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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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Das Mittagessen und der Schlaf haben einen unstillbaren Durst erzeugt. Der Durst sengt die Kehle; jeder trinkt bis zu zwölf Schalen Tee, doch auch das hilft nicht. Man seufzt und stöhnt; man nimmt zum Preiselbeer- und Birnenwasser und zum Kwaß Zuflucht. Manche helfen sich auch mit Medikamenten, um nur die Trockenheit in der Kehle zu beheben. Alle suchen Befreiung vom Durste wie von einer Strafe Gottes; alle rennen herum, alle sind ermattet wie eine Karawane von Reisenden in der arabischen Wüste, die nirgends eine Wasserquelle findet.
    Das Kind ist auch hier, bei seiner Mama. Es betrachtet die es umgebenden, seltsamen Gesichter und lauscht ihrem schläfrigen, trägen Gespräche. Es findet es lustig, sie anzuschauen, ein jeder von ihnen gesprochene Unsinn interessiert es. Nach dem Tee beschäftigen sich alle mit irgend etwas. Der eine geht zum Fluß und schreitet langsam am Ufer entlang, indem er mit dem Fuße Steine ins Wasser wirft; ein zweiter setzt sich ans Fenster und fängt jede flüchtige Erscheinung mit den Augen auf. Wenn eine Katze über den Hof läuft oder eine Dohle vorbeifliegt, verfolgt der Beobachter die eine und die andere mit dem Blicke und mit seiner Nasenspitze, indem er den Kopf bald nach rechts, bald nach links wendet. So lieben manchmal Hunde ganze Tage lang am Fenster zu sitzen, indem sie den Kopf in die Sonne legen und jeden Vorübergehenden genau mustern. Die Mutter erfaßt Iljuschas Kopf, legt ihn auf ihre Knie und kämmt ihm langsam das Haar, indem sie dessen Weichheit bewundert und auch Nastassja Iwanowna und Stjepanida Tichonowna bewundern läßt, und spricht mit ihnen von Iljuschas Zukunft, wobei sie ihn zum Helden irgendeiner von ihr erdichteten, glänzenden Episode macht. Die Anwesenden versprechen ihm goldene Berge.
    Doch es fing zu dunkeln an. In der Küche prasselte wieder das Feuer und ertönte wieder das häufige Klopfen der Messer. Das Nachtessen wurde zubereitet. Die Dienerschaft hatte sich am Haustor versammelt, man hörte dort lachen und Balalaika spielen. Man spielte Haschen. Und die Sonne verbarg sich schon hinter dem Wald; sie warf noch ein paar warme Strahlen zurück, welche den ganzen Wald in einem feurigen Streifen durchschnitten und die Wipfel der Fichten in helles Gold tauchten. Dann erloschen die Strahlen allmählich. Der letzte Strahl hing so lange, er bohrte sich wie eine feine Nadel in das Dickicht der Zweige; doch auch er erlosch. Die Gegenstände verloren ihre Formen. Alles verschwamm zuerst in eine graue und dann in eine dunkle Masse. Das Singen der Vögel wurde immer schwächer, bald verstummten sie ganz, außer einem einzigen eigensinnigen, der gleichsam allen zum Trotze inmitten der ringsherum herrschenden Stille in Zwischenräumen eintönig allein zirpte; doch dann ertönte sein Zirpen immer seltener, und endlich pfiff auch er zum letzten Male, schwach und tonlos, regte seine Flügel, indem er die Blätter um sich herum in Bewegung brachte ... und schlief ein. Alles verstummte. Nur die Grillen zirpten noch lauter um die Wette. Von der Erde stiegen weiße Dämpfe auf und breiteten sich über die Wiese und den Fluß aus. Auch der Fluß wurde ruhiger, nach einer Weile plätscherte darin etwas zum letzten Male auf, und er regte sich nicht mehr. Es roch nach Feuchtigkeit. Es wurde immer dunkler und dunkler.
    Die Bäume gruppierten sich zu Ungeheuern zusammen; im Walde wurde es unheimlich. Dort knarrte plötzlich etwas, als wechselte eines von den Ungeheuern den Platz, und ein trockener Zweig schien unter seinem Fuße zu knistern. Am Himmel leuchtete gleich einem lebendigen Auge der erste Stern hell auf, und in den Fenstern des Hauses schimmerten Lichter.
    Jetzt traten die Minuten der allgemeinen, feierlichen Stille in der Natur ein, jene Minuten, in denen der schöpferische Geist intensiver arbeitet und die poetischen Träume heißer lodern, in denen die Leidenschaften im Herzen heftiger flammen oder der Gram schmerzlicher wird und der Keim des verbrecherischen Gedankens schneller reift und in denen ... in Oblomowka alle so fest und ruhig schlafen.
    »Mama, komm spazieren«, sagt Iljuscha.
    »Was dir einfällt, Gott sei mit dir! Wie kann man denn jetzt spazierengehen«, antwortete sie, »es ist feucht, du wirst nasse Füßchen bekommen; es ist auch gruselig, jetzt geht der Unhold durch den Wald, er trägt die kleinen Kinder fort.«
    »Wohin trägt er sie fort? Wie ist er? Wo wohnt er?« fragte das Kind.
    Und die Mutter ließ ihrer Phantasie freien Lauf. Das

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