn gleichgültig. »Ich mache dir einen Vorschlag. Wie wär’s, wenn wir drei heute Abend eine Party veranstalten würden, vorausgesetzt natürlich, du hast keine Verabredung zum Abendessen mit irgendeinem Präsidenten oder einem anderen hohen
Tier. Wir feiern deinen Geburtstag und unseren Sensationsfund gleichzeitig. Was meinst du? Die Kombination entbehrt zwar nicht einer gewissen Ironie, aber so ist eben das Leben.«
James’ erster Gedanke war, das Ansinnen kategorisch abzulehnen. Er hatte keine Lust, sich Shawns Angebereien und Enthüllungsgeschichten anzuhören. Je mehr er aber über die Einladung nachdachte, desto mehr dämmerte ihm, dass es gar keine so schlechte Idee wäre, diese Bürde auf seine Schultern zu nehmen. Er musste in den Köpfen aller Beteiligten von Anfang an eine gesunde Skepsis wecken und am Leben erhalten, wenn er die Hoffnung nicht aufgeben wollte, Shawn die Veröffentlichung irgendwelcher Informationen über die Jungfrau Maria ausreden zu können. Es war ein Wagnis, aber momentan war es die einzige Strategie, die ihm einfiel – außer beten.
»Ich dachte, ich könnte auf dem Nachhauseweg ein paar Steaks, Salat und einen köstlichen Rotwein besorgen«, fuhr Shawn fort, als von James keine Reaktion kam. »Wir könnten auf der Terrasse grillen. Was meinst du?«
Dass James
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