Oberwasser
den Anblick offenbar gewohnt.
Ein Trachtler Da schau hin, der Scheich ist wieder in der Gemeinde!
Ein zweiter Trachtler Schön, die Jugendplattelgruppe hat er ja auch schon gesponsert.
Zwei der verschleierten Damen tuscheln miteinander.
Dschamila Ist das da vorne Fatima?
Basma Nein, Fatima ist gar nicht mitgegangen.
Dschamila Wer ist es dann?
Basma Vielleicht ist es Siham.
Dschamila Siham geht da drüben auf der anderen Seite.
Basma Oder Dschamila.
Dschamila Dschamila bin doch ich.
Basma Dann ist das da vorn keine von uns.
Sie zieht ein Smartphone heraus, wählt eine Nummer und spricht. Nach kurzer Zeit fährt ein Polizeiauto mit quietschenden Reifen in die Fußgängerzone. Zwei Beamte in Zivil springen heraus und stürzen sich auf die Frau. Einer reißt ihr den Gesichtsschleier herunter.
Die Frau Was erlauben Sie sich!
Eine zweite verschleierte Frau Den Düwel ook, dat war knapp!
44 .
Der kleine Zeiger der Uhr im Besprechungszimmer sprang gerade auf acht, als Johann Ostler die Frühstücksemmeln, die er liebevoll mit Wurst, Käse und Marmelade bestrichen hatte, auf einem großen Teller hereinbrachte. Ludwig Stengele hinkte hinter ihm her und ließ sich missgelaunt auf einem Stuhl nieder. Alle anderen Teammitglieder saßen schon.
»Sind wir jetzt wieder vollständig?«, sagte Jennerwein. »Dann können wir ja die unterbrochene Nachtbesprechung von gestern fortsetzen.«
Er machte eine unwirsche Handbewegung.
»So etwas habe ich ja in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt.«
Das Team der Mordkommission IV hatte ihren Chef tatsächlich noch nie so sauer gesehen. Sie hatten jetzt schon mehrere Fälle zusammen gelöst, hatten ihn als zielstrebigen, manchmal verbissen arbeitenden Chef kennengelernt, der nie aufgab. Jetzt aber war er anscheinend kurz davor, die Nerven zu verlieren. Jennerwein starrte auf das Zifferblatt, als käme die Lösung des Falls von dort oben. Rasch löste er den Blick, es schien, als würde er etwas abschütteln.
»So schlimm ist es auch wieder nicht, Chef«, versuchte Ostler zu beruhigen. »Wir haben doch einige Ergebnisse –«
»Dann will ich unsere sogenannten Ergebnisse einmal zusammenfassen: Die Untergrund-Aktion des Ehepaars Stengele/Schmalfuß hat zwar drei Schwarzarbeiter aufgestöbert und einen schweren Fall von Pfusch am Bau aufgedeckt – aber keine Spur von versteckten Hohlräumen, geheimen Zugängen und konspirativen Wohnungen geliefert.«
»Zumindest können wir dieses obskure Luxushotel als Versteck jetzt ausschließen«, sagte Stengele, ein bisschen kleinlaut. Aber nur ein bisschen. Denn hat schon mal jemand einen dauerhaft kleinlauten Allgäuer gesehen?
»Gisela hat ebenfalls ihr Bestes getan«, warf Becker ein. »Aber auch sie ist in der unterirdischen Betonröhre, die durch den Ort verläuft, auf keinerlei Auffälligkeiten gestoßen, die mit unserem Fall zusammenhängen.«
»Auch die aufwendige Tauchaktion ist ein Fehlschlag auf der ganzen Linie«, sagte Jennerwein. »Und um diesen Hartl Peter, den Schwarzbrenner, Wildfleischhehler und Opiumdealer kümmern wir uns später.«
»Die Schmalznudeln waren gut, das muss man ihm lassen«, bemerkte Nicole Schwattke. Sie fing sich einen strengen Blick von Jennerwein ein.
»Illegale Aktionen, wohin man sieht, und wir können nicht eingreifen«, nickte Ludwig Stengele. »Aber das ist nun mal so bei verdeckten Operationen.«
»Des Weiteren«, fuhr Jennerwein fort, »haben wir die mysteriöse Quelle unter der Kirche. Ich habe nochmals mit dem Pfarrer gesprochen. Was heißt gesprochen – in diesem Fall habe
ich
ihm einmal die Beichte abgenommen. Er hat zugegeben, das Rinnsal vor ein paar Jahren entdeckt zu haben. Er hatte vor, die Sache solange geheim halten, bis er sich ganz sicher war, dass es eine Sulfat-Nitrit-Wasweißich-Heilquelle ist, die eine Chance auf staatliche Anerkennung hat.«
»Dann hätte er es groß vermarkten können«, sagte Ostler zustimmend. »Er hätte die Nutzungsrechte an Hoteliers verkauft, kein Mensch hätte mehr von einer Skischanze und einer Maria Riesch geredet – sondern nur noch von der Heilquelle und dem Pfarrer Hammer.«
»Ja, dieser Hammer ist ein Fuchs«, sagte Jennerwein. »Aber ein Unterstützer des organisierten Verbrechens ist er nicht.«
»Wieso nicht?«, sagte Nicole frech. »Er ist doch Mitglied der katholischen Kirche!«
Zweiter scharfer Blick von Jennerwein.
»Ostler, haben Sie die Hinweise aus der Bevölkerung noch einmal durchgesiebt und
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