Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Titel: Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
Vom Netzwerk:
verbarrikadieren.
    »Charlotte wollte nicht, dass du sie in diesem Zustand siehst«, sagte er, als Mom weg war. »Sie hat extra darum gebeten.«
    »Charlotte hat achtzehn Jahre lang ihren Willen bekommen.« Ich schaute auf, und unsere Blicke bohrten sich ineinander. »Ich finde, das ist lange genug.«
    »Du bist aufgewühlt und durcheinander. Lass dich jetzt nicht von deinen Gefühlen leiten, sonst bereust du es später.«
    Und das war der Moment, an dem ich endgültig genug hatte. Ständig wollten andere Leute mir erzählen, was ich tun und lassen sollte.
    »Ich gehe jetzt da rein«, beharrte ich und trat auf die Tür zu. »Wenn ich bereit bin, wieder rauszukommen, dann tue ich es. Nicht früher und nicht später.«
    Er hielt meinen Blick noch für einen Moment fest. Ich fühlte einen Stich im Herzen – es war unübersehbar, wie sehr er ebenfalls litt – und fürchtete schon, ich könnte doch die Nerven verlieren. Aber dann nickte er, trat beiseite und schlurfte auf einen Sessel im Flur zu.
    »Ich bin hier, falls du mich brauchst«, sagte er.
    Ich wartete, bis er sich gesetzt hatte, dann wandte ich mich der Tür zu. Zuerst tippte ich den Knauf nur vorsichtig an, weil ich erwartete, dass das Metall glühend heiß oder klirrend kalt sein würde … aber es fühlte sich normal an. Zimmertemperatur. Seltsam beruhigt, griff ich fester zu, drehte den Knauf und schob die Tür auf.
    Sofort wurde ich von einem Gestank eingehüllt, der an eine Mischung aus Meersalz, verrottendem Fisch und faulendem Fleisch erinnerte. Er lag so schwer in der Luft, dass ich regelrecht fühlen konnte, wie er sich auf meine Haut legte und in meine Poren eindrang.
    Ich würgte, hielt mir die eine Hand vor den Mund und drückte die andere auf meinen Magen. Hätte Dad nicht drei Meter entfernt gesessen und zugeschaut, dann hätte ich die Tür sofort wieder zugeschlagen und wäre in Richtung des nächsten Ausgangs gestürmt. Doch so kämpfte ich gegen den ersten Schock an und zwang mich, die Füße voreinanderzusetzen. Ich übertrat die Schwelle und schloss die Tür hinter mir.
    Im Zimmer war die Luft schwül, stickig und warm. Wahrscheinlich versuchte ich unbewusst, den Blick in Richtung des Bettes zu vermeiden, jedenfalls schaute ich zu den Fenstern und stellte fest, dass sie alle geschlossen waren. Ohne die Hand von Nase und Mund zu nehmen, hastete ich durch das Zimmer. Erst als ich beide Hände brauchte, um das Fenster zu öffnen, ließ ich widerwillig los, aber hielt weiter den Atem an. Dann fühlte ich die kühle Meeresbrise in meinem Gesicht. Ich schloss die Augen, presste die Hände gegen das Glas über dem Fenstersitz, wo ich vor wenigen Stunden noch mit Charlotte gesprochen hatte, und atmete tief ein.
    Die Übelkeit ließ nach. Ich öffnete die Augen und schaute den Wellen zu, die ans Ufer schlugen. Nach einer Weile wurde mir klar, dass ich nicht einfach nur versuchte, Zeit zu schinden. Ich lauschte nach ihrer Stimme. Ich hoffte, Charlotte würde in meinem Kopf sagen, dass alles okay war und sie sich wieder erholen würde.
    Aber sie blieb stumm. Ich hörte nur das Rauschen des Meeres.
    Ganz langsam drehte ich mich um und hielt den Blick abgewandt, bis ich mit dem Gesicht zum Bett stand. Noch sah alles ganz normal aus. Der Holzfußboden glänzte. Charlottes weiße Plüschhausschuhe standen ordentlich vorm Nachttisch, wo sie sich auch gestern Abend schon befunden hatten. Die Schlafdecke hing über den Bettrand und sah frisch und sauber aus.
    Vielleicht ist alles nur ein Irrtum, dachte ich, während ich den Blick hob. Vielleicht schläft sie einfach nur oder ist zu schwach zum Sprechen. Wenn ich ihr etwas zu trinken bringe oder ihr Bettzeug mit Salzwasser tränke …
    Meine innere Stimme verstummte, denn es war kein Irrtum gewesen. Die Bettdecke umhüllte eine lange, dünne reglose Gestalt. Man hätte durch das dünne Laken sehen müssen, wie sich die Brust hob und senkte oder wie ihr Atem den Baumwollstoff über ihrem Mund zum Flattern brachte. Als ich neben das Bett trat, wandte sie mir nicht den Kopf zu.
    Als letzte Hoffnung hielt ich mich an der Vorstellung fest, dass dort jemand anderer lag als die Frau, die mich geboren hatte. Denn die Gestalt schien schmaler als Charlotte zu sein.
    Es gab nur eine Möglichkeit sicherzugehen. Ich erinnerte mich an ihre Gedankenbotschaft, in der sie von Mut gesprochen hatte, und ging einen weiteren Schritt auf das Bett zu. Dann noch einen und noch einen. Dabei vermied ich es, ihre Hausschuhe zu

Weitere Kostenlose Bücher