Oblomow
direkt zum Essen, und jetzt geht es erst auf ein Uhr.«
»Ich bin absichtlich früher gekommen, um zu erfahren, was heute für ein Mittagessen ist. Du fütterst mich immer mit elendem Zeug, ich möchte also erfahren, was du für heute bestellt hast.«
»Frage in der Küche nach«, sagte Oblomow.
Tarantjew ging hinaus.
»Aber was ist denn das!« sagte er, als er zurückkam, »Rindfleisch und Kalbsbraten. Ach, Bruder Oblomow, du verstehst nicht zu leben und bist noch dabei Gutsbesitzer! Was bist du für ein Edelmann? Du lebst wie ein Kleinbürger; du verstehst es nicht, einen Freund zu bewirten! Nun, hast du Madeira gekauft?«
»Ich weiß nicht, frage Sachar«, sagte Oblomow, fast ohne ihm zuzuhören, »es ist gewiß Wein da.«
»Der frühere deutsche? Nein, laß einen in der englischen Handlung kaufen.«
»Dieser ist auch gut genug«, sagte Oblomow, »sonst muß ich noch hinschicken!«
»Gib mir Geld, ich gehe vorüber und bringe eine Flasche mit; ich muß noch einen Gang machen.«
Oblomow wühlte in der Schublade herum und nahm einen roten Zehnrubelschein heraus, wie man sie damals hatte.
»Madeira kostet sieben Rubel«, sagte Oblomow, »und hier sind zehn.«
»Gib nur alles her: man wechselt es dort, habe keine Angst!«
Er riß den Schein Oblomow aus der Hand und versteckte ihn schnell in seiner Tasche.
»Nun, ich gehe«, sagte Tarantjew, den Hut aufsetzend, »ich komme um fünf Uhr wieder; man hat mir eine Anstellung bei der Akzise versprochen und hat gesagt, ich soll mich erkundigen ... Übrigens, hör einmal, Ilja Iljitsch: willst du heute nicht einen Wagen mieten, um nach Jekaterinhof zu fahren? Du könntest auch mich mitnehmen.«
Oblomow schüttelte verneinend den Kopf.
»Bist du zu faul, oder ist es dir um das Geld zu schade? Ach, du Mehlsack!« sagte er. »Nun, vorläufig adieu ...«
»Warte, Michej Andreitsch«, unterbrach ihn Oblomow, »ich muß mich über einiges mit dir beraten.«
»Was hast du denn? Sprich schnell; ich hab' keine Zeit.«
»Mich hat ein doppeltes Malheur betroffen. Man jagt mich aus der Wohnung hinaus ...«
»Du zahlst wohl nicht; sie haben schon recht!« sagte Tarantjew und wollte gehen.
»Was fällt dir ein! Ich zahle immer im voraus. Nein, man will die Wohnung umbauen ... Aber warte doch! Wohin gehst du? Rate mir, was ich tun soll: man drängt mich, ich soll in einer Woche ausziehen ...«
»Warum soll ich eigentlich dein Ratgeber sein? ... Was bildest du dir eigentlich ein ...«
»Ich bilde mir gar nichts ein«, sagte Oblomow, »lärme nicht und schreie nicht, denke lieber darüber nach, was zu tun ist. Du bist ein praktischer Mensch ...«
Tarantjew hörte ihm nicht mehr zu und überlegte sich etwas.
»Nun, also meinetwegen; bedanke dich bei mir«, sagte er, sich setzend und den Hut abnehmend, »und laß beim Mittagessen Champagner servieren: deine Angelegenheit ist erledigt.«
»Wie denn?« fragte Oblomow.
»Gibst du mir Champagner?«
»Also gut, wenn dein Rat so viel wert ist ...«
»Du bist ja gar nicht wert, daß ich dir einen Rat gebe. Warum soll ich dir denn umsonst raten? Frage doch diesen da«, fügte er auf Alexejew hinweisend hinzu, »oder seinen Verwandten.«
»Aber so laß doch gut sein und sprich!« bat Oblomow.
»Also hör zu: du ziehst noch morgen aus ...«
»Das hast du dir ausgedacht? Soviel habe ich auch selbst gewußt ...«
»Warte, unterbrich mich nicht!« schrie Tarantjew ihn an. »Übersiedle morgen in das Haus meiner Gevatterin, auf der Wiborgskajastraße ...«
»Das ist aber etwas ganz Neues, auf die Wiborgskajastraße! Man sagt, daß dort im Winter die Wölfe herumlaufen.«
»Es kommt vor, daß sie von den Inseln herüberlaufen, was geht das dich an?«
»Es ist dort langweilig und öde, und niemand kommt hin.«
»Das ist nicht wahr! Dort wohnt meine Gevatterin; sie hat ihr eigenes Haus mit großem Gemüsegarten. Sie ist eine vornehme Frau, eine Witwe mit zwei Kindern; mit ihr zusammen lebt ihr lediger Bruder; der hat einen ganz anderen Verstand als dieser da in der Ecke«, sagte er, auf Alexejew hinweisend, »da sind wir beide nichts dagegen!«
»Was geht das alles mich an?« sagte Oblomow ungeduldig. »Ich werde nicht dorthin ziehen.«
»Wir werden einmal sehen, ob du nicht dorthin ziehen wirst. Nein, wenn du um Rat bittest, mußt du auch darauf hören, was man dir sagt.«
»Ich werde nicht ausziehen«, sagte Oblomow entschlossen.
»Nun, dann geh zum Teufel!« antwortete Tarantjew, sich seinen Hut aufstülpend, und
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