Oblomow
hätte es dir noch ganz anders gezeigt!«
»Was meint er denn, wenn er ›Kahlköpfiger‹ schimpft, Sachar Trofimitsch?« fragte ein fünfzehnjähriger Laufbursche, »vielleicht ›Teufel‹?«
Sachar wandte ihm langsam den Kopf zu und ließ seinen trüben Blick auf ihm haften.
»Wart nur!« sagte er dann boshaft, »du bist noch jung, Bruder, und dabei sehr naseweis! Ich mach' mir nichts daraus, daß du beim General dienst. Ich packe dich gleich bei den Haaren! Marsch auf deinen Platz!«
Der Laufbursche trat zwei Schritte zurück, blieb stehen und blickte die Schar lächelnd an.
»Was zeigst du die Zähne?« krächzte Sachar wütend, »wart, wenn ich dich erwische, werde ich dir deine Ohren schon zurechtsetzen; da wirst du nicht mehr grinsen!«
Jetzt lief aus dem Portal ein ungewöhnlich großer Lakai in einem Livreefrack mit Tressen und in Gamaschen heraus. Er kam auf den Laufburschen zu, verabfolgte ihm zuerst eine Ohrfeige und nannte ihn dann einen Dummkopf.
»Was haben Sie, Matwej Mosseitsch, wofür denn?« sagte der verblüffte und verlegene Laufbursche, indem er sich die Wange hielt und krampfhaft blinzelte.
»Was! Du frägst noch?« antwortete der Lakai, »ich suche dich im ganzen Hause, und du bist hier!«
Er packte ihn mit der Hand bei den Haaren, beugte ihm den Kopf herab und schlug ihn methodisch, gleichmäßig und langsam dreimal mit der Faust auf den Nacken.
»Der Herr hat fünfmal geläutet«, fügte er in Form einer Moralpredigt hinzu, »und man schimpft mich deinetwegen, eines solchen jungen Hundes wegen! Marsch!«
Und er wies ihn mit der Hand befehlend auf die Stiege hin. Der Knabe blieb eine Weile verwirrt stehen, blinzelte ein paarmal, blickte den Lakai an, und als er sah, daß von diesem außer einer Wiederholung des Vorangegangenen nichts zu erwarten sei, schüttelte er die Haare und ging wie ein begossener Pudel auf die Stiege.
Was das für ein Triumph für Sachar war!
»Ordentlich, ordentlich, Matwej Mosseitsch! Noch, noch!« sagte er schadenfroh. »Ach, das ist zu wenig! Danke, Matwej Mosseitsch! Er ist zu naseweis ... Das hast du für den ›kahlköpfigen Teufel‹! Wirst du noch grinsen?«
Die Dienerschaft lachte voll Mitgefühl für den strafenden Lakai und für den schadenfrohen Sachar. Nur der Laufbursche fand keine Teilnahme.
»Ganz genau so pflegte es mein früherer Herr zu machen«, begann wieder derselbe Lakai, der Sachar immer unterbrochen hatte, »sowie man sich einen guten Tag machen wollte, schien er zu erraten, was du gedacht hast, ging vorüber und packte einen so, wie Matwej Mosseitsch den Andrjuschka gepackt hat. Was macht es denn, wenn einer schimpft! Was schadet es, wenn er einen ›kahlköpfigen Teufel‹ nennt!«
»Dich hätte vielleicht auch dein Herr gepackt«, antwortete ihm der Kutscher, auf Sachar hinweisend, »du hast ja den reinsten Filz auf dem Kopf! Wo soll er denn aber Sachar Trofimitsch packen! Er hat ja einen Kopf wie ein Kürbis ... Vielleicht nur bei den zwei Bärten, die er auf den Backenknochen hat; da hätte er schon was zum Packen! ...«
Alle lachten, und Sachar war durch diesen Ausfall des Kutschers wie von einem Schlag gerührt, denn das war der einzige unter der Dienerschaft, mit dem Sachar bis dahin freundschaftliche Gespräche geführt hatte.
»Wart, bis ich's meinem Herrn sage«, begann er den Kutscher wütend anzukrächzen, »dann findet er auch bei dir etwas, wo er dich anpacken kann. Er wird dir deinen Bart schon glätten; er ist bei dir ganz zerrauft!«
»Das ist ein netter Herr, der fremden Kutschern den Bart glättet! Nein, da müßt ihr euch erst eure eigenen anschaffen, dann könnt ihr sie glätten; du bist zu freigebig!«
»Soll man vielleicht dich aufnehmen, du Schuft?« krächzte Sachar, »du bist ja nicht einmal wert, daß man dich selbst für meinen Herrn einspannt!«
»Das ist mir auch ein Herr!« bemerkte der Kutscher höhnisch, »wo hast du so einen nur aufgegabelt?«
Er selbst, der Hausbesorger, der Friseur und der Lakai, der das Schimpfsystem verteidigt hatte, sie alle lachten.
»Lacht nur, lacht nur, ich sag's aber dem Herrn!« krächzte Sachar.
»Und du«, sagte er, sich an den Hausbesorger wendend, »solltest diese Räuber im Zaume halten und nicht lachen. Wozu bist du hier angestellt? Um Ordnung zu halten. Und was machst du? Ich werd's dem Herrn sagen; wart nur, du kriegst es schon!«
»Nun, laß gut sein, Sachar Trofimitsch!« sagte der Hausbesorger, um ihn zu beruhigen, »was hat er dir
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