Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
zu ihm im Wasser.
»Für eine Anfängerin gar nicht schlecht.«
Er zeigte mir, wie man das Paddel richtig hielt, und ich stellte fest, dass er nun viel entspannter wirkte. Vielleicht war ich nicht die Einzige, die sich in Wassernähe automatisch wohler fühlte. Ich stellte ihm noch ein paar Fragen über die richtige Sitzposition und den Bewegungsablauf und bewunderte ihn dafür, was er alles wusste. Je mehr er redete, desto unbefangener wurde das Gespräch – und desto überzeugter war ich, dass mein Plan funktionieren konnte. Um für Körperkontakt zu sorgen, nahm ich absichtlich eine falsche Haltung ein, so dass er meine Position korrigieren musste und meinen Rücken und die Schultern berührte. Erstens schienen diese kurzen Moment auszureichen, damit er sich deutlich für mich erwärmte, und zweitens sorgten sie in Kombination mit den häufigen Salzwasserspritzern dafür, dass ich genug Energie fürs Weiterpaddeln hatte.
Mir ging es körperlich so gut, dass ich sogar zustimmte, eine Sandbank anzusteuern, die noch ein gutes Stück entfernt lag.
Leider kam das Unwetter, das sich vor einer halben Stunde noch am Horizont befunden hatte, mit überraschender Geschwindigkeit immer näher, während wir paddelten. Die Wellen wurden höher, und als wir uns der Sandbank näherten, hatte sich der blaue Himmel mit dicken dunklen Wolken überzogen. Kalte Regentropfen prasselten herab, und der Wind blies stärker.
»Vielleicht sollten wir umdrehen«, rief ich, »und diesen Abstecher auf einen anderen Tag verschieben!«
Colin vor mir gab keine Antwort. Vielleicht hörte er mich nicht. Er balancierte auf den Wellen und steuerte nur ab und zu ein bisschen, während er das Wasser unter sich beobachtete. Nach ein paar Minuten packte er das Paddel ganz oben am Griff und stieß es wie einen Speer nach unten. Es traf auf Grund und steckte dort fest wie ein Anker. Colin grinste triumphierend über die Schulter und hielt sich fest. Mit der freien Hand wickelte er eine elastische Leine, die eher nach Surfer-Ausrüstung aussah, um den Paddelschaft. Dann kletterte er aus dem Kajak, das nun festgezurrt in den Wellen dümpelte. Unter normalen Bedingungen hätte Colin wahrscheinlich nur bis zu den Knöcheln im Wasser gestanden, aber jetzt schlug es ihm gegen die Knie.
»Das hält doch nie im Leben!« Ich strengte all meine Kraft an, um zu ihm zu kommen. »Die Wellen sind zu hoch!«
Er öffnete den Mund, um zu antworten, als ein Blitz den Horizont durchteilte. Drei Sekunden später folgte ein Donner, der den Boden erzittern ließ, was man sogar bis hier oben auf der Wasseroberfläche spürte. Anscheinend war das Gewitter näher, als es aussah. Als Nächstes folgte ein Wolkenbruch, der mir das Salzwasser von der Haut spülte und den dunkelgrünen Ozean aufschäumen ließ, als hätte jemand ein Kochfeuer darunter angezündet.
»Es tut mir echt leid!«
»Was?«, schrie ich. Nun war ich dem verankerten Paddel nah genug gekommen, um danach zu greifen. Ich streckte mich … und verfehlte es, weil eine Welle mich aus der Bahn warf. Mit hektischen Ruderschlägen versuchte ich, nicht wieder wegzudriften.
»Ich wollte das nicht tun!«
Mein Kopf ruckte zu ihm herum. Seine Stimme wurde fast von Wind und Wellen übertönt. Hatte er gerade wirklich gesagt, was ich gehört hatte? Wollte er ausgerechnet jetzt ein Geständnis ablegen, während wir mitten in einem Gewitter auf dem Meer trieben?
»Ich wusste ja nicht richtig Bescheid!«
Anscheinend wollte er das tatsächlich. Ich ließ das Paddel mit einer Hand los und griff in meine Jackentasche. Das Aufnahmegerät war klitschnass, aber ich tastete dennoch nach dem größten Knopf und drückte ihn herunter.
»Wenn ich gewusst hätte … wenn ich auch nur die geringste Ahnung gehabt hätte …«
Ich ergriff das Paddel wieder mit beiden Händen und strengte meine Armmuskeln an, um schnell wieder näher zu kommen. »Wenn du was gewusst hättest?«
Er schaute mich an, und der Regen strömte ihm übers Gesicht. Sein Blick war klar und tieftraurig. Er schüttelte den Kopf und sagte etwas, was ich nicht verstand, denn der Donner übertönte seine Stimme, und ein weiterer Blitz blendete mich, so dass ich nicht einmal seine Lippenbewegungen sah. Bevor ich ihn auffordern konnte, den Satz zu wiederholen, brandete eine Welle von hinten auf ihn zu und traf ihn im Rücken. Er schaffte es, auf den Füßen zu bleiben, doch das im Sand verankerte Paddel wurde losgerissen und riss das Kajak mit sich
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