Oberwasser
geprüft?«
»Ja, aber auch das hat bisher wenig gebracht«, sagte Ostler unzufrieden. »Gut, wir haben ganz nebenbei zwei oder drei Dutzend Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aufgespürt: Illegal beschäftigte Dienstmädchen, Grenzsteinverrückungen, abenteuerliche Schwarzbauten, nicht angemeldeter Waffenbesitz, der sich angeblich noch mit Opas Schützenvereinsmitgliedschaft erklären lässt – und so weiter.«
»Und schließlich und endlich haben wir auch noch einen verletzten Beamten«, sagte Jennerwein und wandte sich Nicole Schwattke zu. »Wie geht es denn Ihrem Mann, Nicole?«
»Er hat eine Riesenbeule, und er hat eine Nacht im Wald hinter sich. Ansonsten geht es ihm gut, er lässt schön grüßen. Er ist schon wieder in der Pension.«
»Konnte er etwas über die geheimnisvollen Entführer sagen?«
»Nein, die bleiben geheimnisvoll. Sie waren maskiert. Es waren zwei Frauen, vielleicht auch noch ein Mann. Er ist sich sicher, dass sie körperlich gut ausgebildet waren: Vielleicht Polizisten, vielleicht Soldaten. Die wenigen Bewegungen, die er mitbekommen hat, waren fließend und kraftvoll.«
»Vielleicht irgendwelche Outdoor-Event-Freaks oder Extremsportler«, warf Ostler ein, »die auf einen abenteuerlichen Kick aus waren?«
»Die Waffen waren jedenfalls echt«, fuhr Nicole fort. »Und er glaubt, dass er bei der Autofahrt den Namen Dombrowski gehört hat. Da ist er sich aber nicht ganz sicher.«
»Gut, das klingt nicht ganz so schlecht. – Ich werde Ihren Mann gleich nochmals befragen«, sagte Jennerwein. »Und jetzt zu Ihnen, Maria. Sie haben uns ja einen reizenden Abend beschert! Über Ihren Alleingang will ich jetzt gar nicht reden. Das nächste Mal möchte ich jedenfalls von solchen Aktionen wissen.«
Maria nickte schuldbewusst.
»Wie geht es Fritz?«
Stengele murmelte etwas von
Sauviech, verrecktes
.
»Er ist mit Ammoniak in Berührung gekommen. Irgendein Schwein muss einen Toilettenstein ins Gras geworfen haben, da hat er die Spur verloren.«
»Wenn er überhaupt eine Spur aufgenommen hat!«, belferte Stengele. »Das bringt doch nichts! Überall, wo sich was rührt, läuft der halt hin.«
»Stengele, Sie sind befangen«, sagte Maria.
Maria hatte Fritz im Kurpark gefunden. Er lag, äußerlich zwar unverletzt, aber doch winselnd in einem Blumenbeet. Der herbeigerufene Stengele wollte ihn von dem Stofffetzen trennen, in den er festgebissen war, er hatte ihn am Nackenfell gepackt – und war in die Allgäuer Wadeln gebissen worden. Natürlich war Stengele befangen.
»Haben Sie einen der beiden Männer erkannt, die das Konzert frühzeitig verlassen haben?«, fragte Jennerwein.
»Nein, leider nicht«, entgegnete Maria. »Ich weiß nicht einmal, ob es Männer waren. Es war schummriges Licht, die Gesichter habe ich nicht gesehen. Und die Sicht war mir durch andere Zuhörer verdeckt.«
»Gut«, sagte Jennerwein energisch. »Ich stelle also fest: Die bisherigen Ansätze haben noch keine sichtbaren Erfolge gebracht. Die Zeit läuft uns davon. Wir müssen die beiden Beamten innerhalb der nächsten zwei Tage aufspüren, wenn wir sie noch lebend finden wollen. Und das wollen wir ja schließlich. Wir arbeiten also auf Hochtouren. Alle.«
»Das tun wir doch jetzt sch-«, murrte Nicole.
Dritter scharfer Blick von Jennerwein.
Nicole hatte darauf angespielt, dass sie einen Großteil der Nacht damit verbracht hatte, den Kurpark nach weiteren Spuren der beiden Männer abzusuchen. Ohne Ergebnis.
»Ich habe Dr. Rosenberger um personelle Unterstützung gebeten. Abgelehnt. Rauchpause.«
Jennerwein sah auf die Uhr. Der Zeiger stand immer noch auf acht. Doch die Uhr war nicht stehengeblieben. Das Bild in seinem Kopf war stehengeblieben. Er hatte wieder einen seiner Akinetopsie-Anfälle gehabt. Er konnte inzwischen ganz gut damit leben, denn er bildete sich ein, die Krankheit halbwegs im Griff zu haben. Eines Tages würde er sie ganz besiegen. Wenn dieser Fall abgeschlossen war, würde er es endlich anpacken.
Die Rauchpause fand traditionell draußen auf der Veranda hinter dem Polizeirevier statt. Niemand rauchte, alle genossen vielmehr den spektakulären Ausblick auf den nahen Wald. Es war ein idealer Platz zum Ideenfassen, Kraftschöpfen, Durchatmen und nochmals von vorne Beginnen. Die Rückwand des Gebäudes war von üppigen Tomatensträuchern bedeckt, sie rankten sich hoch bis zu den Fenstern. Die ersten frühen Früchte färbten sich rot, eine Tomate war hinuntergefallen und auf dem
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