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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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Was für Kälber wurden dort zu den Feiertagen gemästet! Was für Geflügel gezogen! Was für Erwägungen und Kenntnisse, welche Sorgfalt wurden bei dessen Behandlung angewendet! Die Truthühner und Küchlein, die für Namensfeste oder andere feierliche Tage bestimmt waren, wurden mit Nüssen gemästet; die Gänse wurden jeder Möglichkeit sich zu bewegen beraubt; man ließ sie ein paar Tage vor dem Feiertag unbeweglich im Sack hängen, damit sie vor Fett trieften. Was für gesottene, gesalzene und gebackene Konserven gab es dort! Was für Honig, was für Kwaß wurde dort gekocht, was für Pirogen wurden in Oblomowka gebacken!
    So arbeitete und mühte sich alles im Laufe des Vormittags ab und führte so ein wahres Ameisenleben. Diese arbeitsamen Ameisen kannten auch an Sonn- und Feiertagen keine Ruhe; dann ertönte das Klopfen der Messer in der Küche noch lauter und öfter; die Frau wiederholte ein paarmal die Reise aus der Vorratskammer in die Küche mit einer doppelten Quantität von Mehl und Eiern; auf dem Geflügelhof gab es häufigeres Stöhnen und Blutvergießen. Man backte eine Riesenpiroge, die von den Herrschaften selbst noch am folgenden Tage gegessen wurde; am dritten und vierten Tag gingen die Reste in die Mägdekammer über; die Piroge lebte noch am Freitag, und ein ganz altbackenes Ende davon, ohne jede Füllung wurde als Zeichen besonderer Gnade Antip überlassen, der, nachdem er sich bekreuzigt hatte, diese interessante Versteinerung furchtlos, mit lautem Krachen zerstörte, indem er weniger aus der Piroge selbst, als aus dem Bewußtsein, daß es eine herrschaftliche Piroge sei, Genuß zog, wie ein Archäologe, der mit Vergnügen einen schlechten Wein aus den Scherben irgendeines tausendjährigen Geschirrs trinkt.
    Und das Kind sah alles und beobachtete alles mit seinem kindlichen, nichts auslassenden Verstand. Es sah, wie nach dem in nützlicher Arbeit verbrachten Morgen die Mittagsstunde kam. Der Mittag ist heiß; kein Wölkchen ist am Himmel. Die Sonne steht reglos über dem Kopfe und sengt das Gras. Durch die Luft geht ein Windhauch, und sie ist schon ohne Bewegung erstarrt. Weder ein Baum noch das Wasser regt sich; über dem Dorf und dem Feld lagert vollkommene Stille – alles scheint ausgestorben zu sein. Die menschliche Stimme tönt laut und weit in die Leere. Man hört in einer Entfernung von zwanzig Klaftern einen Käfer fliegen und summen, und im dichten Gras schnarcht immer etwas, als hätte sich jemand hingelagert und schlafe süß.
    Auch im Hause herrscht Totenstille. Es ist die Stunde des allgemeinen Nachmittagsschlafes angebrochen. Das Kind sieht, daß Vater und Mutter, die uralte Tante und der ganze Hofstaat sich jeder in seine Ecke begeben haben; und wer keine besitzt, geht auf den Heuboden, ein anderer in den Garten, ein dritter sucht im Vorhaus Kühlung, und mancher deckt sich vor den Fliegen das Gesicht mit einem Tuche zu und schläft dort ein, wo ihn die Hitze und das umfangreiche Mittagessen zu Boden gestreckt haben. Der Gärtner hat sich im Garten unter einem Busch, neben seinem Brecheisen hingelegt, und der Kutscher schläft im Stall. Ilja Iljitsch schaute in die Gesindestube hinein; dort lagen alle auf den Bänken, auf dem Fußboden umher, die Kinder sich selbst überlassend; diese krochen auf dem Hofe herum und wühlten im Sand. Auch die Hunde hatten sich tief in ihre Hütten verkrochen, da sie ja niemand anzubellen hatten. Man konnte durch das ganze Haus gehen, ohne jemand zu begegnen; man konnte getrost alles herausstehlen und auf Fuhren von dem Hofe fortführen; niemand würde daran gehindert haben, wenn es in jener Gegend Diebe gegeben hätte. Das war ein alles verschlingender, unbezwingbarer Schlaf, das wahre Ebenbild des Todes. Alles ist tot; aus den Ecken dringt das verschiedenartige Schnarchen in allen Tönen und Arten herüber. Ab und zu hebt jemand im Schlaf den Kopf, blickt sinnlos und erstaunt nach allen Richtungen hin und dreht sich auf die andere Seite um oder spuckt, ohne die Augen zu öffnen, im Schlafe aus, schmatzt mit den Lippen oder brummt etwas durch die Nase und schläft wieder ein. Ein zweiter springt rasch, ohne irgendwelche vorhergehende Vorbereitungen mit beiden Füßen vom Lager auf, als fürchte er, die kostbaren Augenblicke zu verlieren, greift nach dem Krug mit Kwaß, und nachdem er die darin schwimmenden Fliegen so zurückgeblasen hat, daß sie zum andern Rand weggeschwemmt werden – wovon die bis dahin reglosen Insekten sich in der Hoffnung

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