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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Fräulein Nadja, ich brauche den Beinschen Hebel und eine Knochenkürette.«
    »Ja, Herr Doktor. Ich hätte auch noch eine Arterienklemme und den Knochenmeißel im Angebot.«
    Krapf rann der Angstschweiß in Strömen herunter.
    »Oder willst du uns etwas sagen?«, fragte Boris.
    Krapf nickte heftig.
    »Es ist … ein spanischer Silberescudo –«
    »Falsche Antwort. Wie du willst. Nadja, die Knochenfräse bitte.«
     
    Bei der Psychofolter gestanden die meisten Delinquenten. Gegen Schmerz konnte man ankämpfen, gegen die Erwartung von Schmerzen nicht. Blöd nur, dass Krapf gar nichts zu gestehen hatte.

67 .
    Im Spielcasino des Kurortes. Gut gekleidete Gäste sitzen und stehen um den Spieltisch.
    Croupier Faites vos jeux!
    Die Spieler setzen ihre Jetons. Ein Mann mit Schnauzbart und schlecht sitzendem Anzug greift in seinen Rucksack, zieht eine Gemse heraus und wirft sie auf den Roulette-Tisch.
    Wilderer Gemse auf Rot!
    Croupier Rien ne va plus!

68 .
    »Verraten Sie mir bitte ein Geheimnis, Nicole«, sagte Maria im Vorraum des Polizeireviers, »wie haben Sie Dombrowski oben in der Höllentalklamm erkannt? Wie konnten Sie so schnell reagieren?«
    Nicoles Augen leuchteten.
    »Es kamen mehrere auffällige Dinge zusammen«, sagte sie mit einem gehörigen Anflug von Stolz. »Jedes für sich wäre unbedeutend gewesen. Aber alle zusammen haben mich stutzig gemacht. Dombrowski hatte sich drei Kamerataschen umgehängt, locker und lässig wie ein Fotograf. Ich hatte aber den Eindruck, als würden sie ihn stören. Er nahm auch keine der Kameras in die Hand. Außerdem bewegte er sich nicht wie ein Fotograf, er bewegte sich zu – wie soll ich sagen – zu soldatisch, zu durchtrainiert. Dann äugte er dauernd in die Richtung von Weißenborn. Er tat das nicht offen, wie es Journalisten oder Neugierige tun, er versuchte das eher zu verbergen. Dann redete er mich in irgendeiner Sprache an, die ich nicht verstand, vielleicht war es Russisch. Ich antwortete in einem improvisierten Kauderwelsch – und er antwortete mir! Schließlich versuchte er dauernd, mich aus der Linie zwischen ihm und Weißenborn zu bringen, am Ende sogar noch mit dem allerprimitivsten Trick: Er zeigte plötzlich aufgeregt nach oben, um mich abzulenken. Spätestens da fasste ich den Entschluss, den BKA ’ler in Sicherheit zu bringen.«
    »Und es war gerade noch rechtzeitig! Kompliment!«
    »Und Sie, Maria? Welcher Teufel hat Sie geritten, Arri festzuhalten? Ein Bauchgefühl?«
    »Ich und ein Bauchgefühl? Gott bewahre! Ich habe die Handgranate an seinem Gürtel baumeln sehen. Er wollte runterspringen und sie raufwerfen. Ich wollte ihn nur zum Stolpern bringen. Aber er versuchte mich abzuschütteln und hat nach mir getreten. Da bin ich sauer geworden. – Bauchgefühl! So was!«
     
    Alle hatten nur ein paar Stunden geschlafen, und man konnte jedem die Strapazen des gestrigen Tages deutlich ansehen. Trotzdem trafen alle Punkt acht im Besprechungszimmer ein. Es war niemand dabei, der nicht irgendwelche Blessuren davongetragen hatte, man sah Pflaster, verbundene Hände, die meisten hinkten zu ihrem Platz.
    »Einen schönen guten Morgen«, begrüßte Jennerwein sein Team. »Sie werden verstehen, dass ich mir blumige Worte erspare – mein Dank an Sie alle ist umso ehrlicher und herzlicher. Pro forma haben wir den Auftrag erfüllt: Weißenborn ist befreit, und Dombrowski ist gefasst. Aber Sie wissen selbst, dass noch einige Fragen offen sind.«
    Hölleisen kam mit einem Stoß Blätter herein und wedelte damit herum.
    »Entschuldigen Sie, Chef, bevor die Besprechung beginnt, bitte ich Sie alle, sich das einmal anzusehen.«
    »Nur her damit.«
    »Sie wissen, dass ich jedes Schriftstück, das ich bekomme, genau prüfe, bevor ich Sie damit behellige. Diese Mail hier sieht mir nun nicht nach einem Trittbrettfahrer oder Wichtigtuer aus. Es scheint mir ein echter Hilferuf zu sein. Die Mail wurde von einem registrierten Rechner abgeschickt, ich habe das schon nachgeprüft. Der Absender hat so etwas Ähnliches wie eine Totmannschaltung installiert. Der Benutzer muss, während der Computer hochfährt, ein Kennwort eingeben. Wenn er das nicht macht, sendet der Computer automatisch eine Mail, einen Hilferuf an eine bestimmte Adresse. In diesem Fall kam der stille Alarm bei uns an.«
    Alle beugten sich über den Brief.
    Sehr geehrter Herr Hauptkommissar Jennerwein,
    mein Name ist Oliver Krapf, und während ich das hier schreibe, geht es mir gut. Wenn Sie das hingegen

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