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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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einen.«
    »Nu, sag’s mir jetzt und ich notier’s«, erwiderte Eres.
    »Ich will’s dir jetzt aber nicht sagen«, schmetterte ihn David Schalit ab und drehte den Kopf weg. Seine kleinen blauen Augen, die durch die dicken Brillengläser noch kleiner wirkten, trafen blinzelnd auf den Blick von Elijahu Lutfi, den Korrespondenten in Sachen Umwelt und dienstältesten Mitarbeiter, dessen zögernder Redeton ihm einen Anstrich von Hilflosigkeit verlieh. Zadik empfand in seiner Gegenwart immer Unbehagen, eine Art Schuldgefühl, dass er ihn all die Jahre nie befördert hatte. »Wolltest du was von mir, Elijahu?«, fragte David Schalit.
    »Nein, nichts, bloß wenn … wenn du ihm jetzt nicht den Aufmacher sagst, wenn du einen Augenblick frei bist, dann schau dir doch meinen Bericht über den Müll am Strand von Tel Aviv an«, bat Elijahu Lutfi, »ich brauche irgendein Feedback.«
    Niva hob den Hörer ab. »Da ist Liat in der Leitung, ihr ist irgendein Flop mit dem Satelliten passiert, ich kann sie nicht …«
    »Ein solcher Gestank ist unmenschlich«, las Eres laut. »Das ist aus dem Text für die Reportage zum Müll«, erklärte er Zadik.
    Zadik begutachtete die neue Seite, die Niva ihm reichte. »Miri«, fragte er unterm Lesen, »bist du da schon drübergegangen? Hier gibt es keinerlei Anzeichen, dass du das schon durchgesehen hast.«
    Die Textredakteurin erhob sich langsam und schwerfällig von ihrem Platz und trat zu Zadik.
    »Das, was hier steht, ist sogar noch destruktiver, als sie es gestern Nacht angekündigt haben«, sagte er erstaunt, »ihr könnt nicht so über den Rat der Vereinten Nationen sprechen.« Doch sie hörte seine letzten Worte nicht, weil in diesem Moment plötzlich das Telefon klingelte, neben dem sie stand, und Benisri, am zweiten Apparat, die Augen in demonstrativer Verzweiflung zur Decke verdrehte und in die Sprechmuschel hineinrief, als spräche er mit jemandem, der taub oder schwer von Begriff war: »Ich werde dir nicht zuzwinkern, ich werde nur meine Krawatte etwas verschieben …« Doch der Rest des Satzes wurde von Nivas Stimme übertönt, die schrie: »Moment, Moment, was läuft hier? Schaut mal …« Etwas in ihrer Stimme brachte alle zum Schweigen. Sämtliche Blicke hoben sich zu den Monitoren gegenüber dem Sitzungstisch. Die Türen der Seitenzimmer öffneten sich, und auf der Schwelle standen Zipi, Zivia und Liat, die Produktionsassistentinnen, und Irit, die Praktikantin vom Auslandsressort. Im Eingang des Graphikerbüros stand Tamri, die Graphikerin, und sagte: »Auf Kanal Zwei sagen sie, dass es irgendwelche Terroristen auf der Tunnelstraße gibt oder so was.«
    »Ich hab im Radio gehört, dass jemand entführt worden ist«, sagte Je’ela, die Kulturkorrespondentin, die in diesem Moment außer Atem den Nachrichtenraum betrat.
    Alles blickte auf den Bildschirm, nicht auf den von Kanal Eins, wo ein Moderator mit zwei Diskussionsteilnehmern – einem älteren Mann und einer jungen Frau – im Studio zu sehen war, sondern auf den des zweiten, wo man einen Fernseh-Journalisten im Militärparka mit einem Mikrophon in der Hand sah, der einen Polizisten interviewte.
    Chefez klopfte sich demonstrativ auf die Oberschenkel. »Wieder mal Kanal Zwei on air vor uns«, beklagte er sich lauthals.
    Keiner ging hin, um den Ton lauter zu stellen. Unter dem Bild erschien der Schriftzug »Polizeioffizier Molcho«.
    »Wo ist das? Was ist das?«, fragte Niva nervös.
    »Siehst du das nicht? Mach die Augen auf, das ist die Tunnelstraße, siehst du«, entgegnete David Schalit ungeduldig.
    »Nu, und was gibt’s dort?«, fragte Aviva.
    »Seid mal einen Moment still und lasst einen endlich zuhören«, rief jemand. Wieder wurde eine Bildunterschrift eingeblendet: »Die Tunneleinfahrt der Umgehungsstraße von Süden nach Jerusalem«.
    Für einen Augenblick herrschte Totenstille im Raum. Nur das schrille Klingeln eines Telefons unterbrach sie.
    »Das Telefon klingelt, seid ihr taub?«, sagte Niva. »Es ist das rote, man muss antworten, nimmt vielleicht mal jemand ab? Aviva! Geh dran, es ist das rote!« Ohne die Augen vom Bildschirm zu wenden, hob sie den Hörer des Telefons neben sich ab, das ebenfalls zu klingeln begonnen hatte. »Ich versteh nichts«, sagte sie in den Hörer, »red deutlich – sind Sie von der Hamas oder was?« In diesem Augenblick ertönten in durchdringender Lautstärke die ersten Takte der vierzigsten Symphonie von Mozart – die Klingelmelodie eines Mobiltelefons –, und Niva beugte sich

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