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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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ihm folgen Wassjka, Mitjka, Wanjka – sie laufen alle bestürzt auf dem Hof herum. Ihnen rennen, sie bei den Fersen packend, zwei Hunde nach, welche bekanntlich einen Menschen nicht gleichgültig laufen sehen können. Die Burschen stürzen schreiend und stöhnend und die Hunde bellend durch das Dorf hin. Endlich stoßen sie aufeinander und beginnen Gericht zu halten. Der eine wird bei den Haaren gepackt, der andere bei den Ohren, es werden Hiebe ausgeteilt; man droht auch ihren Vätern! Dann bemächtigt man sich des jungen Herrn, wickelt ihn in den mitgebrachten Schafpelz, dann in den Rock des Vaters und in zwei Decken ein und bringt ihn feierlich nach Hause. Zu Hause hatte man schon die Hoffnung verloren, ihn zu sehen, da man ihn für verloren hielt; doch als die Eltern ihn lebend und unversehrt erblicken, ist ihre Freude unbeschreiblich. Man dankte Gott, gab ihm Pfefferminz-, dann Holunder- und abends Himbeertee zu trinken und hielt ihn drei Tage lang im Bett, während ihm nur eines hätte nützen können: wieder Schneeball zu spielen ...
Fußnoten
    1 Häufig wiederkehrende Beschwörungsformeln in russischen Märchen.

    2 Sjemik = Donnerstag nach Ostern, Feiertag.

    3 Komödientypen aus »Muttersöhnchen« von Fonwisin.

Zehntes Kapitel
    Sowie Ilja Iljitschs Schnarchen Sachars Ohr erreicht hatte, sprang er vorsichtig ohne Lärm von der Ofenbank herab, ging auf den Fußspitzen ins Vorhaus, schloß den Herrn ein und begab sich zum Haustor hin.
    »Ah, Sachar Trofimitsch, willkommen! Man sieht Sie so lange nicht mehr!« sagten die Kutscher, Lakaien, Frauen und Kinder am Haustor.
    »Was ist denn mit dem Ihrigen? Ist er fortgegangen?« fragte der Hausbesorger.
    »Er schnarcht«, sagte Sachar düster.
    »Wieso denn?« fragte der Kutscher, »ich glaube, um diese Zeit ist es ja noch zu früh ... ist er krank?«
    »Aber gar keine Spur! Er ist besoffen!« sagte Sachar mit einer solchen Stimme, als wäre er auch selbst davon überzeugt. »Werden Sie es glauben? Er hat allein anderthalb Flaschen Madeira und zwei Seidel Kwaß getrunken, und jetzt liegt er da.«
    »Ach ja!« sagte der Kutscher voller Neid.
    »Was ist denn heute mit ihm geschehen?« fragte eine von den Frauen.
    »Nein, Tatjana Iwanowna«, antwortete Sachar, nachdem er ihr einen seiner einseitigen Blicke zugeworfen hatte, »das ist nicht nur heute; er taugt über haupt gar nichts mehr – es ekelt einen, mit ihm zu sprechen!«
    »Er ist wohl so wie meine Gnädige!« bemerkte sie seufzend.
    »Wie ist's, Tatjana Iwanowna, fährt sie heute irgendwohin«, fragte der Kutscher, »ich hätte hier in der Nähe einen Gang zu machen!«
    »Wo denken Sie hin!« antwortete Tatjana, »sie sitzt mit ihrem Herzallerliebsten, und die beiden können sich aneinander nicht satt sehen.«
    »Er kommt oft zu euch«, sagte der Hausbesorger, »ich habe ihn in den Nächten satt gekriegt, zum Kuckuck. Alle sind schon fortgegangen oder zurückgekehrt, und er kommt zuletzt und schimpft noch, weil das Hauptportal gesperrt ist ... Soll ich denn hier für ihn Wache stehen!«
    »So einen Dummkopf müßte man suchen, Bruder!« sagte Tatjana. »Was er ihr alles schenkt! Sie putzt sich wie ein Pfau auf und geht mit so wichtiger Miene herum, wenn aber jemand sehen könnte, was für Unterröcke und für Strümpfe sie trägt, wär's eine Schande! Sie wäscht sich zwei Wochen lang nicht den Hals und malt sich das Gesicht an ... manchmal sündigt man und denkt: Ach, du Arme! Du solltest ein Tuch um den Kopf binden und ins Kloster zum Beten pilgern ...«
    Alle außer Sachar lachten.
    »Ja, Tatjana Iwanowna zielt nicht vorbei!« sagten beifällige Stimmen.
    »Aber wirklich!« fuhr Tatjana fort. »Wieso lassen die Herrschaften so eine nur zu sich? ...«
    »Wohin gehen Sie?« fragte sie jemand, »was haben Sie da für ein Bündel?«
    »Ich trage ein Kleid zur Schneiderin; meine Modedame schickt mich hin. Es soll ihr zu weit sein! Und wenn ich mit Dunjascha sie einschnüre, können wir dann drei Tage lang nichts mit den Händen tun. Man bricht sie sich fast ab! Nun, es ist Zeit für mich. Lebt unterdessen wohl!«
    »Leben Sie wohl! Leben Sie wohl!« sagten einige.
    »Leben Sie wohl, Tatjana Iwanowna«, sagte der Kutscher. »Kommen Sie heute abend? ...«
    »Ich weiß nicht; vielleicht komme ich, aber auch nicht ... Leben Sie wohl!«
    »Leben Sie wohl!« sagten alle.
    »Lebt wohl ... laßt's euch gut gehen!« antwortete sie im Gehen.
    »Leben Sie wohl, Tatjana Iwanowna!« rief der Kutscher ihr nochmals

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