Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
sondern von draußen kam.
Als ich das Ende der Treppe erreicht hatte, packte ich das Messer fester und betrat den Pausenbalkon.
Ich hatte mir keinen Plan überlegt, aber das wäre auch nutzlos gewesen, denn die Szene vor mir war so unerwartet, dass ich wie angewurzelt stehen blieb und einfach nur starrte.
Genau wie die Gaststube unten war auch der Balkon wie für eine Party geschmückt. Runde Papierlaternen hingen an der Decke und schwangen im Wind. Teelichter unter schützenden Glasglocken waren überall auf den Tischen, dem Holzboden und dem Geländer verteilt. Auf der Mitte des Tisches, an dem ich unzählige Male mit meinen Freunden gesessen hatte, stand ein silberner Eimer mit drei Champagnerflaschen und Gläsern.
Paige hockte in der entferntesten Ecke auf einem Plastikstuhl. Ihre Hände waren gefesselt und ihr Mund zugeklebt. Ihr Kopf hing schlaff zu einer Seite, als habe sie nicht mehr die Kraft, ihn aufrecht zu halten. Neben ihr stand Jaime, der süße Seemann, den wir vor ein paar Tagen umgarnt hatten. Simon und Caleb kauerten in der gegenüberliegenden Ecke auf dem Boden, ebenfalls geknebelt und mit gefesselten Händen. Als Simon mich bemerkte, ging ein Ruck durch seinen Körper, als wolle er aufspringen und mich beschützen. Ich schüttelte den Kopf, damit er still blieb und mich nicht verriet. Denn die Person, die das alles inszeniert hatte, saß mit dem Rücken zu mir.
Paige, bist du –
»Vanessa!«
Bei dem Ausruf hob Paige den Kopf. Ich wich einen Schritt zurück.
Natalie drehte sich um.
»Wie schön, dass du endlich zu uns gefunden hast.« Sie rutschte vom Schoß des jungen Mannes, an den sie sich geschmiegt hatte, und kam auf mich zu. Ihr Kleid war feuerrot und so lang, dass der Rock eine Schleppe bildete. »Darauf sollten wir anstoßen!«
Ich blieb stumm, als sie mich erreichte, in die Arme zog und auf beide Wangen küsste.
»Du Arme bist ja ganz durchweicht!« Sie schaute mich an, und als sich unsere Blicke trafen, begann sie zu lächeln. »Und du hattest einen recht aufregenden Morgen, wie ich sehe.«
Mit einem glücklichen kleinen Lachen drehte sie sich um und hüpfte regelrecht zum Tisch zurück. Ich warf einen fragenden Blick auf Simon, doch er musterte mich stirnrunzelnd von oben bis unten. Caleb und Paige betrachteten mich mit ebenso seltsamen Blicken.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Natalie. Sie naschte von einer Erdbeere und goss gleichzeitig Champagner ein.
Endlich fand ich meine Stimme wieder. »Gut.«
Sie trat auf mich zu. »Nur gut? Mehr nicht?«
Ich wollte nicken, doch dann wurde mir klar, was für eine Untertreibung das war. In der letzten Stunde war ich in einem Unwetter Kajak gefahren, war angegriffen worden und hatte mich frei gekämpft, hatte einen achtzig Kilo schweren Körper über den Strand geschleppt, war im Auto mit Süßwasser überschüttet worden und am Ende eine Meile gerannt. Nach dieser enormen körperlichen und seelischen Anstrengung sollte ich eigentlich gar nicht hier stehen, sondern halbtot am Strand liegen.
Stattdessen fühlte ich mich unglaublich lebendig. Tot war nur Colin.
Mir war klar, dass er der Grund war, warum ich vor Stärke und Gesundheit sprühte. Wahrscheinlich konnte man mir die Folgen meiner Tat auch äußerlich ansehen, und deshalb starrten meine Freunde mich an, als würden sie mich kaum wiedererkennen.
Ich bemühte mich, meine unmenschliche Energie für die Konfrontation mit Natalie zu benutzen.
»Was ist hier los?«, fragte ich ganz ruhig.
Sie zuckte mit den Schultern und grinste. »Wonach sieht es denn aus?«
»Ein schwerer Fall von Kidnapping?«
»Hach, und dabei hatte ich eigentlich einen Schickimicki-Empfang mit künstlerischem Touch im Sinn«, erwiderte sie und zog eine Schnute.
Sie kam mit einem Glas Champagner auf mich zu und wollte es mir reichen. Als ich es nicht entgegennahm, fiel ihr Blick auf meine Hand, in der ich immer noch das Messer aus der Küche hielt.
»Oh, das wirst du nicht brauchen.«
Bevor ich reagieren konnte, hatte sie meinen Arm gepackt und umgedreht. Das Messer fiel mir aus der Hand, und der junge Mann, auf dessen Schoß Natalie gesessen hatte, sprang auf und hob es auf.
»Danke, Liebling«, sagte sie.
Während die beiden sich küssten, wurde mir klar, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte. Am Strand. Als er Natalie das Herz gebrochen hatte und sie sich hinterher von mir hatte trösten lassen.
»Ist das nicht dein Ex-Verlobter?«, sagte ich, als sie zum Tisch zurückkehrte.
»Also,
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