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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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lang verfault«, sagte plötzlich die Architektin, die immer noch unter ihnen am Fuße der Leiter stand. »Nur wegen Ada, weil sie ein gründlicher Mensch ist und noch einmal einen Blick auf den Dachboden werfen wollte, bevor die Decke endgültig eingerissen würde. Sonst hätten wir sie nicht so schnell gefunden.«
    Michael stieg die Leiter ins untere Stockwerk hinab. »Haben Sie keine Ahnung, wer sie ist?«, fragte er die Architektin. Sie schüttelte den Kopf: »Wie denn? Ohne Gesicht?« Ein Zittern durchlief sie, und sie drehte ihren Kopf von der Leiter weg. »Und auch die beiden hier haben keine Ahnung«, sie wies mit der Hand in Richtung Ada Efratis und des Bauleiters. Die beiden unterhielten sich leise in einer Ecke des Raumes, in der bereits große Sandsäcke gestapelt lagen. »Diese Wohnung war jahrelang unbewohnt«, erklärte die Architektin, »es gab Probleme hier mit der Eigentumsübertragung und einen Erbschaftsstreit, und alle möglichen Junkies haben unten im Garten herumgelungert.«
    Balilati kletterte eilig die Leiter hinunter. »Sagen Sie mal«, wandte er sich in drohendem Ton an die Architektin, und Michael, dem klar war, was jetzt kommen würde, versuchte, ihn mit einer Handbewegung zu besänftigen, »verstehen Sie vielleicht, wie ein Mensch Häuser in diesem Viertel kauft, von dem die Hälfte herrenloser Besitz und die andere Hälfte ...« Doch etwas unterbrach ihn, und es war nicht Michael. Vom Wohnungseingang her erklang laut die helle Stimme des Wachtmeisters Ja’ir, den Balilati wegen seines ausgeglichenen Gemüts meist »Dorfbuddha« nannte, manchmal auch »der Bauer« wegen der Beispiele aus dem Bereich der Landwirtschaft, mit denen er seine Schlussfolgerungen versah.
    »Wo sind Sie?«, rief Ja’ir jetzt. »Unten haben sie mir gesagt, oben, bloß dass ich hier kein Oben sehe, und Licht gibt es auch keins.«
    »Heb mal den Kopf«, grinste Balilati. »Oben haben wir ein Flutlicht wie auf einem Volleyballplatz. Normalerweise hast du doch den Kopf in den Wolken, oder? Geh aber vorsichtig rauf, damit du uns nicht davonschwirrst.«
    »Die Leiter hinauf?«, fragte der Wachtmeister und trat näher.
    »Wie der junge Efeu«, erwiderte Balilati und auch im Dunkeln konnte man erkennen, wie viel Vergnügen ihm die Antwort bereitete.
    Michael warf einen raschen Blick auf den Bauleiter, der an dem großen Fenster stand, das auf die Bethlehemer Landstraße hinausschaute, seinen kurzen Bart streichelte und sich verstohlen umblickte. Er habe sie nie gesehen, sagte er auf Englisch, er sei erst seit wenigen Monaten in Israel, nachdem er jahrelang in den Vereinigten Staaten gelebt habe.
    »Braucht ihr uns hier jetzt noch?«, fragte Ada Efrati und ihre Stimme klang gedämpfter, als er sie in Erinnerung hatte.
    »Ja«, sagte Michael nach kurzer Überlegung, »ich glaube, es ist besser, alle kommen mit, um schon jetzt etwas zu Protokoll zu geben. Auch in Sachen Schlüssel – wer welche hatte und wer nicht, denn hier wurde nicht eingebrochen, man hat mit einem Schlüssel aufgesperrt.«
    Der Bauleiter schrak zurück.
    Die Architektin, die ihn anblickte, trat zu ihm und berührte seinen Arm. »Muss er auch mitkommen?«, fragte sie.
    »Und ob!«, dröhnte Balilati.
    »Aber er hat nichts mit ...«, versuchte es die Architektin.
    »Er hat, und wie er hat«, schnappte Balilati und presste die Lippen aufeinander, wandte sich dann sofort dem Bauleiter zu und sagte etwas in schnellem Arabisch zu ihm.
    »Was hat er gesagt?«, flüsterte die Architektin.
    »Er nimmt ihn im Streifenwagen mit«, erklärte Michael.
    »Dann nimmt er uns auch im Streifenwagen mit«, bestimmte Ada Efrati. »Er ist mit uns zusammen, wir sind zusammen. Und du hast nichts dazu zu sagen?«, verlangte sie von Michael zu wis sen.
    »Ich werde mit dem Wagen nachkommen, ich habe noch ein paar Dinge hier zu erledigen«, antwortete er, ohne sie anzuschauen.
    »Sie lassen Ihre Fahrzeuge hier«, befahl Balilati, und sie betraten den langen Gang in Richtung der Ausgangstür.
    »Und Sie sagen, Sie haben keine Ahnung, wer sie ist?«, vergewisserte sich Balilati.
    »Ich sagte Ihnen doch...«, fuhr Ada Efrati auf, »nie im Leben ... und noch dazu mit diesem zerschmetterten Gesicht ... sogar wenn ich sie zufällig einmal gesehen hätte, wie könnte ich sie ... nein. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Ich brauche alle Ihre Telefonnummern, auch seine«, sagte Ba lilati und bezeichnete mit seinen Augenbrauen den Bauleiter, »hatte jemand hier vor, wegen der Feiertage

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