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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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ohne …«
    Gesang in einer seltsamen Sprache erfüllte den Raum, und die Töne stammten aus dem Munde von Sara-Gemula, die auf der Brüstung des Daches schritt, bekleidet mit einem weißen Gewand, leicht und lose, mit weiten Flügelärmeln, die Hände zur Seite ausgebreitet, das schwarze Haar glänzte, und ein runder Mond hing über ihr, und da brach die Einstellung ab, und über den Bildschirm tanzten für einen Augenblick Bruchstücke von etwas anderem. Und wieder erschien ein Bild, diesmal mit einem bärtigen Mann, hoch gewachsen und sehr dunkel, in einem schweren, silbernen Gewand, das vorn einen Brustschild wie den eines antiken Hohepriesters aufwies, und er trug etwas auf seinen Armen – es dauerte einige Sekunden, bis Michael erkannte, dass es ein bluttriefendes, geschlachtetes Zicklein war. Gemula, in ihrem weißen Kleid, mit gesenktem Kopf, und ein Mann im hellen Anzug und mit Hut standen nebeneinander vor dem Bärtigen. »Wer ist das?«, flüsterte Michael und deutete auf den Mann, der seine Hände in das Blut des geschächteten Zickleins tauchte. »Das ist Dr. Gamsu«, gab Sara ihm flüsternd zurück, während der Mann mit dem Hut mit seinem Finger ein blutiges Zeichen auf Gemulas Stirn malte. »Das ist vor ihrer Hochzeitszeremonie. Es ist nicht aus der Geschichte, das ist ein Bild, das … Benni hat es eingefügt. Aber Sie dürfen nicht … noch niemand darf …« Hohe Flötentöne und dumpfes Gemurmel aus dem Munde des bärtigen Mannes unterlegten die Szene.
    Sie merkten nicht, dass Benni, auf bloßen Füßen, den Gang durchquert hatte und in die Diele gekommen war. Michael gewahrte ihn erst, als er schon dicht neben ihm stand. Ohne ein Wort zu sagen, drückte Benni auf den Knopf und stoppte die Kassette. Plötzlich erfüllten laute Orchesterklänge den Raum, und ein Kreis Kinder, die um einen Chanukkaleuchter herum saßen, brüllte die Antwort auf eine Frage, die der Moderator, Adir Barkat, gestellt hatte, den Michael dank seines Sohnes kannte. Als Zehnjähriger, vor vierzehn Jahren, war Juval auf diese Sendungen von Adir Barkat ganz versessen gewesen und hatte seinen Vater angefleht, ihn an einer Sendung teilnehmen zu lassen oder wenigstens im Studiopublikum sein zu dürfen, hatte die Preise und die Überraschungen ins Feld geführt und zu einer List gegriffen, die er, obwohl sie fast immer fehlschlug, jedes Mal wieder versuchte, indem er behauptete, dass man es allen anderen erlaubte. Aber Michael, der normalerweise die Träume seines Jungen nur zu gern verwirklichte, weigerte sich stur und gab nicht einmal vor, dass es hier irgendeine technische Schwierigkeit gäbe, sondern erklärte seinem einzigen Sohn, den er in jenen Jahren nur zweimal in der Woche und jedes zweite Wochenende zu Gesicht bekam, immer wieder, was genau er an dieser Sendung hasste: Einige wenige Kinder erhielten Preise und Geschenke, nachdem sie sich zur Zufriedenheit des Moderators und unter dem Jubelgeschrei der Kinder im Studio zum Gespött gemacht und ihre verborgenen Schwächen, ihre Unwissenheit oder übermäßige Naivität vor aller Welt entblößt hatten. Jetzt betrachtete er Adir Barkat, der dem Anzünden der ersten Chanukkakerze einen abgeschmackten Witz vorausschickte, einen Moment lang, und er nahm wahr, wie aufgedunsen sein Gesicht mit den Jahren geworden war, dass seine Augen in Fleischfalten versanken, wenngleich seine Erscheinung seinem Erfolg offenbar keinen Abbruch tat; inzwischen war er auch der Superstar der zentralen Unterhaltungssendung für Erwachsene am Freitagabend geworden, bei der es in der Hauptsache um die Aufdeckung intimer Beziehungen zwischen Paaren ging – nach dem Muster eines populären amerikanischen Programms.
    »Meine Dreharbeiten brechen sie ab«, sagte Benni Mejuchas mehr staunend als bitter, »fünfzigtausend fehlen mir, und sie brechen die Vervollständigungen ab. Und wie viel kostet ein solches Programm von Barkat? Eine Live-Sendung mit fünf Kameras in dem großen Studio im Zwirnbau, mit dem ganzen Theater, das sie mit den Kindern vorher machen, und mit der Erfüllung des Herzenswunschs, was das kostet, und wie abstoßend das ist«, kommentierte er mit Verachtung, »aber das ist es, was die Masse will, so ist das auf der ganzen Welt, und ohne die Sonderbezuschussung der Gesellschaft zur Förderung der orientalisch-jüdischen Kultur … hätte man mich überhaupt nicht erst anfangen lassen mit …« Er verstummte mit einer wegwerfenden Armbewegung.
    »Was ich hier gesehen habe, war sehr

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