Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
wüsste?«
»Sie würde denken, dass wir … sie würde denken, dass ich …« Sie breitete die Arme aus.
»Dass was, dass Sie was?«
»Dass ich, Sie wissen schon, als ob, als ob ich mit ihm zusammen gewesen wäre«, sagte sie und wandte den Blick zur Seite.
»Während in Wahrheit?«
»Nichts, das heißt, doch, ich … er … er hat so geweint und gebeten, dass … und sie, Hagar, war nicht da … also hab ich … nicht dass … ich habe mich nur neben ihn gelegt, er hat mich umarmt und geweint und geredet, und ich – was konnte ich … ich habe ihn reden lassen.«
»Und was hat er Ihnen gesagt?«
»Um ehrlich zu sein – das meiste habe ich nicht verstanden«, bekannte sie, »aber er sagte, dass sie ihn nicht mehr gewollt hätte, dass sie … Tirza … schon vorher gegangen ist … ihn verlassen hat … aber ich verstehe nicht, warum, er sagte, ›sie hat mir nicht verzeihen können‹. Aber ich weiß nicht, was sie ihm nicht verzeihen konnte.«
Rubin und Hagar traten aus dem Schlafzimmer. »Wir gehen zu Zadik«, sagte Hagar, »wollen Sie noch lange hier bleiben?«
»Nein, nicht mehr lange«, versicherte Michael. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie lange er bleiben würde.
»Aber du bleibst da«, befahl Hagar, und Sara nickte heftig. »Sicher, klar, so lange wie nötig«, versprach sie.
Als sich die Tür geschlossen hatte, blickte sie ihn furchtsam an. »Sie werden ihr nichts sagen?«, bat sie.
»Warum haben Sie Angst vor ihr?«, fragte Michael. »Denken Sie, sie ist eifersüchtig? Dass sie böse auf Sie wird?«
»Ja sicher«, erwiderte das Mädchen und sah ihn an, als sei er schwer von Begriff, »alle wissen es. Sie … er … immer, schon von Anfang an, man hat es mir erzählt.«
»Und Tirza?«
»Was, Tirza? Sie hatten nie was miteinander, Benni und Hagar, sie haben nicht … nicht miteinander geschlafen oder so was, man sagt bloß, dass sie immer wollte. Tirza hat nicht … ich weiß nicht.«
»Wie ist es, mit ihm zu arbeiten?«, fragte Michael.
Saras Gesicht leuchtete auf. »Er ist ein großartiger Mann … alle sagen das … er ist ein wunderbarer Regisseur, bringt einem alles bei, verlangt bloß sehr viel, die ganze Zeit.«
»Wer hat dieses Modell von dem Haus gemacht, Tirza?«
»Ja, das ist die Maquette von dem Haus«, bestätigte sie und schloss kurz ihre vollen, roten Lippen, was ihrem Gesicht tieferen Ernst verlieh. »Das Ganze passiert dort. Kennen Sie ›Ido und Einam‹?«
Michael murmelte etwas Unbestimmtes.
»Ich spiele die Rolle der Gemula«, fuhr sie fort, und in ihren Augen glänzte offener Stolz, »deswegen musste ich die Geschichte genau verstehen lernen. ›Ido und Einam‹ ist eine Geschichte über die jüdisch-hebräischen, antiken Wurzeln«, trug sie vor. »Benni sagt, es handle von dem fehlenden Glied in der Geschichte des alten Hebräischen und von dem Versuch der aschkenasischen Intellektuellen, die … die orientalischen Juden sozusagen auszumerzen … das fehlende Glied in der antiken hebräischen Geschichte auszulöschen. Er hat mit uns vor den Dreharbeiten darüber geredet … ich habe es nicht genau verstanden, aber Hagar sagt, dass es eine Geschichte über eine Frau und zwei Männer ist, die um sie kämpfen, und am Schluss sterben alle an diesem Krieg.«
»Alle?«
»Nein, das heißt, Gemula ist tot und Ginat ist tot, und Gamsu begräbt sie, aber es ist wie … seelisch gesehen … gefühlsmäßig ist er danach auch gestorben.«
»Also kann man sagen, dass es Ihnen gefallen hat, bei diesem Film mitzuwirken?«
»Es ist eine echte Erfahrung.« Sie strich sich ihr langes, schimmerndes Haar hinters Ohr. »Ein großes Privileg«, sagte sie und blickte ihn mit großen schwarzen Augen strahlend an, »er hat mich unter allen ausgewählt … unter ganz vielen … bei der Audition waren eine Menge Mädchen, auch Sängerinnen … ich wünschte, es wäre noch nicht zu Ende, Sie haben keine Ahnung, wie schön das ist …«
Michael warf einen schnellen Blick auf die Kassette, die im Schlitz des Videogeräts steckte, und schoss einen Versuchsballon ab. »Wie ich sehe, gibt es auch schon eine Kassette«, sagte er und beugte sich, während er sprach, hinunter und drückte auf den Knopf.
»Nein, nicht!«, rief das Mädchen erschüttert. »Rühren Sie das nicht an, Sie dürfen nicht … das ist nur eine Arbeitskopie, um unsere Fehler zu korrigieren, ich kann nicht … das ist unredigiert und nicht … Benni wird schrecklich böse, wenn jemand Außenstehendes das sieht,
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