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Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Titel: Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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berühren, lehnte mich nur weit über das Bett vor, ergriff mit spitzen Fingern eine Ecke des Lakens und riss es herunter.
    Ein Wirbelwind aus weißen Flocken erfüllte den Raum.
    »Nein.« Ich taumelte zurück. Versuchte, das Laken zu packen, aber griff daneben. »Nein, nein, nein !«
    Trotz der tanzenden weißen Flocken, die meine Sicht verhüllten, erkannte ich Charlotte sofort. Ihr langes Haar war schlohweiß, und ihre blaugrünen Augen standen offen. Sie trug schwarze Jeans, eine kurzärmelige Bluse und ihren Schmuck, als hätte sie gerade das Haus verlassen wollen, bevor die Kraft sie verließ. Durchaus möglich, schließlich war sie entschlossen gewesen, heute abzufahren, obwohl sie sich schon gestern Abend krank gefühlt hatte.
    Ihre Haut war grau, vertrocknet und an manchen Stellen aufgerissen, so dass man mumifiziertes Fleisch, Muskeln und sogar Knochen sehen konnte. Ihr Schädel schien keine Lippen mehr zu haben, und auch die Nase war eingesunken. Ihr nackter rechter Fuß war in der Mitte gespalten und so verkrümmt, dass die Zehen die Ferse berührten.
    Trotzdem war nirgendwo Blut. Ihr Körper war völlig ausgetrocknet. Er sah aus, als hätte ihre Leiche schon seit Monaten unbeachtet hier gelegen. Oder seit Jahren.
    Dabei war Charlotte noch am Leben gewesen, als Mom mich angerufen hatte. Also konnte sie höchstens vor einer Viertelstunde gestorben sein.
    Der Wind frischte auf. Eine Böe kam durch das offene Fenster herein und trieb die weißen Flocken wieder in die Höhe. Sie wirbelten um mich herum und bedeckten mein Haar, meine Kleidung, mein Gesicht.
    Erst als ich sie von meinem Mund abwischte, wurde mir klar, worum es sich dabei handelte.
    Überreste von Charlotte. Sie waren überall.
    Ich stieß einen krächzenden Schrei aus, rannte ins Bad und schlug die Tür hinter mir zu. Dann drehte ich das Wasser am Waschbecken auf und schrubbte mein Gesicht. Ich hüpfte wie eine Irre auf und ab, um die Flocken von meiner Kleidung und meinem Haar zu schütteln. Doch ich fühlte Charlotte immer noch an mir kleben, als die letzten Flocken schon lange auf den Fliesen lagen. Erschöpft ließ ich mich schließlich auf den Badewannenrand fallen.
    Du bist nicht allein, Vanessa …
    Ich schaute auf. Die Stimme klang bekannt. Aber ich war immer noch so außer mir, dass ich nicht wusste, ob ich sie in meinem Kopf oder außerhalb gehört hatte. Mit angehaltenem Atem wartete ich, ob noch etwas folgen würde. Dann hörte ich ein leises Rascheln aus dem benachbarten Raum. Ich stand auf und öffnete zögernd die Badezimmertür.
    »Betty?«
    Sie saß in einer Ecke des Zimmers auf einem Stuhl, hatte die Hände im Schoß gefaltet und die Blicke aus ihren leicht getrübten Augen auf mich gerichtet. Oliver stand zwischen dem Bett und der Fensterfront und war damit beschäftigt, den flockigen Staub zu einem ordentlichen Haufen zusammenzukehren. Als ich ins Zimmer trat, warf er mir ein bedauerndes Lächeln zu und fuhr mit seiner Arbeit fort.
    »Es tut mir so schrecklich leid, Liebes«, sagte Betty.
    Ich nickte. Dann fiel mir ein, dass sie die Geste vielleicht nicht sehen konnte, und erwiderte: »Danke.« Ich lehnte mich gegen den Schrank und stellte fest, dass Charlottes Körper und Gesicht wieder mit dem Laken bedeckt waren. »Haben meine Eltern dich angerufen?«
    »Ja, aber ich war schon auf dem Weg. Charlotte hat ihre Gedanken zu mir ausgeschickt und mich gebeten, nach dir zu sehen.«
    »Hat sie dabei gesagt, dass sie … wusstest du …«
    »Dass sie im Sterben lag?« Betty runzelte die Stirn. »Ja, natürlich.«
    »Kennst du den Grund? Ich meine, als sie vor ein paar Wochen herkam, kam sie mir zwar ziemlich gebrechlich vor, aber nicht genug für … das hier.«
    Betty schaute vielsagend in Olivers Richtung und schwieg. Er schaute auf, verstand ihren Blick und lehnte den Besen an die Wand. Im Hinausgehen drückte er noch kurz meinen Arm, dann schloss er die Zimmertür sanft hinter sich.
    »Setz dich, Vanessa. Bitte.«
    »Ich bleibe lieber stehen.«
    Ihre Lippen wurden schmal, aber sie protestierte nicht. »Hatte Charlotte genug Zeit, um dir alles zu erzählen, weswegen sie hergekommen ist?«
    »Sie ist nicht hier gewesen, um mir etwas zu erzählen. Eigentlich war sie nur auf dem Weg nach Kanada und hat hier einen Zwischenstopp eingelegt. Sie hat gesagt, dass sie mich besuchen wollte, weil sie nicht sicher war, wie lange sie wegbleiben würde.«
    »Anscheinend wollte sie nicht, dass du dir zu viele Gedanken

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