Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
hastig über ihren großen schwarzen Lederrucksack, wühlte und stöberte darin, bis sie schließlich ein silberfarbenes Mobiltelefon herauszog. Sie warf einen Blick auf das Display, verzog die Lippen und sagte: »Ja, Mama, was ist?«
Zadik stand vor dem Bildschirm und betrachtete den gelassenen Diskussionsleiter und die beiden Gesprächsteilnehmer, die tonlos die Lippen bewegten.
»Was machst du im Supermarkt von Agron?«, schrie Niva in ihr Mobiltelefon. »O Mama, wir hatten doch ausgemacht, dass du nicht aus dem Haus gehst, bis ich wiederkomme!«
»Hallo?«, sagte Aviva in den Hörer des roten Telefons, »hallo, ja, er ist hier, einen Augenblick.« Sie reichte den Hörer an Zadik und sagte: »Es ist für dich.«
Zadik lauschte kurz, hob den Kopf und rief laut: »Ruhe bitte, ihr könnt euch beruhigen – es sind keine Terroristen.«
Erst jetzt stellte jemand den Ton lauter, so dass man nur den Militärkorrespondenten von Kanal Zwei hören konnte, der die Ereignisse zusammenfasste. »Also«, sagte er mit unverhüllter Aufregung und richtete seinen Blick direkt in die Kamera, »nun gibt es eine offizielle Bestätigung dafür – es handelt sich nicht um einen terroristischen Anschlag; uns ist, um die bisherigen Ereignisse zusammenzufassen, also bekannt, dass um sechs Uhr fünfundvierzig heute Morgen der Tunnel der Umgehungsstraße von den Gusch-Ezion-Siedlungen nach Jerusalem von vier Lastwagen blockiert wurde, und soweit wir wissen, befindet sich der Wagen der Ministerin für Arbeit und Wirtschaft …«
»Dreht die Lautstärke runter!«, brüllte Chefez. »Ich versteh nicht, warum Zohar nicht auf Sendung ist! Warum kann denen ihr Militärkorrespondent dort sein und unserer nicht?«
»Genau jetzt brauchst du keinen Militärkorrespondenten«, sagte Aviva giftig und zog das kleine Etui aus ihrer Handtasche, »hast du ihn nicht gehört? Das ist keine militärische Operation, das sind einfach Streikende, und die haben auch noch die eine da gekidnappt, die ehrwürdige Ministerin Ben-Zvi.«
»Ja«, murrte Chefez, »aber das haben wir vorher nicht gewusst, Zohar war auf dem Weg dorthin, jetzt versteh ich, wohin er vorhin gerannt ist, und er muss dort sein, genau wie ihr Militärberichterstatter, aber egal. Benisri, geh ins Studio runter, wir unterbrechen die Sendung – jetzt geh schon, nu!«
»Da, da ist er!«, rief Aviva und alle richteten ihre Augen nun auf den Bildschirm von Kanal Eins, wo Zohar sichtbar wurde, ein Mikrophon in der Hand, einen dicken, grauen Wollschal um den Hals gewickelt, und in die Kamera sprach, doch man hörte keine Stimme und unmittelbar danach verschwand auch das Bild, und an seine Stelle trat die Zeile »Verzeihung, Störung«.
»Nu, was sonst«, grinste Zipi an der Türschwelle der Auslandskorrespondenten, »warum sollte eine Sendung denn mal klappen? Ist irgendwas?«
»Sagt mir bloß, wie man so arbeiten kann und irgendeine Zuschauerquote haben soll?«, knurrte David Schalit.
»Was ich nicht verstehe«, krächzte Chefez in verzweifeltem Ton, ohne den Blick vom Monitor zu wenden, »warum passiert das immer in solchen Augenblicken, manchmal … ehrlich … manchmal denke ich, das ist Absicht.«
»Ich verstehe überhaupt nichts«, sagte Dani Benisri zu Chefez, »ich versteh nicht – was macht ein Militärkorrespondent dort? Hast du gehört – wenn das wirklich die entlassenen Fabrikarbeiter sind, muss doch ich dort sein, oder?«
»Du, mein Lieber«, bestimmte Chefez, »wo ist dein Jackett? Du gehst jetzt ins Studio runter, wir unterbrechen die Sendung, verstanden?«
»Ich«, protestierte Benisri, »ich habe nichts im Studio zu suchen, ich hab dir doch gesagt – ich muss jetzt …«
»Du tust, was man dir sagt«, befahl Chefez, »und dann noch –Niva, besorg mir den Dokumentarstreifen über die Arbeiter von ›Cholit‹, den einen, den Benisri in Rubins Programm gezeigt hat, vor etwa einem Jahr, oder so. Besorg ihn, dringend.«
Niva schlug auf die Tasten des hausinternen Telefonapparats. »Besetzt im Archiv«, sagte sie ruhig, und Zadik hätte schwören können, dass er aus ihrer Stimme einen leisen Ton der Genugtuung heraushörte, dessen Ursprung ihm nicht verständlich war. »Da kann Stunden besetzt sein«, versicherte sie, während sie unverwandt auf die Monitore starrte. Zohar wurde nun wieder sichtbar, mit dem Mikrophon in der Hand an der Tunnelöffnung, hinter ihm eine Rauchsäule, doch gleich darauf verschwand er und an seiner Stelle tauchte quer über dem Bildschirm
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